4. Juli 2023, 6:03 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Wenn man beim Spaziergang in der Natur eine Katze mit dunkler Fellzeichnung sieht, ist nicht immer gleich klar, ob es sich um eine Hauskatze oder die Europäische Wildkatze handelt – die Unterschiede im Überblick.
Sie leben als scheue Einzelgänger im Dickicht der Wälder und gehen in der Nacht auf die Jagd. Wir Menschen bekommen sie deshalb eher selten zu Gesicht – die Europäische Wildkatze. Rund 6000 Exemplare streifen noch durch die Mittelgebirgsregionen Deutschlands. Da sie von der Größe und dem Gewicht unserer Hauskatze ähneln, kann es bei der Begegnung mit einer Wildkatze leicht zu einer Verwechslung kommen, wenn man die Unterschiede nicht weiß. PETBOOK erklärt, wie man sie erkennt.
Wo die Unterschiede zwischen Wildkatze und die Hauskatze liegen
Die Europäische Wildkatze (Felis silvestris) hat mit unseren Hauskatzen von der biologischen Abstammung her wenig gemein, denn diese stammen von der afrikanischen Falbkatze ab, die einst mit den Römern über die Alpen zu uns kam. Der Lebensraum der Europäische Wildkatze, auch Waldkatze genannt, wurde mit den Jahren zwar immer mehr eingeschränkt, dennoch haben sich ihre Bestände, dank diverser Artenschutzmaßnahmen der Deutschen Wildtier Stiftung, wieder erholt.
Die Wildkatze galt schon beinahe als ausgerottet, sie wird in der Roten Liste des Bundes immer noch als „gefährdet“ eingestuft. In einigen Bundesländern ist sie sogar „vom Aussterben bedroht.“ Auch Querungshilfen im Straßenverkehr haben dazu beigetragen, dass sich die Bestände wieder erholt haben, denn die Wildkatzen haben große Aktionsräume und überqueren bei ihren weiten Wanderungen auch Autobahnen und Bundesstraßen. Viele der seltenen Tiere kamen bei Zusammenstößen ums Leben und der Straßenverkehr galt als Todesfalle Nummer Eins. Da in Deutschlands auch rund 2 Millionen streunende Hauskatzen leben, ist die Wahrscheinlichkeit einer solchen zu begegnen sehr viel höher, aber man muss schon genau hinsehen, wenn man sie von der seltenen Wildkatze unterscheiden will.
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Wo und wann kann man Wildkatzen antreffen?
In erster Linie findet man Wildkatzen in den Wäldern des Landes, insbesondere in den Mittelgebirgen und einigen ausgedehnten Waldgebieten. Sie bevorzugen dichte Laub- und Mischwälder, in denen sie ausreichend Versteck- und Jagdmöglichkeiten finden. Einige der bekanntesten Regionen, in denen Wildkatzen in Deutschland leben, sind der Schwarzwald, die Eifel, der Harz, der Bayerische Wald und der Thüringer Wald. Diese Gebiete mit ihren Hecken und Gewässern bieten eine geeignete Umgebung für das Überleben und die Fortpflanzung der Wildkatzen.
Sie finden hier ausreichend Nahrung, wie Mäuse, Vögel und andere kleine Säugetiere. Dabei durchstreift ein Wildkatzenkater rund 1500 bis 3000 Hektar, während das Revier eines Weibchens nur 300–800 Hektar beträgt. Naturschutzgebiete und Nationalparks spielen eine wichtige Rolle bei der Erhaltung des Lebensraums für Wildkatzen. Durch die Einrichtung von Schutzgebieten wird sichergestellt, dass die Wälder und ihre Beutebestände erhalten bleiben und die Wildkatzen geschützt sind. Die Überwachung der Populationen erfolgt oft mithilfe von Fotofallen, Sendern und genetischen Untersuchungen, um die Anwesenheit und Verbreitung der Wildkatzen zu erfassen.
Wildkatzen sind nachtaktiv und schlafen tagsüber gut versteckt in Reisighaufen, hohlen Baumstämmen, Wurzelhöhlungen, zwischen Felsen oder in den Erdbauten von Dachs und Fuchs. Manchmal klettern sie sogar auf Hochsitze von Jägern oder machen ein Nickerchen in einer Baumkrone, wenn diese leicht zu erklimmen ist. Gefährlich wird es, wenn sie sich ein Holzpolter für die Tagesruhe oder als Versteck für den Nachwuchs aussuchen. Beim Verladen der Baumstämme können diese leicht zur Todesfalle für die Kleinen werden. Generell ist die Reproduktionsrate bei den Wildkatzen leider sehr gering und kaum ein Junges erreicht das Erwachsenenalter.
Durch welche äußeren Merkmale unterscheiden sich Wildkatzen von Hauskatzen?
Europäische Wildkatze (Felis silvestris)
Sie werden bis zu 50 cm hoch und 80 cm lang. Manche männlichen Exemplare wiegen bis zu 8 Kilogramm. Die Weibchen sind kleiner und leichter und ähneln eher unseren Hauskatzen. Ihr Fell ist grau getigert und zum Teil mit einem gelblichen Ton versetzt. Am Hals haben sie einen hellen Kehlfleck. Die Zeichnung wirkt bei älteren Tieren verwaschen, während sie bei Jungtiere sehr deutlich und kontrastreich ist.
Der buschige Schwanz mit seinen 2–3 dunklen Ringen und einer schwarzen Schwanzspitze, die aber stumpf aussieht, ist auffällig. Auch der Aalstrich in der Rückenmitte sticht ins Auge. Von der Stirn über die Ohren bis in den Nacken verlaufen dunkle Streifen. Im Winter wirkt die Wildkatze durch ihr dichtes Fell eher gedrungen und kräftiger als im Sommer. Das Gesicht der Wildkatze ist an der Schnauze breiter als das der Hauskatze, die helle Nase hat deutlich dickere Schnurrhaare und diese sind immer weiß. Wildkatzen haben auch dickere Pfoten als Hauskatzen.
Hauskatze (Felis silvestris catus)
Sie werden bis zu 50 cm groß. Manche Männchen werden jedoch größer und wiegen ebenfalls bis zu 8 kg. Ausnahmen bestätigen die Regel, z. B. wenn es sich um einen Mix mit einer großen Rasse wie der Maine Coon oder der Norwegischen Waldkatze handelt. In der Regel tragen Hauskatzen viele unterschiedliche Fellfarben, doch manche ähneln der Wildkatze sehr. Das Fell der Hauskatze, das dem der Wildkatze am nächsten kommt, ist der Wildtyp. Die Zeichnung auf der Stirn sieht aus wie ein M und von den Augen geht eine Art Kajal-Strich an die Seite des Kopfes. An der Körperseite sind häufig dunkle Querstreifen oder Tupfen und auch die Beine und der Schwanz sind schwarz gebändert. Das Gesicht ist schmal, die Ohren wirken kleiner, da sie nicht so stark behaart sind, wie die der Wildkatze. Die Schnurrhaare sind fein.
Unterschiede bei jungen Hauskatzen und Wildkatzen kaum zu sehen
Erwachsene Wildkatzen erkennt man leicht an der verwaschenen Fellzeichnung. Bei Jungtieren wird es da schon schwieriger. Sie haben noch eine sehr kontrastreiche Fellzeichnung und sehen jungen Hauskatzen mit wildfarbenem Fell zum Verwechseln ähnlich. Werden sie von Spaziergängern entdeckt, während die Mutter auf der Jagd ist, kann ihnen das zum Verhängnis werden. Die Menschen meinen es vielleicht gut und wollen die „ausgesetzten“ Jungtiere retten. Doch selbst wenn in einer Wildtierstation mit der Flasche aufgezogen, werden Wildkatzenbabys niemals zahm und man wird sie später wieder auswildern müssen, da die Auflagen für die Haltung sehr hoch sind.
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Quellen
- Bund-Natuschutz.de, „Die Europäische Wildkatze: Steckbrief“ (aufgerufen am 4.7.2023)
- Deutsche Wildtierstiftung.de, „Wildkatze“ (aufgerufen am 4.7.2023)