
17. März 2025, 15:48 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Katzen gelten als äußerst reinlich. Das kommt wahrscheinlich daher, dass die Tiere bemerkenswert viel Zeit mit Putzen verbringen – zumindest im Vergleich zu anderen Haustieren. Aber warum widmen Katzen bis zu fünf Stunden am Tag ihrer Körperpflege? Der Grund ist nicht nur Reinlichkeit, wie PETBOOK-Redakteurin und Katzenexpertin Saskia Schneider erklärt.
Stellen Sie sich vor, sie könnten nicht einfach unter die Dusche hüpfen, sondern müssten sich jeden Tag mit einem kleinen Lappen jede Körperregion einzeln waschen. Klingt zeitaufwendig? Ist es auch. Tatsächlich ist dies aber nicht der Grund, warum Katzen so viel Zeit damit verbringen, sich zu putzen. Denn dabei geht es um viel mehr als Reinlichkeit.
Katzen verbringen die Hälfte ihrer Wachzeit mit Putzen
Katzen verbringen bis zu 50 Prozent ihrer Zeit im Wachzustand mit Putzen. Dafür verwenden sie fast ausschließlich ihre Zunge. Diese ist in ihrem Aufbau und ihrer Funktion im Tierreich einzigartig. In der Zungenmitte befinden sich viele kleine, nach hinten gebogene Hornzähnen – die sogenannten Fadenpapillen. Sie fungieren beim Putzen wie ein Kamm und entfernen Schmutz, lose Haare und Knötchen aus dem Fell.1 In einer Studie von 2018 fanden Forscher zudem heraus, dass manche der Papillen hohl sind und so den Speichel der Katzen beim Putzen direkt bis an die Haut transportieren, wo er wichtige Funktionen erfüllt, wie Sie im Folgenden erfahren.
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Katzen reinigen beim Putzen auch Wunden
Katzen können mit ihrer Zunge nicht nur ihr Fell, sondern auch Wunden reinigen. Zum einen werden Schmutzkörper entfernt und zum anderen besitzt Katzenspeichel antiseptische Eigenschaften. Das kann den Heilungsprozess beschleunigen, verhindert jedoch nicht unbedingt, dass sich eine Wunde entzündet. Zudem können Katzen durch exzessives Belecken der Wunde auch die Heilung stören. Daher sollte man mit seinem Tier immer zum Tierarzt, wenn es verletzt ist.
Kühleffekt bei Hitze
Katzen putzen sich auch, wenn ihnen zu warm ist. Denn dank der speziellen Zungenpapillen gelangt der Speichel nicht nur ins Fell, sondern direkt bis auf die Haut. Dort sorgt seine Verdunstung für Abkühlung.2
Putzen fühlt sich gut an
Die Katzenzunge ist sehr muskulös und reinigt nicht nur das Fell, sondern sorgt auch für eine kräftige Massage. Mütter massieren ihre Kitten etwa mit der Zunge Bauch und Analregion, um Verdauung und Kotabsatz anzuregen. Zudem wird beim Putzen die Durchblutung angeregt. Katzen genießen auch im Erwachsenenalter diese Massage. Das Putzen dient also auch dem Wohlbefinden.
Lecken beruhigt
Ist eine Katze nervös, kann das Putzen sie beruhigen. Zum einen durch den eben beschriebenen Effekt der Massage, zum anderen aber auch durch das Lecken selbst. Dies allein kann schon für die Ausschüttung bestimmter Glückshormone sorgen. Das ist auch der Grund, warum Katzen bei hohem Stress eine Art „Lecksucht“ entwickeln können und sich regelrecht kahl putzen. Dazu später mehr.
Katzen putzen sich, um Gerüche loszuwerden
Beim Putzen werden nicht nur Schmutz, sondern auch Gerüche entfernt. Bestimmte Inhaltsstoffe im Speichel sollen sogar dafür sorgen, dass das Fell eine Zeit lang geruchsfrei bleibt – und das hat einen Grund. Während Hunde sich mit Vorliebe in starken Gerüchen wie Aas wälzen, bevorzugen Katzen möglichst, geruchslos zu sein. Denn sie haben einige Fressfeinde, die ihre Beute hauptsächlich anhand des Geruchs ausmachen. 3
Putzen pflegt Fell und Haut
Das Putzen sorgt nicht nur für Sauberkeit, sondern pflegt auch Fell und Haut. Die kleinen Papillen auf der Zunge kämmen nicht nur durchs Haar, sie stimulieren die Haut und die darunterliegenden Hautdrüsen. Diese produzieren ein pflegendes Sebum, das beim Putzen gleichmäßig über Haut und Haare verteilt wird.
Katzen nehmen beim Putzen Vitamin D auf
Im Gegensatz zu uns Menschen und vielen anderen Säugetieren können Katzen Vitamin D nicht unter der Haut bilden. Sie müssen es über die Nahrung aufnehmen. Allerdings bildet sich Vitamin D bei Sonneneinstrahlung auch auf dem Fell der Tiere. Dieses können sie über das Putzen aufnehmen und so einen Teil des Bedarfs decken.4
Putzen als Übersprungshandlung
Vielleicht haben Sie Folgendes schon mal beobachtet: Ihre Katze versucht sich an einem Sprung, verschätzt sich und fällt unsanft vom Kratzbaum. Meist beginnen sich die Tiere danach kurz und hektisch zu putzen. Manche Katzen zeigen das Verhalten auch während einer Auseinandersetzung mit Artgenossen – größtenteils, um die Situation zu entschärfen.
Bei diesem Putzen handelt es sich um eine sogenannte Übersprungshandlung. Sie tritt in stressigen Situationen auf, um den Druck abzubauen. Ähnlich wie wenn wir uns am Kopf kratzen oder die Hände kneten, wenn wir beispielsweise einen Vortrag vor vielen Menschen halten müssen.

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Wenn Putzen krankhaft wird
Putzt sich die Katze hektisch und so exzessiv, dass im Fell kahle Stellen oder sogar Wunden entstehen, spricht man von einem krankhaften Verhalten. Eine häufige Ursache hierfür ist Stress. Wir erinnern uns: Lecken beruhigt und setzt Glückshormone frei. Ist dies für Katzen die einzige Möglichkeit, andauerndem Stress zu entgehen, kann das Lecken zur Sucht werden. Aber auch Langeweile, Schmerzen, Allergien und Infektionen können zu übermäßigem Putzen führen. Wer den Verdacht hegt, dass die eigene Katze sich zu viel oder sogar kahl putzt, sollte seinen Tierarzt um Rat fragen. 5, 6
Zur Autorin: Dr. Saskia Schneider ist promovierte Biologin. In ihrem Studium an der Freien Universität Berlin widmete sie sich vor allem der Zoologie und dem Verhalten von Tieren. Neben der Ausbildung zur Redakteurin absolvierte sie eine Ausbildung zur Verhaltensberaterin mit Schwerpunkt Katze.