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Irrglaube aufgeklärt

Warum Kaninchen kein hartes Brot bekommen sollten

Zwei schwarz-weiße Kaninchen sitzen auf einer Wiese
Dass hartes Brot gut für den Abrieb der Zähne von Kaninchen ist, ist ein verbreiteter Irrglaube, der den Tieren gefährlich werden kann Foto: Getty Images
Beke Enderstein
Freie Autorin

18. Januar 2023, 17:12 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Kaninchen sind sehr anspruchsvolle Haustiere, bei denen man viele Haltungsfehler begehen kann. So hält sich zum Beispiel hartnäckig der Irrglaube, dass Kaninchen Brot brauchen, um ihre Zähne abzureiben. Dies kann jedoch fatale Konsequenzen haben.

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Es gibt kaum ein anderes Haustier, bei dessen Ernährung es so viele Missverständnisse gibt, wie bei der Fütterung von Kaninchen. Obwohl artgerechtes Kaninchenfutter getreidefrei ist, hält sich hartnäckig der Irrglaube, trockenes Brot diene der Zahnpflege der Langohren. Dieses Missverständnis endet im schlimmsten Fall jedoch sogar tödlich für das Tier. PETBOOK erklärt, warum Brot nicht für den Zahnabrieb von Kaninchen geeignet ist – und warum das Füttern von Getreide für die Tiere nicht artgerecht ist.

Wie funktioniert der Zahnabrieb beim Kaninchen?

Die Anatomie des Kaninchengebisses hat eine Besonderheit: Die Zähne wachsen ein Leben lang nach. Daher sind die Tiere auch ihr Leben lang auf artgerechtes Futter angewiesen, welches die Zahnlänge natürlich reduziert. Das optimale Futter für Kaninchen ist Heu. Denn faserreiches, getrocknetes Gras bildet die Grundlage einer gesunden Ernährung und sollte stets in großer Menge vorhanden sein. Beim Fressen von Heu reiben die Zähne aufeinander und verhindern ein unkontrolliertes Zahnwachstum sowie Zahnfehlstellungen.

Bei einer faserarmen Fehlernährung ohne genügend Abrieb kann es zu übermäßigem Zahnwachstum und zu Zahnfehlstellungen kommen. Die unerwünschte Folge: Die Futteraufnahme funktioniert nicht mehr optimal und die Nahrung kann nicht ausreichend zerkleinert werden. Letztendlich stellen die Tiere die Nahrungsaufnahme aufgrund von Schmerzen teilweise sogar ganz ein – mit dramatischen Folgen für das Kaninchen.

Kann hartes Brot den Zahnabrieb bei Kaninchen unterstützen?

Eine klare Antwort: Nein, getrocknetes Brot ist nicht zum Zahnabrieb der Tiere geeignet! Und zwar nicht nur deshalb, weil Trockenbrot für Kaninchen ungesund ist. Die Zähne zerbröseln und zerreiben das harte Brot, ohne dass sie sich dabei abnutzen bzw. gestutzt werden. Doch nicht nur der fehlende Zahnabrieb ist problematisch. Brot kann bei regelmäßiger Fütterung und vor allem bei zu großer Menge zu massiven Gesundheitsproblemen von Kaninchen führen!

Entsprechend ist nicht nur Brot, sondern Getreide generell gänzlich ungeeignet für die Tiere. Denn Kaninchen sind zwar Pflanzenfresser, aber keine Körnerfresser. Die enthaltene Stärke kann von den Langohren nicht verdaut werden. Gelangen dennoch größere Mengen an Kohlenhydraten wie Stärke in den Verdauungstrakt, beginnt der Mageninhalt zu fermentieren und belastet Magen und Darm der Tiere.

Was passiert mit Kaninchen, die regelmäßig Brot fressen?

Ein (versehentlich angebotenes) kleines Stück trockenes Brot wird vermutlich keinen Schaden anrichten, sollte allerdings die Ausnahme bleiben. Insbesondere Familien mit Kindern müssen dem Nachwuchs genau erklären, warum Brot, aber auch getreide- oder gar zuckerhaltige Leckerlis, tabu sind. Ansonsten besteht das Risiko, dass Kinder ihr Tier unbeobachtet mit ungeeignetem Futter „verwöhnen“.

Um sein Haustier artgerecht zu ernähren, sollten sich Tierbesitzer stets an der Natur orientieren. Wildkaninchen und Hasen fressen in der freien Wildbahn kein Getreide, sondern insbesondere faserreiches Grünfutter wie Kräuter, grünes Blattgemüse, Löwenzahn und Gräser. Leider werden dennoch zahlreiche getreidehaltige Futtermischungen, Knabberstangen und sonstige Leckerlis – zum Beispiel im Mix mit weiteren ungeeigneten Zutaten wie Honig und Milch à la Joghurt-Drops angeboten!

Trotzdem wird Getreide in der Kaninchenmast eingesetzt, denn es liefert eine Extraportion Kohlenhydrate. Jedoch viel mehr, als für die Tiere gesund ist. Dass sich die bewegungsfreudigen Stallbewohner dann auch noch in engen, dunklen Käfigen kaum bis gar nicht bewegen und ein trostloses Leben hinter Gittern verbringen müssen, erhöht die Gewichtszunahme – und bringt mehr Geld in die Kasse der Kaninchenmäster. Alles in allem handelt es sich bei der Mast von Kaninchen daher klar um Tierquälerei und sollte auf keinen Fall Vorbild für die Ernährung der eignen Haustiere sein.

Getreidehaltiges Futter und Brot sind daher für Kaninchen tabu! Ansonsten drohen Übergewicht oder gar Adipositas. Diese können wiederum zu weiteren gesundheitlichen Problemen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Leberfunktionsstörungen und Co. führen.

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Weitere Risiken von Brot und falscher Kaninchenernährung

Von Getreide und Brot geht aber noch eine weitere Gefahr aus, die nicht selten tödlich endet. Tierärzte können ein Lied davon singen: Während bei Katzen Nierenkrankheiten und bei Hunderassen wie Dackeln Rückenprobleme die Hauptrolle spielen, sterben Kaninchen am häufigsten aufgrund von Verdauungsstörungen. Ein ebenfalls häufiger Besuch für den Tierarzt: Zahnprobleme!

Denn werden Kaninchen nicht artgerecht bzw. getreidehaltig ernährt – oder haben nicht Tag und Nacht die Möglichkeit kleine Portionen Heu zu futtern –, kann der empfindliche Verdauungstrakt zum Erliegen kommen. Durch Fehlernährung verursachte Bauchschmerzen, Aufgasungen, schmerzhafte Krämpfe, Magenüberladungen und Durchfall sind lebensbedrohlich. Die traurige Folge: Bereits ein Tag ohne Futter oder die Fütterung größerer Mengen an Getreide kann zum Tod des Kaninchens führen! Bei regelmäßiger Fütterung von Brot und Getreide können sich zudem Magengeschwüre bilden.

Neben der mangelnden Zerkleinerung der Nahrung und Schmerzen beim Kauen drohen zusätzlich Entzündungen, wenn sich die zu langen Zähne in die Mundhöhle bzw. in das Zahnfleisch graben. Bleibt die Zahnfehlstellung lange unbemerkt, kann es notwendig sein, Kaninchen aufgrund von Abszessen zu operieren. Ein chirurgischer Eingriff, bei dem der Tierarzt die Zähne mit einer Spezialzange kürzt, ist in jedem Fall unumgänglich und muss zum Teil unter Vollnarkose stattfinden.

Wie vermeidet man Fehlernährung bei Kaninchen?

Um die Risiken durch eine Fehlernährung beim Kaninchen zu vermeiden, müssen sich Tierbesitzer bereits vor der Anschaffung eines Kaninchens genau über eine artgerechte Fütterung informieren! Denn sowohl die Zahnbeschwerden als auch die Verdauungsprobleme gehen in den meisten Fällen auf die Unwissenheit des Halters zurück!

Kaninchen sind nicht nur wegen der Gesundheit ihres Gebisses auf große Mengen Heu angewiesen: Um die Verdauungsfunktion nicht zum Erliegen zu bringen, fressen die Tiere nahezu pausenlos winzige Portionen am Tag. Während Frischkost wie Gräser, Kräuter und stärkearmes Gemüse die kleinen Nager ungefähr zweimal am Tag mit wertvollen Makronährstoffen, Mikronährstoffen und Energie versorgt, dient Heu zum Mümmeln außerhalb der Fütterungszeiten einer gesunden Verdauung und dem Zahnabrieb.

Da getrocknetes Gras die Basis einer gesunden Kaninchenernährung bildet, sollte man beim Kauf auf eine hohe Qualität achten. Statt staubiger, gräulicher Billigware sind aromatische, grüne Heusorten – am besten in Bio-Qualität im Mix mit Kräutern – zu bevorzugen. Da eine artgerechte Kaninchenhaltung mindestens zwei Tiere erfordert, wird Heu in rauen Mengen benötigt. Entsprechend eignen sich Großpackungen, die man direkt beim Bauern oder online bestellen kann. Ein weiteres Plus: Wird Heu nachhaltig in Kartons ohne Plastik versendet, kommt das auch der Umwelt zugute.

Persönliche Erfahrung: Ich habe mir als Kaninchenhalter schon selbst häufig Vorwürfe gemacht, weil ich Fehler bei der Fütterung meiner Tiere gemacht habe – mit traurigem Ausgang. Grund waren, oh Wunder, meistens Verdauungsprobleme. Bei meinem Klopfer kamen Zahnprobleme dazu, die allerdings genetisch bedingt waren. Aus diesen Gründen liegt es mir so am Herzen darüber aufzuklären, dass Kaninchen alles andere als pflegeleicht sind – und Fachwissen entscheidend für ein schönes, langes Kaninchenleben ist! (Dipl. oec. troph. Beke Enderstein)

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Quellen

Themen Kaninchen
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