27. März 2024, 17:23 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Mobbing gibt es auch im Tierreich. Wenn eine Katze konstant ihre Mitkatzen oder andere Tiere im Haushalt drangsaliert und ihnen das Leben schwer macht, steckt oft ein bestimmter Grund dahinter. Welcher das sein kann und wie man erkennt, ob die eigenen Artgenossen mobbt, erklärt PETBOOK-Redakteurin und Katzenverhaltens-Expertin Saskia Schneider.
Meine Katze Kila war ein richtiger „Bully“. Sie mobbte nicht nur gerne ihre Schwester, sondern auch die Katzen meiner Eltern, wenn ich sie dort zur Urlaubsbetreuung abgab. Vor allem den Kater jagte sie gern durch die Wohnung, lauerte ihm auf und schlug nach ihm, wann immer sich die Gelegenheit bot. Damals wussten meine Eltern nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollten. Schließlich endete es damit, dass der Kater Reißaus nahm – zum Glück kam er nur bis zu den Nachbarn.
Beim Mobbing gibt es immer zwei Seiten: den „Bully“ und den Gemobbten. Wobei dies nicht immer Artgenossen sein müssen. Auch andere Tiere wie Hunde aber auch Menschen können zu „Mobbing-Opfern“ von Katzen werden. Deshalb ist es wichtig, Zeichen früh zu erkennen, und zu wissen, wie man das Verhalten stoppt.
Übersicht
Ist Mobbing das gleiche wie Aggression?
Da Katzen untereinander auch ernste Kämpfe oder Streitigkeiten austragen können, ist es wichtig, den Unterschied zu erkennen. Meist findet Mobbing „subtiler“ statt. Dabei kommt es selten zu lauten Auseinandersetzungen. Meist gibt das Mobbing-Opfer schnell nach, oder flüchtet, weil es einem Konflikt aus dem Weg gehen möchte.
Auch die Intention ist oft eine andere. Da Katzen oft aus Unsicherheit mobben, haben sie nicht vor, ihre Artgenossen ernsthaft zu verletzen. Sie wollen durch ihre Aktionen sichergehen, nicht zu kurz zu kommen und sich ihre Ressourcen sichern. Daher stehen die Chancen auch gut, dass wieder ein harmonisches Zusammenleben zwischen den Katzen möglich ist – wenn man einige Dinge berücksichtigt.
Warum Katzen Artgenossen mobben
Wenn wir an Mobbing denken, haben wir einen fiesen „Bully“ vor Augen, der aus Gemeinheit andere terrorisiert und ärgert. Dahinter steckt aber oft ein Kompensationsverhalten und genauso ist es auch bei Katzen.
Eine Katze mobbt ihre Artgenossen nicht, weil sie diese per se nicht leiden kann oder Ärger sucht. Der häufigste Grund ist die sogenannte territoriale Unsicherheit. Die Katze fühlt sich in ihrer Umgebung nicht sicher und kompensiert dies mit Aggression gegenüber anderen Katzen.
Warum sich die Katze in ihrem Revier unsicher fühlt, kann verschiedene Gründe haben. Im Folgenden wollen wir auf die häufigsten ein mal näher eingehen:
Zu wenig Ressourcen
Gibt es im Revier zu wenig Ressourcen, kann das die Katze in Stress versetzen. Dazu gehören nicht nur Schlafplätze, Aussichtsflächen, Kratzmöglichkeiten oder Futterplätze. Auch das Katzenklo ist eine wichtige Ressource. Hier gilt die goldene Regel: Die Anzahl der Katzentoiletten sollte die Anzahl der im Haushalt lebenden Katzen plus eins betragen. Das ist umso wichtiger, wenn eine Katze andere mobbt.
Revier-Wechsel
Bei einem Umzug oder einem kurzzeitigen Wechsel der Umgebung kann es ebenfalls anfangs zu Stress und Angst kommen. Für Katzen ist das Revier ein wichtiger Wohlfühl-Faktor. Hier können sie in der Regel einschätzen, wann sie wo, was vorfinden. Kommen die Tiere in eine für sie fremde Umgebung, bedeutet das erst mal große Unsicherheit.
Andere oder fremde Katzen
In der Natur müssen Katzen immer damit rechnen, dass ihnen ihr Revier oder Ressourcen von Artgenossen streitig gemacht werden. Daher nehmen es die meisten Tiere überhaupt nicht locker auf, wenn ein neuer Artgenosse in ihren Bereich eindringt. Das kann eine neue Partnerkatze sein aber auch eine fremde Katze, die draußen durch den Garten streift.
Katze wurde oder wird selbst gemobbt
Auch Mobbing kann zur Unsicherheit führen und darin resultieren, dass sich das Mobbing-Opfer selbst jemanden sucht, den es quasi unterbuttert. Oft ist dies bei Katzen der Fall, die in der Vergangenheit von Artgenossen gemobbt wurden und daraus eine Unsicherheit entwickelt haben.
Katze ist unausgewogen
Ist eine Katze nicht ausgelastet, weil sie ihrem Jagdtrieb nicht nachkommen kann, führt dies zu einem Aufstau an Energie. Diese muss die Katze irgendwie wieder loswerden. Das kann in den „wilden fünf Minuten“ passieren, wenn die Tiere durch die Wohnung rennen. Manche entscheiden sich aber auch dafür, stattdessen ihre Mitkatzen zu jagen.
Katzen, die sich wie „Beute“ verhalten
Manchmal führt auch die Unsicherheit anderer Katzen dazu, dass diese zum Mobbing-Opfer werden. Denn unter Katzen gilt: Wer sich wie Beute verhält, wird wie Beute behandelt. Wirkt ein Tier besonders unsicher, rennt ständig davon oder schleicht kauernd durch die Gegend, kann dies andere Katzen dazu animieren, den Artgenossen zu jagen und ihm aufzulauern.
Daran erkenne Sie, dass Ihre Katze andere mobbt
Manchmal ist Mobbing sehr subtil. Es gibt aber ein paar Anzeichen, an denen Sie das Verhalten erkennen.
Eine Katze die mobbt, …
- jagt andere Katzen durch die Wohnung
- lauert Artgenossen auf und drängt diese in die Ecke
- „überfällt“ andere
- verteidigt Ressourcen wie Futter oder Liegeplätze und jagt andere Katzen davon weg
- wirkt oft rastlos und gestresst (geweitete Pupille, Schwanz schlägt hin und her)
Da einer der Hauptgründe für Mobbing territoriale Unsicherheit ist, gibt es oft noch weitere Symptome. So neigen Katzen, die sich in ihrem Revier bedroht fühlen, auch zum Markieren – also dazu, außerhalb der Katzentoilette Urin abzusetzen. Sie hinterlassen auch oft Kratz- und Geruchsspuren an wichtigen Durchgängen wie Türrahmen.
Auch wenn die Nachbarkatze oder Streuner theoretisch keinen Zugang zum Haus oder den Garten haben. Für ihre Katze stellen sie in dem Moment eine reale Gefahr dar und können dazu führen, dass die Tiere sich nicht (mehr) sicher fühlen. Dafür sollten Besitzer Verständnis haben und versuchen, das Problem zu lösen.
So stoppen Sie Mobbing unter Katzen
Um Mobbing unter Katzen zu reduzieren oder zu vermeiden, ist es wichtig zu verstehen, wo das Verhalten herkommt. Viele schimpfen mit der Katze, die andere mobbt, oder bestrafen das Tier. Das führt aber meist zu einer Verschlimmerung des Problems, da dadurch nur noch mehr Unsicherheit, Angst und Stress entstehen.
Daher ist es wichtig, sich immer vor Augen zu führen, dass Mobbing kein böser Wille ist. Vielmehr sollte man es als ein Zeichen sehen, dass die Katze sich in ihrer Umgebung unwohl fühlt und ihrem Umfeld nicht vertraut.
Der erste Ansatzpunkt gegen das Mobbing unter Katzen ist daher, eine möglichst sichere Umgebung zu schaffen mit ausreichenden Ressourcen sowie das Selbstbewusstsein der Katzen zu stärken. Dabei können folgende Ansätze helfen:
Genügend Ressourcen schaffen
Achten Sie darauf, dass ihren Katzen ausreichend Orte zum Schlafen, Beobachten und Kratzen zur Verfügung stehen. Das gilt auch für die Futterplätze. Katzen sollten niemals aus demselben Napf fressen müssen. Sicher gibt es Tiere, die gerne mit Artgenossen teilen. In der Regel fressen Katzen aber allein. Die Anwesenheit eines Artgenossen kann dabei schon Stress auslösen. Trennen Sie daher die Futterorte möglichst voneinander.
Zu Ressourcen zählen auch Katzentoiletten. Oft findet Mobbing direkt vor dem stillen Örtchen statt, denn hier kann man sein Opfer gut abfangen und es hat meist keine Ausweichmöglichkeit. Je mehr Toiletten es gibt, desto entspannter ist die Lage.
Fremde Katzen fernhalten
Fremde Katzen, die im Garten oder vor dem Hauseingang markieren, können die eigenen stressen. Leider ist es nicht immer leicht, die Tiere fernzuhalten. Tipps dafür finden Sie in diesem myHOMBOOK-Artikel: 4 Tipps, um Katzen effektiv aus dem Garten zu vertreiben.
Katzen miteinander richtig vergesellschaften
Auch wenn neue Katzen in den Haushalt kommen, kann dies zu Mobbing führen. Daher ist es wichtig, seine Tiere von Beginn an richtig zu vergesellschaften. Sollte das Problem schon länger bestehen, kann man auch versuchen, die Katzen für eine gewisse Zeit zu trennen und wieder neu „bekannt“ zu machen. Dabei sollte man sich gegebenenfalls Hilfe von einem Verhaltensexperten für Katzen holen.
Räume katzengerecht strukturieren
Viele Katzen drängen ihre Artgenossen beim Mobben in eine Sackgasse. Damit dies nicht passiert, sollte man die Möbel bzw. Katzenmöbel so in der Wohnung platzieren, dass sich die Tiere aus dem Weg gehen können. Dies ist selbst bei kleinen Wohnungen umsetzbar, wenn man die dritte Ebene einbezieht – den Katzen also Möglichkeiten gibt, sich auf Regalen der sogenannten „Katzen-Highways“ zu bewegen. Anregungen dazu finden Sie in diesem PETBOOK-Artikel: 5 Tipps, um Katzenmöbel selbst zu bauen und wie man sie richtig platziert.
Mobbing-Opfer stärken
Manchmal sorgt eine Katze allein mit ihrem Verhalten dafür, dass ihre Artgenossen sie mobben. Daher ist es wichtig, auch bei dieser Katze das Selbstbewusstsein zu stärken und dafür zu sorgen, dass sie sich sicher fühlt. Das geht am besten, indem man dem Tier Erfolgserlebnisse verschafft – zum Beispiel beim Spielen.
Katzen richtig auslasten
Einer der wichtigsten Tipps für ein harmonisches Zusammenleben von Katzen lautet: spielen, spielen, spielen. Katzen sind kleine Jäger. In der Natur verbringen sie einen Großteil ihrer Zeit damit, Beute aufzulauern und versuchen, diese zu fangen. Können sie diesen Drang nicht ausleben, führt dies zu Frustration, die gern mal an anderen ausgelassen wird.
Aber auch unsichere Katzen profitieren von festen Spielzeiten. Denn das Fangen von Beute – auch wenn es nur die Stoffmaus an der Spielangel ist – sorgt dafür, dass die Tiere Glückshormone ausschütten und Stress abbauen.
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Wann wird Mobbing unter Katzen zum Problem?
Meist ist Mobbing etwas, dass sich schleichend entwickelt und ein Verhalten, an dem man gut mit Katzen arbeiten kann. Kommt es jedoch plötzlich dazu, dass eine Katze die andere mobbt, sollte man genau hinschauen.
Denn auch Schmerzen können dazu führen, dass Katzen sich nicht mehr sicher oder von anderen Artgenossen bedroht fühlen. Auch wenn das Verhalten trotz verschiedener Maßnahmen nicht besser oder gar schlimmer wird, sollen Sie sich professionelle Unterstützung vom Tierarzt oder einem Experten für Katzenverhalten holen.