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Erfahrungsbericht

Autorin adoptiert „gesunde“ Katze und erhält todkranken Senioren

Tierheim Katze
Kater Archie wurde von PETBOOK-Autorin Mareike Schmidt vor einem Jahr aus einem Tierheim adoptiert. Foto: Mareike Schmidt / © Wolf Lux
Porträtbild Mareike Schmidt
Werkstudentin

29. Januar 2025, 12:23 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten

Vor ziemlich genau einem Jahr adoptierte PETBOOK-Redakteurin Mareike Schmidt einen vermeintlich „gesunden“ sechsjährigen Kater aus einem städtischen Tierheim. Dieser entpuppte sich nach kurzer Zeit jedoch als schwer Nierenkrank. Doch da hatte sie „Archie“ bereits fest ins Herz geschlossen. Was Sie heute bei der Adoption anders gemacht hätte und wie der aktuelle Stand ist, erzählt sie in diesem Artikel.

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Bevor ich meinen jetzigen Kater aus einem Tierheim zu mir holte, hatte ich bereits eine Katze aus einem Tierheim adoptiert. Da ich mit ihr gute Erfahrungen gemacht habe, stand für mich immer fest: Sollte ich mir erneut eine Katze holen, geht mein erster Weg in ein Tierheim. Gesagt, getan. Da mein Partner zuvor noch nie ein Haustier hatte, beschlossen wir, eine Katze zu adoptieren, die nicht älter als vier und höchstens sechs Jahre alt ist und im Idealfall noch viele gute Jahre vor sich hat. Auf das Geschlecht, auf eine bestimmte Rasse oder ein spezifisches Aussehen waren wir nicht festgelegt.

Waren uns sicher, dass wir ihm ein Zuhause schenken wollten

Im ersten Tierheim, das wir besuchten, fanden wir einen Kater, der direkt unser Herz eroberte. Er war erst seit zwei Wochen dort und wurde unterernährt auf der Straße gefunden. Er wurde auf sechs Jahre geschätzt. Das lag zwar an unserer Höchstgrenze, aber wir waren sicher, dass wir ihm ein neues Zuhause schenken wollten.

Uns wurde mitgeteilt, dass er durchgecheckt wurde und er noch einiges an Gewicht zulegen musste. Seine Nierenwerte lagen nicht im Normbereich, was man jedoch dem Untergewicht und der Dehydrierung zum Zeitpunkt seines Einzugs ins Tierheim zuschrieb. Die Werte würden sich nach einigen Wochen aber wieder regulieren, wenn er an Gewicht zunimmt, sicherte man uns zu.

Aufgrund seines Gesundheitszustandes entschied das Tierheim, den Kater nicht direkt zu kastrieren und verzichtete auch auf Impfungen. Man teilte uns mit, dass sie den Kater gern schnell vermitteln wollten, da sie wenig Platz hatten und er nur in einem kleineren Käfig untergebracht werden konnte. Zunächst zögerten wir, da wir ihn ungern unkastriert zu uns nehmen wollten, gaben uns aber auf Drängen des Tierheims schließlich einen Ruck.

Auch interessant: Tipps für die Eingewöhnung einer Tierheimkatze im neuen Zuhause

Erste Probleme tauchen auf

Da wir uns bereits in den Kater verguckt hatten, entschieden wir, ihn zu adoptieren. Die Kosten für eine Kastration nach Besserung seines Gesundheitszustandes würde das Tierheim bei seinem zuständigen Tierarzt übernehmen. Zum Zeitpunkt der Abholung war der Kater vom Tierarzt durchgecheckt, gechippt und entwurmt. Die nötigen Impfungen für eine Wohnungskatze sollten wir nachholen, sobald er sich gesundheitlich stabilisiert hatte.

Wir zahlten dem Tierheim eine Schutzgebühr und nahmen Kater Archie – wie wir ihn nannten – mit nach Hause. Archie war von Beginn an aufgeweckt, fraß gut und nahm schnell an Gewicht zu. Doch dann tauchten die ersten Probleme auf: Nach etwa zwei Wochen im neuen Zuhause begann Archie, der sich mittlerweile sehr wohl bei uns fühlte, zu markieren. Als seinen Lieblingsplatz hatte er sich dafür ausgerechnet die Couch ausgesucht. Wir hatten eine unsaubere Katze adoptiert.

Das Bereitstellen einer weiteren Toilette neben dieser und etliche andere Tipps halfen nicht. Er markierte nahezu jede Nacht. Eine Sache stand daher schnell fest: Er muss schnellstmöglich kastriert werden. Zum Glück hatte er in den letzten Wochen gut zugenommen, und sein Gesundheitszustand ließ eine Kastration zu. Das ließen wir uns vom Tierarzt, mit dem das Tierheim zusammenarbeitete, bestätigen. Und so wurde Archie nach vier Wochen in seinem neuen Zuhause kastriert.

Blut im Urin

Kurz vor der Kastration fiel uns durch den Einsatz von Wickelunterlagen für die Couch auf, dass Archies Urin leicht rötlich verfärbt ist. Daher baten wir im Rahmen der Kastration um die Entnahme einer Urinprobe, um die Ursache zu klären. Die Kastration verlief problemlos, und Archie hörte schlagartig auf zu markieren. Eine große Erleichterung. Doch die Urinprobe ergab: Blut im Urin.

Die erste Vermutung war eine Blasenentzündung. Nach weiteren Untersuchungen konnte dies aber ausgeschlossen werden. Blutuntersuchungen ergaben außerdem, dass seine Nierenwerte ziemlich schlecht sind. Trotz Fütterung von speziellem Nierenfutter und regelmäßigem Essen und Trinken haben sich seine Werte nicht verbessert. Nach einem Ultraschall und weiteren Blutuntersuchungen dann der nächste Schock: Seine Nieren sind auffällig verkleinert und entsprechen nicht denen eines sechsjährigen gesunden Katers.

„Sechs Jahre ist dieser Kater auf keinen Fall!“

Nach etlichen Tierarztbesuchen und immens hohen Rechnungen (eine Versicherung hatten wir zwar abgeschlossen, allerdings griff diese zu diesem Zeitpunkt noch nicht) hatten wir immer noch keine genaue Diagnose. Die Ärzte vermuteten, dass das Blut von den schlechten Nieren kommen könnte, schlossen eine Krebserkrankung aber nicht aus. Ultraschalluntersuchungen brachten leider auch kein Licht ins Dunkle. Eine Blasenspiegelung und eine Nierenbiopsie wurden uns vorgeschlagen. Da wir mittlerweile etwas verunsichert und ratlos waren, suchten wir den Rat von weiteren Veterinären.

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Nach einigen Wochen machte eine andere Tierärztin einen erneuten Check mit Archie und überraschte uns mit folgender Einschätzung: Sechs Jahre sei dieser Kater auf keinen Fall! Ein weiterer Schock für uns. Dass es schwer ist, das Alter von Katzen einzuschätzen, ist mir bekannt. Die Tierärztin konnte es zwar auch nicht genau sagen, aber aufgrund seines allgemeinen Erscheinungsbilds und seiner Zähne schätzte sie ihn zwischen zehn und 13 Jahren ein – und damit doppelt so alt, wie er uns vorgestellt wurde.

Von außen betrachtet, machte er den Eindruck eines gesunden und zufriedenen Katers

Ob ihm häufiger die Zunge aus dem Maul hing, fragte die Tierärztin uns etwas amüsiert. Wir bejahten es und teilten ihr mit, dass das quasi sein Erkennungsmerkmal sei. Sie klärte uns daraufhin auf, dass seine Zunge unter anderem deshalb aus seinem Maul hing, weil ihm alle zwölf Schneidezähne fehlten. Eine Tatsache, die uns vor der Adoption niemand mitgeteilt hatte. Das mussten wir erst einmal verdauen.

Tierheim Katze
Besonders beim Schlafen hängt die Zunge von Kater Archie oft raus. Foto: PETBOOK / Mareike Schmidt

Durch seinen Gesundheitszustand und die neue Einschätzung seines Alters wurde uns von einer Blasenspiegelung und der Nierenbiopsie abgeraten. Die Eingriffe seien zu anstrengend für ihn und aufgrund seines Alters zu risikobehaftet. Die Wochen vergingen, und wir waren im regelmäßigen Austausch mit den Tierärzten. Archie bekam weiterhin Nierenfutter und ein spezielles Pulver für seine Nieren. Ihm wurde regelmäßig Blut abgenommen, um seine Werte zu kontrollieren. Leider bemerkten wir weiterhin Blut in seinem Urin, und die neuesten Blutergebnisse deuteten auf eine anfängliche Anämie hin.

Vom Verhalten her konnte man Archies scheinbar kritischen Gesundheitszustand überhaupt nicht bemerken. Er blühte immer weiter auf, fraß gut, spielte und tollte viel umher. Er war innerhalb kurzer Zeit zu einem festen Familienmitglied geworden und aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Regelmäßig hatte er seine ausgelassenen Momente und raste durch die Wohnung. Von außen betrachtet, machte er den Eindruck eines gesunden und zufriedenen Katers.

Vom „gesunden“ Kater zum todkranken Senior

Eines Tages schied Archie aber eine Art blutroten, schleimartigen Gewebestrang aus. Ich war alarmiert und fuhr direkt mit ihm zum Tierarzt. Das Ausgeschiedene nahm ich in einer Tüte mit. Dort wurde es im Labor untersucht. Die pathologische Untersuchung ergab, dass die Zellen der Gewebeprobe bereits auffällig verändert waren. Weitere Untersuchungen bestätigten dann das, wovor wir am meisten Angst hatten: Übergangszellkarzinom der Blase – sprich Blasenkrebs. Das war wie ein Schlag ins Gesicht. Die Zukunft, die wir uns mit Archie vorgestellt hatten, geriet ins Wanken.

Die Tierärzte vermuteten, dass das Blut in Archies Urin nicht von den Nieren kommt, sondern durch den Krebs verursacht wird. Uns wurde mitgeteilt, dass wir die Blutung voraussichtlich nicht würden stoppen können. Es ginge jetzt nur noch darum, die Zeit, die Archie noch bleibt, ihm so angenehm wie möglich zu gestalten. Weitere Tierarzttermine seien keine Art der Behandlung seiner Erkrankung mehr, sondern lediglich Kontrolltermine, um sein gesundheitliches Befinden zu beobachten. Wie viel Zeit ihm noch bleibt, konnte uns keiner sagen.

Tierheim zeigte wenig Verständnis für Situation

Wir waren völlig überfordert mit dieser Diagnose. Vor zwei Monaten dachten wir noch, wir hätten eine gesunde Katze adoptiert, die in der Blüte ihres Lebens steht. Nun wurden wir mit der Realität konfrontiert: ein todkranker Senior. Zu diesem Zeitpunkt waren wir durch alle möglichen Emotionen gegangen. Die vielen Arztbesuche hatten ein großes Loch in unser Portemonnaie gefressen. Das mussten wir erst einmal verdauen.

Nachdem wir Archies Diagnose erhalten hatten, meldeten wir uns beim Tierheim, von dem wir ihn hatten. Einerseits, um sie über seinen Zustand zu informieren, und andererseits, um nachzufragen, wie es sein konnte, dass Archie vom Alter her so falsch eingeschätzt wurde. Wir wollten dem Tierheim keinen Vorwurf machen, sondern einen gut gemeinten Rat geben: die Tiere besser zu untersuchen.

Leider waren unsere Ansprechpartner des Tierheims nicht sehr offen dafür und machten lediglich das Angebot, dass wir die Katze wieder abgeben könnten, wenn es uns zu viel würde. Dass es bei unserem Anruf darum gar nicht ging und diese Option für uns ausgeschlossen ist, verstanden sie nicht.

Hoffnung macht sich breit

Nach einigen Wochen bemerkten wir, dass Archie kein Blut mehr im Urin hatte. Nach einem erneuten Kontrolltermin beim Tierarzt wurde uns dann das erste Mal Mut zugesprochen: Solange Archie sonst symptomfrei sei, könnte er noch einige Monate bis vielleicht sogar Jahre vor sich haben. So genau könnte man das nicht sagen. Es handele sich um eine Krebserkrankung, die nicht schnell streut. Je nach Schnelligkeit des Tumorwachstums könnte Archie einige Zeit mit dem Krebs leben, ohne Schmerzen oder Beeinträchtigungen zu haben.

Seit diesem hoffnungsspendenden Arzttermin sind etwa acht Monate vergangen. Aktuell geht es Archie gut. Er verhält sich normal, frisst weiterhin gut und spielt viel. Er ist jetzt genau seit einem Jahr bei uns und hat mittlerweile eine enge Bindung zu uns aufgebaut. Besonders meinen Partner schätzt er als Spielpartner sehr. Wir genießen jeden Tag mit Archie, auch wenn es oft schwerfällt. Angst um ihn und Fragen, wie es weitergehen wird, sind ständig präsent. Das belastet uns oft und stimmt uns traurig. Doch wir versuchen, positiv zu bleiben, und schätzen jeden Tag mit Archie an unserer Seite.

Ihn aufgrund der emotionalen und auch finanziellen Belastung wieder abzugeben, stand für uns nie zur Debatte. Wir haben uns für ihn entschieden. Zwar unter anderen Bedingungen, aber nun wollen wir ihm für seine letzte Zeit das schönste Zuhause bieten, das er sich nur wünschen kann. Auch wenn die Zukunft mit ihm ungewiss ist, bereuen wir es nicht, eine Katze aus dem Tierheim adoptiert zu haben. In dieser kurzen, intensiven und emotionalen Zeit hat Archie uns schon so viel gegeben. Darauf würden wir für keinen Preis dieser Welt verzichten wollen.

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Worauf ich beim nächsten Mal achten würde

Trotz dieser teils negativen Erfahrung und dem Wissen, einen kranken Kater zu haben, bin ich nicht generell dagegen Katzen oder allgemein Tieren aus dem Tierheim zu adoptieren. Ich würde nur – sollte ich diesen Weg noch einmal in Betracht ziehen – einige Dinge anders machen.

Für mich steht fest, kein Tier mehr aufzunehmen, das nicht zuvor gründlich durchgecheckt wurde und gegen alles Notwendige geimpft ist. Auch würde ich keine Katze mehr adoptieren, über die wenig bekannt ist. Natürlich ist gerade die Vorgeschichte von Tieren, die gefunden und im Tierheim abgegeben werden, meist unbekannt. Doch wenn diese bereits einige Wochen im Tierheim verbracht haben, kann man häufig schon Tendenzen beobachten – sei es vom Verhalten oder auch vom Gesundheitszustand.

Auch werden die Tiere im Tierheim regelmäßig kontrolliert. Im Falle von Archie wäre dann sicher aufgefallen, dass sich seine Nierenwerte nicht so schnell verbesserten, wie zuvor angenommen. Auch das Blut im Urin wäre bemerkt worden. Ich spreche mich nicht gegen die Adoption von kranken Tieren aus, keinesfalls. Dennoch ist es etwas anderes, wenn einem die Erkrankungen des Tieres bewusst sind. Man kann sich darauf sowohl emotional als auch finanziell vorbereiten.

Mir ist bewusst, dass es dennoch jederzeit anders laufen kann, als man es sich erhofft hat. Dennoch sind das die Konsequenzen, die ich für mich aus meinen persönlichen Erfahrungen ziehe. Auch würde ich mich zudem nicht mehr unter Druck setzen lassen, eine Katze schnellstmöglich zu adoptieren, nur weil das Tierheim Druck macht.

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