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Faktencheck

Nur Personal und Dosenöffner? Wie uns unsere Katzen wirklich sehen

Mensch stellt Futternapf vor Katze ab
Viele behaupten, wir Menschen seien für Katzen nur Dienstpersonal. Dabei zeichnen Studien mittlerweile ein ganz anderes Bild ... Foto: Getty Images
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

4. August 2024, 17:34 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Hunde haben Herrchen, Katzen haben Personal. Dieser Spruch sorgt bei Tierbesitzern immer wieder für Schmunzeln. Aber sehen uns die Tiere wirklich nur als „Dosenöffner“? Oder halten sie uns einfach für „große, etwas minderbemittelte Katzen“, wie oft behauptet wird? PETBOOK-Redakteurin und Expertin für Katzenverhalten Saskia Schneider ist dieser Frage auf die Spur gegangen.

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Während Hunde sich vor Freude fast überschlagen, wenn wir ihnen den Futternapf hinstellen, würdigen uns Katzen nur mit einem angewiderten Blick. Schon wieder dasselbe Futter? Dieses und viele andere Verhaltensweisen, die wir Menschen gern fehlinterpretieren, brachten Katzen das Bild des undankbaren Haustieres ein. Der Mensch ist nur Bediensteter, Dosenöffner und Personal für die Katze. Aber stimmt das wirklich?

Als Haustiere leben Katzen mittlerweile eng mit uns Menschen zusammen. Wir kuscheln, spielen und schlafen sogar gemeinsam. Die meisten haben eine enge Bindung zu ihrem Haustier und betrachten es als Familienmitglied. Aber wie sieht uns die Katze? Empfindet sie uns als Artgenosse, der einfach etwas größer ist und anders aussieht? Oder sucht sie nur unsere Nähe, um Streicheleinheiten und Futter abzugreifen? Verhaltensbiologen haben in den letzten Jahrzehnten versucht, diese Frage zu beantworten – und verschiedene Thesen aufgestellt.

Woher kommt das Vorurteil, Menschen seien für Katzen nur Personal?

Die Annahme, Katzen sehen ihre Menschen als Personal und würden sich nicht groß um sie scheren, kommt wahrscheinlich davon, dass viele enttäuscht sind, wenn sich ihr Tier nicht wie ein Mensch oder ein Hund verhält. Menschen zeigen sich ihre Zuneigung, indem sie sich küssen und umarmen. Katzen sind jedoch viel subtiler. Sie geben Köpfchen, reiben sich kurz an uns und gehen dann wieder.

Auch glaubte man lange, Katzen seien Einzelgänger. Schaut man sich die Lebensweise der wilden Vorfahren an, ist das richtig. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, wie Katzenpsychologin und Dozentin an der Oregon State University Kristyn Vitale in einem Podcast der „American Psychological Association“ verrät.

„Wir haben ein paar verschiedene Studien, die zeigen, dass diese ganze Vorstellung, dass Katzen distanziert und unnahbar sind, nur ein Mythos ist“, so Vitale. „Eine dieser Studien befasste sich im Wesentlichen mit der Geselligkeit von Katzen, und wir führten im Grunde das gleiche Experiment durch, das bereits mit Hunden durchgeführt wurde. Dabei untersuchten wir, wie eine Katze auf eine Person reagiert, wie lange sie in ihrer Nähe verbringen wird, und wir sahen, dass Katzen im Grunde genauso viele Male mit Menschen verbrachten wie Hunde dies tun.“

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Sind wir für Katzen riesige Artgenossen?

Mindestens genauso häufig wie das Gerücht, wir seien für Katzen nur Personal, findet sich mittlerweile die Behauptung, die Tiere würden in uns „große, etwas andersartige“ Artgenossen sehen. Dieses Bild wurde maßgeblich von John Bradshaw, einem Experten für Katzenverhalten an der University of Bristol geprägt. Er brachte 2014 das Buch „Cat Sense“ heraus, in dem er die These aufstellte, dass Katzen uns als Artgenossen betrachten.

Begründen tat er dies mit der Tatsache, dass die Tiere uns ihre Zuneigung zeigen, indem sie sich an uns reiben, Milchtritt machen oder uns „Köpfchen geben“. All das seien Verhaltensweisen, die Katzen auch gegenüber Artgenossen zeigen.

„Sie wissen natürlich, dass wir größer sind als sie, aber sie scheinen ihr Sozialverhalten nicht viel angepasst zu haben“, erklärt Bradshaw in einem Interview mit „National Geographic“. „Ihren Schwanz in die Luft zu strecken, unsere Beine zu reiben, neben uns zu sitzen und uns zu pflegen, ist genau das, was Katzen miteinander machen.“

Denken Katzen, wir seien dumm?

Oft wird behauptet, Katzen denken, Menschen seien „dümmere Katzen“, da wir nicht erfolgreich jagen können oder die Körpersprache der Tiere oft nicht verstehen. Dieser These widerspricht Bradshaw jedoch: „Ich glaube nicht, dass sie uns für dumm und einfältig halten, da Katzen sich nicht an einer anderen Katze reiben, die ihnen unterlegen ist.“

Heute widersprechen viele Kollegen der These Bradshaws, Katzen würden uns als Artgenossen wahrnehmen. Hauptsächlich, weil dies bisher durch keine Studie belegt werden konnte. Von diesen gibt es generell viel zu wenige. Schaut man sich die Studienlage an, beschäftigen sich die meisten mit Hunden, wenn es um das Zusammenleben von Mensch und Tier geht. Das merkt auch Katzenpsychologin Kristyn Vitale im Podcast an. Sie hat zudem eine Theorie, warum das so ist.

Darum gibt es so wenige Studien über das Verhalten von Katzen

Jeder, der einmal versucht hat, seiner Katze etwas beizubringen, wird merken, dass dies meist etwas schwieriger ist als bei Hunden. Das ging auch an den Wissenschaftlern nicht vorbei, die auf kooperationsbereite Versuchstiere angewiesen sind. Noch immer gelten Katzen für Verhaltensversuche als schwierig und unzuverlässig.

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Ein viel größeres Problem aber sei die Finanzierung, wie Kristyn Vitale anmerkt: „Ich denke, dass viele Menschen den Nutzen der Finanzierung, insbesondere in der Hundeforschung, sehen, weil Hunde Arbeitsrollen einnehmen. Wir können sie als Herdenschutzhunde, Bombenspürhunde oder Assistenzhunde einsetzen.“ Bei Katzen hingegen würden Menschen diesen Nutzen nicht sehen, was die Finanzierung von Projekten unattraktiver macht.

Wie sehen uns unsere Katzen?

Doch wie sehen uns unsere Haustiere laut neuestem Stand der Forschung? Sind wir für sie Artgenossen oder doch nur Personal? Pauschal lässt sich dies nicht beantworten, denn es hängt immer auch davon ab, welche Beziehung Katzen zu dem jeweiligen Menschen haben.

Emma Grigg, eine zertifizierte Verhaltensbiologin und Dozentin an der University of California fasste die aktuelle Studienlage 2022 in einem Gespräch mit dem Onlinemagazin „Inverse“ zusammen: „Was die Forschung herausgefunden hat, ist, dass Katzen unterschiedlich auf Menschen reagieren, abhängig von der Stimmung dieser Menschen.“

„Was Ihre Katze denkt, wenn sie Sie ansieht, würde ich sagen, das hängt von Ihrer gemeinsamen Geschichte mit dieser Katze ab“, fügt sie hinzu. Das bedeutet also, dass die Nachbarkatze, die gelegentlich für eine Extra-Mahlzeit vorbeikommt, aber an weiteren Interaktionen kein Interesse zeigt, uns vielleicht wirklich nur als Dosenöffner betrachtet. Für die eigene Katze sind wir aber viel mehr als nur Personal, wie Studien zeigen.

Beziehung von Katze und Mensch ist ähnlich wie Mutter-Kind-Bindung

Japanische Forscher machten sich 2020 die Mühe, sämtliche Studien zur Kommunikation zwischen Katze und Mensch zusammenzufassen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin „Frontiers in Psychology“. Dabei stießen sie auf eine Untersuchung, die, die Frage beantworten sollte, inwiefern der Mensch als Bindungsperson für Katzen fungiert. Dabei stellte man fest, dass die Katze-Mensch-Bindung ähnlich wie die Mutter-Kind- und Hund-Mensch-Bindung ist.

„Die meisten Verhaltensweisen, die Katzen gegenüber Menschen zeigen, wurden ursprünglich bei Müttern und Kätzchen beobachtet, was darauf hindeutet, dass die Verhaltensweisen, die bei ihrer Anpassung an eine Gruppe mit Menschen zu beobachten sind, angeboren sind“, wie die japanischen Forscher in ihrer Auswertung der Ergebnisse schreiben.

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Für unsere Katzen sind wir in erster Linie Sozialpartner

Katzen, die von ihren Menschen getrennt wurden, zeigten zudem „Trennungsstress und Wiedervereinigungsverhalten“, was Indikatoren für Bindung zwischen Katzen und ihren Besitzern seien. Nach dem aktuellen Forschungsstand gibt es also einige Hinweise darauf, dass eine Katze-Mensch-Bindung existiert. Ob die Tiere uns dabei als Artgenosse oder andere Spezies wahrnehmen, bleibt weiterhin unklar. Sie seien aber definitiv in der Lage, zwischen einem Menschen und einer Katze zu unterscheiden, ist sich Verhaltensbiologin Emma Grigg sicher.

„Denken Sie zum Beispiel an die Unterschiede in den Reaktionen von Katzen auf einen unbekannten Menschen in ihrem Lebensraum im Vergleich zu einer unbekannten Katze.“ Hunde betrachten uns ja auch nicht als große Hunde. Zumindest würde dies von keiner Studien zur Kognition von Hunden unterstützt, merkt Grigg an. Und es sei wahrscheinlich, dass Katzen sich ähnlich verhalten. „Vielmehr sehen Katzen uns als soziale Begleiter und ‚wertvolle Ressource‘.“ Sicher ist also, dass wir für unsere Katzen mehr als nur Personal sind. Für die Tiere sind wir vollwertige Sozialpartner.

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