
3. November 2024, 15:55 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Manche Katzen haben die Angewohnheit, ihr Futter aus dem Napf zu angeln, um es dann an einen anderen Ort zu tragen und dort zu verspeisen. Das kommt Ihnen bekannt vor? Was hinter diesem Verhalten steckt, erklärt Diplom-Biologin Birgit Rödder im PETBOOK-Interview.
Katzen sind wählerische Tiere. Nirgends kommt dies so sehr zum Vorschein wie bei ihren Fress-Ritualen. Hier spielt nicht nur eine Rolle, was im Napf landet, sondern auch das „Wie“ und das „Wo“. Nicht selten kommt es nämlich vor, dass die Vierbeiner ihr Futter nicht gleich an Ort und Stelle verzehren, sondern vor der Mahlzeit in irgendeine Ecke verschleppen. Doch warum ist das so? Kann und sollte man etwas dagegen tun?
Übersicht
- Katzen-Verhalten: Wegtragen von Futter als Selbstschutz
- Warum schleppen Katzen Futter auf den Teppich?
- Gefällt meiner Katze ihr Futterplatz nicht?
- Warum trägt die Katze ihr Futter selbst dann weg, wenn sie allein ist?
- Sollte man das Wegtragen von Futter verhindern?
- Probleme im Mehrkatzenhaushalt
- Wie fühlt sich eine Katze an ihrem Futterplatz wohl?
- Quellen
Katzen-Verhalten: Wegtragen von Futter als Selbstschutz
Das Verhalten unserer heutigen Hauskatzen geht auf deren Vorfahren zurück: Ihre wilden Artgenossen lebten und jagten in freier Wildbahn. Dort waren sie größeren Raubtieren oft unterlegen. Als Folge erlernten die frei lebenden Katzen daher spezifisches Verhalten, das sie vor Angreifern schützte. Dazu gehörte auch das Verschleppen von Beute zu einem sicheren Platz, der sowohl die Katzen als auch deren Futter vor potenziellen Räubern abschirmte. 1
Bei unseren Hauskatzen können wir dieses Verhalten auch heute noch beobachten. Zwar müssen unsere Vierbeiner ihr Futter nicht mehr selbst erlegen – weggetragen wird es dennoch. Und zwar an einen Ort in der Wohnung, an dem sich die Tiere wohlfühlen. Diplom-Biologin und Verhaltensberaterin Birgit Rödder erklärt dies im PETBOOK-Gespräch so: „Katzen fressen gern in einer Art Wohlfühlzone. Sie sind im wahrsten Sinne Genießer. Trägt nun eine Katze ihr Futter an einen anderen Ort, scheint der Platz, an dem ihr Napf aufgestellt ist, keine wirkliche Wohlfühloase für das Tier zu sein.“
Warum schleppen Katzen Futter auf den Teppich?
Nicht nur die richtige Ecke, auch der Untergrund, auf dem getafelt wird, ist Katzen wichtig. Besonders Teppiche mit ihren weichen, leicht angerauten Untergründen sind bei ihnen beliebt. Diese vereinen häufig viele verschiedene Gerüche und sind auch als Sitzfläche gemütlicher als der blanke Boden. Einige Katzen bearbeiten den Teppich zudem mit Pfotenballen und Krallen und verteilen so ihre Pheromone darauf.
Schmeckt ihnen deshalb automatisch auch das Futter vom Teppich besser? Birgit Rödder erklärt dies so: „Die Katze fühlt sich auf dem Teppich wohl. Durch demonstratives Kratzen und Imponierverhalten setzt sie sich hier in Szene. Sie markiert in der Regel einen Platz von etwa einem Meter Durchmesser.“ Damit deklariert sie diese Stelle als ihr Revier. Das bedeutet übersetzt: Diese Stelle ist sicher. Hier kann ich in Ruhe fressen, mich gar niederlassen. Aus Sicht einer Katze ergibt es also Sinn, wenn sie ihr Futter vom Napf weg auf den Teppich trägt.
Gefällt meiner Katze ihr Futterplatz nicht?
Ein nicht optimal gestalteter Fressplatz kann ebenfalls Ursache dafür sein, dass die Katze ihr Futter regelmäßig wegträgt. Gerade belebte, laute Orte sind für die Tiere oftmals eine Zumutung. „Auch Bewegungen, die aus dem Augenwinkel wahrgenommen werden, können die Katzen unruhig werden lassen“, erklärt die Diplom-Biologin. „Auch laute Geräusche sind für manche Katze Grund, sich einen anderen Fressplatz zu suchen.“ Dies ist etwa der Fall, wenn die Fütterungszeit gleichzeitig mit den Mahlzeiten der Menschen stattfindet.
Manchmal ist die Küche auch einfach kein geeigneter Ort zum Füttern. Sie wird häufig geputzt – eigentlich prima für die reinlichen Katzen. „Nicht immer“, weiß jedoch Birgit Rödder. „Stechende Gerüche wie etwa von Reinigungsmitteln oder aber nahe stehenden Abfalleimern können die Katze beim Essen stören.“
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Warum trägt die Katze ihr Futter selbst dann weg, wenn sie allein ist?
Und wie sieht es aus, wenn das Tier allein im Raum ist und keine weiteren Beeinträchtigungen wie Lautstärke oder Geruch sie ablenken? Warum verschleppt sie selbst dann ihr Futter? Die Expertin erklärt dieses Phänomen so: „Wenn die Katze ihr Futter zu einem sicheren Ort bringt, auch ohne, dass es immer laut und unruhig ist, tut sie dies aus Erfahrung. Der Lerneffekt ist verinnerlicht und zur Gewohnheit geworden.“ Die Katze hat für sich also einen besseren Ort zum Fressen ausgemacht und zeigt dies, auch wenn sie gerade nichts stört.
Sollte man das Wegtragen von Futter verhindern?
Fressen an einen anderen Ort zu tragen, ist kein Fehlverhalten der Katze, sondern entspricht ihrer Natur. Auf keinen Fall sollte man also mit dem Tier schimpfen oder es bestrafen, weil es den sauberen Küchenboden schmutzig macht. Katzen verstehen nicht, wenn Menschen sich durch ihr Verhalten gestört fühlen. Im Gegenteil, sie werden durch eine erhobene Stimme nur verunsichert und fühlen sich noch unwohler.
Entfernt man den Teppich, auf den das Tier gewöhnlich sein Essen legt, nimmt man der Katze die Sicherheit. „Man sollte eher die Wohnung katzengerechter einrichten, damit das Tier mehr Plätze hat, an denen sie sich wohlfühlt“, ermuntert Rödder Katzenhalter.
Probleme im Mehrkatzenhaushalt

Sogenannter Jagdstress ist normal für eine Katze, da sie in der Natur immer mit anderen Katzen um Futter konkurriert. Doch wenn sie frisst, will sie am liebsten in Ruhe gelassen werden. In einem Haushalt mit mehreren Katzen können Tierhalter ihren Lieblingen diese Möglichkeit bieten – denn ganz ehrlich: Stress lässt sich hier ziemlich einfach vermeiden.
Wenn eine Katze also in einem Mehrkatzenhaushalt immer wieder ihr Futter von der anderen wegträgt, ist es meist nicht die richtige Lösung, beide direkt nebeneinander zu füttern. Besser, man füttert die Tiere in an unterschiedlichen Stellen oder sogar bei geschlossener Tür in einem anderen Raum.

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Wie fühlt sich eine Katze an ihrem Futterplatz wohl?
„Ideal wäre ein Kompromiss, mit dem Katze und Mensch leben können“, sagt Birgit Rödder. Zuerst kann man versuchen, den Napf dort zu platzieren, wo das Tier sein Futter ablegt. „Man sollte die Bedingungen verändern und auf die Veränderung im Verhalten des Tieres reagieren.“ Anschließend kann man in dem Bereich, den die Katze regelmäßig markiert oder wo sie sich gern aufhält, einen Platz für die Futterstelle finden.
Katzen hinterlassen ihre Duftmarken gewöhnlich, indem sie sich an etwas reiben oder indem sie ihre Krallen an etwas schärfen. Diese Plätze suchen sie mit Vorliebe immer wieder auf. Es ist wichtig, die Bedürfnisse des Tieres zu erkennen, die es durch das Wegtragen des Futters sehr deutlich macht. Obwohl Katzen meist keine Veränderungen mögen, wird der Wechsel des Futterplatzes sie nicht stören, wenn sie das Essen bereits gewohnheitsmäßig an einen für sie besseren Platz bringen.2
Generell sollte der Napf der Katze nicht an einem Ort stehen, wo viel Durchgangsverkehr herrscht. Das Tier sollte ungestört fressen können. Viele Katzen bevorzugen einen halbdunklen oder dunklen Futterplatz, da sie dämmerungsaktive Tiere sind. Das heißt, sie jagen gern, wenn es dunkel wird, da auch ihre kleinen Beutetiere meist in der Dämmerung wach werden. Artgerecht fressen sie daher eher im Dunkeln als im Hellen. Ein Platz in direkter Nähe eines Fensters könnte bereits ursächlich für die Angewohnheit sein, dass sie sich einen geschützten, dunklen Platz suchen.

Meine Erfahrungen mit Katze Sweety
„Meine Katze Sweety trägt mit Vorliebe ihr Futter weg oder schüttelt einzelne Brocken tot, als wären sie Beute. Das führt dazu, dass Wände und Boden rund um den Futternapf aussehen, als wäre eine Dose Katzenfutter explodiert. Per Zufall habe ich herausgefunden, dass Sweety das Verhalten nur zeigt, wenn sich größere Futterbrocken im Napf befinden. Denn seit der Katze gesundheitsbedingt ein Großteil der Zähne gezogen werden mussten, zerkleinere ich das Futter immer gründlich. Das hat das Verhalten fast komplett gestoppt.“