19. April 2024, 15:48 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Früher war es üblich, Katzen am Nacken zu packen und hochzunehmen. Auch heute nehmen manche Besitzer ihre Tiere noch mit diesem Griff hoch oder schütteln die Katze gar am Nacken, um sie zu bestrafen. PETBOOK erklärt, warum das laut Experten keine gute Idee ist.
Die Katze am Nacken zu packen ist für manche Menschen die einzige Methode, ihr Tier in den Transportkorb und damit zum Tierarzt zu bekommen. Manche schütteln ihre Katze auch am Genick, um sie zu bestrafen. Für die Tiere ist die Prozedur alles andere als angenehm. Auch wenn es immer wieder heißt, Katzen hätten – wenn richtig angewendet – keine Schmerzen dabei. Heute sind sich Tierärzte und Experten einig: Eine Katze am Nacken zu packen, sollte nur in speziellen Ausnahmefällen geschehen. Für Katzenbesitzer ist es dagegen absolut tabu – und das hat mehrere Gründe.
Woher kommt die Methode, Katzen am Nacken zu tragen?
Katzen haben im Nacken eine Art Hautfalte. Die Haut sitzt hier besonders locker. Mutterkatzen können ihre Kitten daher am Nacken tragen, ohne sie zu verletzen. Die Kleinen verfallen dann in eine Art Starre und lassen sich gut von einem Ort zum anderen transportieren.
In der Natur ergibt das Sinn, denn Katzen wechseln in der Regel das „Nest“. Etwa, wenn sie sich gestört fühlen. Im erwachsenen Alter kommt der Nackenbiss während der Paarung zum Einsatz. Dafür beißt der Kater der Kätzin in den Nacken, um sie zu fixieren.
Tierärzte setzen Nackengriff ein
Auch unter Tierärzten war der Nackengriff lange Zeit üblich, um Katzen während der Untersuchung zu fixieren – vor allem bei wehrhaften Exemplaren. Heute distanzieren sich aber viele Tiermediziner von solchem Umgang mit ihren Patienten und nutzen schonendere Methoden, um Katzen eine möglichst stressfreie Untersuchung zu ermöglichen.
Auch die wohltätige Organisation „International Cat Care“, die sich für das Wohlergehen und die Gesundheit von Hauskatzen weltweit einsetzt, spricht sich gegen diese Methode aus. Das Tragen oder Greifen von Katzen am Nacken löse Stress bei den Tieren aus. Auch wenn es das Risiko, gebissen zu werden, reduziere, könnten solche Methoden Katzen einschüchtern und verängstigen oder die Tiere gar in Panik versetzen, heißt es. 1
Katzen werden verunsichert und verlieren das Vertrauen
Meist haben Katzenbesitzer, die den Nackengriff anwenden, keine bösen Intentionen. Sie nutzen die Methode vor allem, um die Katze erfolgreich zu immobilisieren. Für die Katze ist sie aber sehr einschüchternd. Stellen Sie sich vor, jemand würde Sie plötzlich greifen, Ihnen den Arm auf den Rücken drehen und Sie zu Boden pressen. Sie wären erfolgreich immobilisiert, aber wahrscheinlich auch hochgradig verstört. Wozu plötzlich diese Härte? So geht es auch unseren Katzen.
Die Katze am Nacken zu packen, kann auch zu einem Vertrauensverlust führen. Für die Katze sind wir Menschen Sozialpartner. Stellen Sie sich vor, Ihr Partner würde Sie aus dem Nichts plötzlich am Ohr packen – so wie man das früher mit ungezogenen Kindern gemacht hat. Vor allem, wenn dieser grobe Umgang aus dem Nichts kommt – womöglich, um die Katze zu überraschen und schnell in die Transportbox zu verfrachten – führt dies dazu, dass die Katze das Vertrauen in uns Menschen verliert oder Angst vor uns bekommt.
Am Nacken packen kann Katzen Schmerzen bereiten oder aggressiv machen
Die lose Haut um den Nackenbereich ist bei Katzen ein sensibler Bereich. Viele Tiere lieben es, dort durchgeknetet zu werden, aber es ist auch eine Körperstelle, an der sie sehr verletzlich sind. Im Nackenbereich laufen viele Nerven zusammen, die nah am Rückenmark liegen. Greift man die Tiere am Nacken und hebt sie sogar daran hoch, kann dies Katzen Schmerzen bereiten und im schlimmsten Fall sogar verletzen.
Vor allem aggressive oder wehrhaft Katzen sollen mit dem Griff am Nacken fixiert werden. Das kann allerdings nach hinten losgehen. Denn oft führt dieses grobe Handling dazu, dass die Situation eskaliert und die Tiere nur noch aggressiver werden. Zum einen, weil es ihnen Angst und Stress bereitet, zum anderen, weil Katzen der Griff im Nacken auch wehtun kann.
Katzen am Nacken schütteln bringt keinen Erfolg
Selbst wenn das Packen der Katze am Nacken als Strafe gedacht ist, bringt dies keinen Erfolg. Denn oft verbindet die Katze die „Bestrafung“ nicht mit dem eigentlichen Grund. Alles, was das Verhalten bewirkt, ist, dass die Katze Angst vor ihren Menschen bekommt. Dies führt wiederum zu Unsicherheit und manchmal auch Aggression.
Auch in den Nacken zu beißen ist nicht in Ordnung
Schließlich gibt es seit einiger Zeit noch den Trend, Katzen in den Nacken zu beißen, damit die Tiere beim Krallenschneiden stillhalten. In den sozialen Medien finden sich einige Videos dazu, in denen die Besitzer mit der ungewöhnlichen Methode erstaunliche Erfolge zu erzielen scheinen: die Katzen halten alle plötzlich still.
Dies kann aber auch eine Angst-Reaktion sein. Denn viele Katzen reagieren auf großen Stress, indem sie „einfrieren“ – sich also kaum mehr bewegen. Dies passiert auch häufig beim Tierarzt. Dort verfallen viele Katzen in eine Art Angststarre und lassen alles über sich ergehen. Auf Außenstehende mag das Tier geduldig und ruhig wirken – für die Katze ist dies aber purer Stress. Daher sollte man das Krallenschneiden entweder Profis überlassen oder seine Katze mit positiver Verstärkung wie Lob oder Leckerli Schritt für Schritt daran gewöhnen. Weitere Informationen dazu erfahren Sie in diesem Artikel: Sollte man seiner Katze die Krallen schneiden?
So halten und tragen Sie Ihre Katze richtig
Zum Hochnehmen und Tragen sollte man seine Katze niemals am Nacken packen. Erstens sind wir keine Mutterkatzen und zweitens handelt es sich um ausgewachsene Tiere und keine Kitten. Möchten Sie Ihre Katze hochnehmen, schieben Sie eine Hand unter die Brust, heben diese leicht an und stützen mit der anderen dann das Hinterteil. So fühlen sich die meisten Tiere sicher.
Auch, um die Katze in die Transportbox zu bekommen, ist der Nackengriff nicht notwendig. Mit regelmäßigem Training und ein paar Tipps, klappt das ganz ohne Stress für das Tier. Mehr dazu lesen Sie in diesem PETBOOK-Artikel: 7 Tipps, um Katzen an die Transportbox zu gewöhnen.
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Katze mit alternativen Methoden fixieren
Wer den Griff im Nacken nutzt, um die Katze zu fixieren, sollte auf schonendere Methoden umsteigen. Zur Gabe von Augentropfen oder Tabletten, kann man sich auch hinknien und die Katze zwischen seine Beine setzen, damit die Tiere nicht nach hinten weg flüchten können. Eine andere Methode ist, die Katze in ein Handtuch zu wickeln.
Aber Vorsicht: Auch das kann für viele Tiere extremen Stress bedeuten und sollte vorher gut geübt werden. Am besten lässt man sich die Methoden vorher von seinem Tierarzt zeigen.2, 3