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Experten erklären

Wie man Esel artgerecht hält

Esel stehen auf einer Kargweide
Damit Esel in menschlicher Haltung ein artgerechtes Leben führen können, braucht es einiges an Wissen über die Tiere Foto: Getty Images / Mladen_Kostic
Louisa Stoeffler
Redakteurin

13. Juni 2024, 16:46 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten

Denkt man an Tiere, die man im Garten halten kann, steht der Esel wohl nicht an erster Stelle. Doch nicht erst, seitdem es niedliche Zwergesel gibt, steigt das Interesse an den geruhsamen Tieren stetig. Doch was braucht man eigentlich, um Esel wirklich artgerecht halten zu können? PETBOOK-Redakteurin und erklärter Esel-Fan Louisa Stoeffler hat bei Experten nachgefragt.

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Als Kind gab es für mich nichts Schöneres als „aufs Land“ zu meinen Großeltern zu fahren. Denn auf den wenigen Metern zwischen Bushaltestelle und Zielort kam ich an einer Koppel vorbei, auf der ein Esel namens Josef wohnte. Ausnahmslos jeden Freitagnachmittag hörte ich sein „I-aaaah“ schon von weitem, während er auf mich zulief und sich am Zaun durchkraulen ließ. Nicht selten musste ich dann von der Koppel geholt werden, weil die Erwachsenen sich sorgten, wo das Kind denn bleibe. Die Antwort lautete stets: „Die ist bestimmt noch beim Josef“. Und so war es auch immer. Meist bekam man mich erst dort weg, wenn ich Josef eine Möhre geben durfte. Doch dass mein tierischer Esel-Kumpel aus Kindertagen auf seiner Koppel wahrscheinlich ziemlich einsam war und wenig artgerecht gehalten und ernährt wurde, wusste ich damals natürlich noch nicht.

Also habe ich mir die Haltungsempfehlungen für Esel vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz genauer angeschaut. Dieses Gutachten gilt als rechtlich bindend und enthält vieles, das potenzielle Eselhalter wissen sollten. Zudem haben Halter und Tierschützer erklärt, warum Esel häufig falsch gehalten und sich einen Josef (vielleicht auch im Mini- oder Zwergformat) in den Garten zu stellen, wie es lange mein Traum war, den Tieren überhaupt nicht gerecht wird.

Wie der Esel zum Menschen kam

Schon allein, dass man Esel gedanklich oft als in Deutschland heimisch verortet, ist nicht richtig. Denn die Tiere stammen eigentlich aus Afrika und sind ein Leben in Steinwüsten gewohnt. Dort sind sie sehr genügsam und vor allem durch ihre spezielle Hufstruktur trittsicher im unebenen, kargen Gebiet. Auch ihr Stoffwechsel ist entsprechend an eine eher karge Vegetation angepasst. Noch heute ist der Esel besser an das Leben in Halbwüsten angepasst als an das Klima in Deutschland, lebt aber schon so lange hier, dass dies häufig vergessen wird.

In der Empfehlung zur Haltung der Huftiere heißt es sogar, dass der Esel eines der ältesten Haustiere sei. Seit dem 4. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung gelte seine Nutzung als gesichert. „Sie wurden dem Menschen so wertvoll, dass ihr Fleisch – teilweise mit religiösen Verboten belegt – in den meisten Kulturen nicht gegessen wurde.“1

Sozialverhalten von Eseln

Auch das Josef und andere wie er allein gehalten wurden, entspricht überhaupt nicht der Natur der Tiere. Esel sind soziale Herdentiere, die häufig in Gruppen von mehreren Stuten und ihren Fohlen leben. Dort lässt sich laut den Haltungsempfehlungen aber auch beobachten, dass sich Junggesellengruppen zusammenfinden. So leben Esel in unwirtlichen Gegenden häufig zusammen, um sich gegenseitig vor Beutegreifern zu schützen.

Für eine artgerechte Haltung sollte man also eine Gruppe von mehreren Stuten halten. Dies sei für Esel ein grundsätzliche Anforderung. „Die Einzelhaltung von Eseln ist nicht artgemäß und verstößt gegen die Grundsätze des Tierschutzgesetzes. Der Mensch oder ein artfremdes Tier kann dem Esel den Artgenossen nicht ersetzen.“1

Stelle man Wallache und Eselstuten zusammenstellt, entwickelten sich meist Freundschaften zwischen den Tieren, die einem natürlichen Herdenverbund ähnelten. Eselhengste sollten jedoch nur von erfahrenen Haltern gehalten werden.1

Das besondere Eselfell

Wer einmal (oder jede Woche nach der Schule) einen Esel gestreichelt hat, der weiß, wie wollig sich sein Fell anfühlt. Denn aufgrund ihrer Herkunft haben Esel ein eher luftiges Haarkleid, dass sie bei hohen Temperaturen vor Überhitzungen schützt. Allerdings bedeutet dies auch, dass es bei Regen sehr leicht durchnässt und die Tiere dadurch leicht krank werden können. Gerade, wenn es dazu auch noch kalt ist und Wind weht, vertragen die meisten Esel dies nicht gut.

Eselfohlen sind besonders gefährdet, da ihr Fell nochmal etwas feiner ist, schnell Wasser aufnimmt und nur langsam trocknet. Daher neigen insbesondere junge Esel auch zu Lungenentzündungen, die im schlimmsten Fall tödlich verlaufen können. Bis zum Fellwechsel der im Alter von acht Monaten bis zu eineinhalbt Jahren stattfindet, sollten die Tiere Regen also besser gar nicht ausgesetzt sein.1

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Wie man Esel ernährt

Wie eingangs beschrieben, ist der Esel der Herkunft nach ein Wüstentier. Das bedeutet, dass sein Stoffwechsel auf effiziente Verwertung von einem kargen Nahrungsangebot ausgelegt ist. Da Esel also eher den Mangel als den Überfluss kennen, neigen sie, wenn man sie auf eine reichhaltige Weide oder eine Feuchtwiese stellt, dazu, zu viel davon zu sich zu nehmen.

Das Futterangebot entspricht also überhaupt nicht den Bedürfnissen der Tiere, wie mir auch Uta Over, Wolfsbeauftragte der Noteselhilfe e.V. und Christine Möller von den Eselfreunden im Havelland e.V. bestätigen.

Auch den „Haltungsempfehlungen für Esel“ zufolge leiden in Deutschland die Tiere weit häufiger an Über- als an Unterernährung. Die Mehrzahl der Tiere weise bspw. eine unregelmäßige Hufbeschaffenheit als Folge von Energie- und Proteinüberschüssen in der Futterration auf. Dies kann auf Dauer zu verschiedenen Stoffwechselerkrankungen, sowie zu dem Auflösen von Leberzellen durch Verfettung und Erkrankungen der Hufe führen. „Wenn sich bei ihnen zu viel Protein anreichert, dann kippt ihr Stoffwechsel,“ sagt Uta Over zu PETBOOK.

Pflanzen, die sich zur Ernährung von Eseln eignen

Das Futterangebot muss also art- und bedarfsgerecht für die Wüstentiere sein. Dazu zählen unter anderem

  • energiearmes Heu,
  • Gehölze,
  • Stroh
  • und magere Wiesen mit hohem Kräuteranteil.

Als Faustformel dafür, wie viel von diesem geeigneten Futter Esel pro Tag zu sich nehmen sollen gelten zwei bis drei Kilogramm auf 100 Kilogramm Körper-Normalgewicht pro Tag.

Außerdem wird empfohlen, ganztägig faserreiches, energie- und proteinarmes Stroh und Heu anzubieten, wobei das Stroh anteilig mehr vorhanden sein sollte. Dabei sollte man auf eine bedarfsgerechte Portionierung achten und Fresspausen mithilfe von Heuraufen oder engmaschigen Netzen regulieren.

Außerdem müssen Esel für eine geregelte Verdauung Holz in Form von Ästern, Zweigen und Büschen zu sich nehmen. Allerdings ist hier auch große Sorgfalt geboten, denn viele heimische Pflanzen und Bäume sind für Esel giftig oder nicht verdaulich. Ungiftige Arten sind etwa Weide, Birke, Hasel sowie Obstbäume. Diese sollten ungespritzt und pestizidfrei angeboten werden.1

Auch was Pflanzen auf der Weide angeht, ist Vorsicht geboten, wie eine Auswahl der für Esel giftigen Pflanzen und Bäume belegt.

Für Esel giftige Bäume (eine Auswahl)

  • Ahorn
  • Bittermandel
  • Buche sowie Bucheckern
  • Eibe
  • Eiche
  • Faulbaum
  • Robinie
  • Rosskastanie
  • Schnurbaum
  • Walnussbaum

Für Esel gfitgie Pflanzen und Gewächse (eine Auswahl)

  • Berberitze
  • Berglorbeer
  • Besenginster
  • Blasenstrauch
  • Blauregen
  • Buchsbaum
  • Efeu
  • Engelstrompete
  • Essigbaum
  • Geißblatt
  • Giftsumach
  • Ginster
  • Glycinie
  • Goldregen
  • Heckenkirsche
  • Holunder
  • Johanniskraut
  • Kirschlorbeer
  • Lebensbaum Thuja
  • Liguster
  • Lorbeerrose
  • Mistel
  • Oleander
  • Pfaffenhütchen
  • Rhododendron-Züchtungen
  • Rizinus
  • Rosmarinheide
  • Sauerdorn
  • Schneeball
  • Schneebeere

Ist es erlaubt, Esel im Garten zu halten?

Schon allein an der langen Liste von Heckenpflanzen und Bäumen, die sich häufig in Gärten wiederfinden, sollte klar sein, dass man Esel besser nicht im Hintergarten auf Rollrasen hält. Auch nicht, wenn sie in den sozialen Medien immer wieder im Mini-Format auftauchen oder ein Zwergesel gar im Haus gehalten wird.

Denn Esel haben einen hohen Platzbedarf. Der Richtwert laut den Haltungsempfehlungen beläuft sich auf 500 Quadratmeter für zwei Esel, für jedes weitere Tier 150 Quadratmeter.1

Zudem gibt es auch rechtliche Bedingungen, die dagegensprechen, einen Esel jeglicher Größe in einem Wohngebiet zu halten. Laut Paragraph 14 der Baunutzungsverordnung sind Einrichtungen für Kleintierhaltung dort bis zu einer bestimmten Größe erlaubt. Allerdings zählt der Esel legal nicht als Kleintier, sondern als Nutztier, selbst wenn man sie nicht gewerblich hält. In einem reinen Wohngebiet darf man Esel also nicht halten, wie auch das Verwaltungsgericht Augsburg 2014 urteilte.2

Abgesehen vom Platzbedarf, gelten ein Eselstall und eine Koppel in der Stadt als nicht ortsüblich. Außerdem können Streitigkeiten mit den Nachbarn entstehen, denn Esel zählen nicht gerade zu den leisesten Tieren. So könne ihr lauter, aber artgemäßer Eselschrei, in Wohngebieten potenziell zu Problemen führen.1

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Wie man Esel richtig hält und pflegt

Wie sollte denn nun eine gute Koppel für Esel aussehen? Neben viel Platz brauchen die Tiere auch eine magere Wiese, häufig auch Kargweide genannt. Dort sollte kein proteinreiches Gras stehen, sondern faserreiche Sträucher, Halbsträucher sowie Disteln.

Ergänzend benötigen sie sowohl als Schutz vor Hitze, als auch vor Wind und Wetter, einen Stall. „Sie brauchen einen dreiseitg geschlossenen Unterstand“, erklärt Christine Möller. Dieser muss trocken, wind- und zuggeschützt sein. Allerdings darf man Esel weder ohne Bewegungsfläche ganzjährig im Stall halten, noch ganzjährig nur auf der Weide. Beide Haltungsformen seien aus Tierschutzgründen abzulehnen.1

Jeder Esel muss im Stall entsprechend Platz finden. Als Faustregel gilt hier die doppelte Widerristhöhe zum Quadrat. Ein 1,4 Meter großer Esel muss also 2,8 x 2,8 Meter Platz im Unterstand haben. Insgesamt also mindestens 5,6 Quadratmeter.

Futter und Wasser

Sofern außerhalb des Stalles Futter angeboten wird, ist grundsätzlich ein überdachter, befestigter Futterplatz einzurichten, der jederzeit „trockenen Hufes“ erreicht werden kann.
Futter ist so aufzubewahren, dass es nicht verderben oder verschmutzen kann.1

Der tägliche Wasserdedarf von Eseln liegt bei acht bis zehn Litern je 100 Kilogramm Körpergewicht. Da Esel jedoch in der Natur sehr wählerisch sind, was ihre Wasserquellen betrifft und manchmal lieber nicht trinken, als sich zu vergiften, sollte die Wasserqualität dem Anspruch genügen. Wasserbehälter oder Tränken müssen täglich auf Funktion und Sauberkeit überprüft werden. Esel, die eine Tränkeeinrichtung nicht kennen, gewöhnen sich möglicherweise schwer daran.1

Pflege

Man sollte Esel zudem an tägliche Pflege und Gesundheitskontrolle gewöhnen. Hier heißt es laut den Haltungsempfehlungen täglich eine Stunde für Check-ups der Tiere einzuplanen. Denn Esel schätzen nicht nur die Aufmerksamkeit – ihre Hufgesundheit, Fellstruktur und Fressgewohnheiten sollten auch regelmäßig auf Auffälligkeiten geprüft werden.

Denn Esel sind durch ihre genügsame Art und ihr Leben in unwirtlichen Regionen gewohnt, lange zu verstecken, wenn es ihnen nicht gutgeht. Wie Uta Over, langjährige Wolfsbeauftragte der Noteselhilfe e.V. und selbst Eselhalterin, PETBOOK erklärte, zeigen Esel erst nach einem langen Leidensweg, wenn es ihnen nicht gut geht. Zum Beispiel, wenn die Tiere lange Zeit auf einer für die ungeeigneten Sattweide gestanden haben.

Häufige Krankheiten

Esel sind von ihrem Naturell her eher duldsam und stoisch. Krankheitssymptome und Schmerzen zeigen sie weniger deutlich als Pferde. Typisches Ausdrucksverhalten eines
kranken Esels sind jedoch die sogenannten Helikopterohren, die anstatt aufrecht zu stehen, zur Seite herunterhängen. Weitere Schmerzanzeichen von Eseln werden häufig als „störrisches“ Verhalten fehlinterpretiert, sprechen aber in der Regel dafür, dass ein gesundheitliches Problem vorhanden ist.

Hält man Esel, sollte man außerdem regelmäßig ihre Hufe kontrollieren. In ihren Herkunftsländern reiben sich ihre diese beim Laufen auf Steinen, harten und sandigen Böden ab. In Koppelhaltung ist dies aber nicht gegeben, weshalb Hufgesundheit der Tiere ständiger Kontrolle bedarf. Bereits Jungtiere sollte man daher an regelmäßiges Anheben der Hufe gewöhnen. Denn die Hufrehe und andere Erkrankungen zählen zu den häufigsten Krankheiten, die Esel bekommen können, wie Christine Möller PETBOOK bestätigt. „Man sieht es sogar in den Hufen, wenn die Blutversorgung der Kapillargefäße abstirbt, weil sie mit Eiweiß und Zucker vergiftet sind.“

Dies ist auch ein Symptom des wohl größten Problems: die oft falsche Nahrungsgrundlage der Tiere. Denn der Stoffwechsel von Eseln kann lebensbedrohend entgleisen, wenn sich ein Energiemangel durch ungenügende Futteraufnahme einstellt.1 „Das erste Anzeichen sind die schmerzhaften Hufe und dann kommt Fettleber dazu“, sagt die langjährige Eselhalterin Uta Over. Der Körper mobilisiert dann Fettreserven, wodurch sich ein erhöhter Blutfettgehalt, auch Hyperlipidämie oder Fettmobilisationssyndrom genannt, entwickeln kann. „Und dann ist es fast nicht mehr regulierbar“, sagt Uta Over. Die Hyperlipidämie führt im schlimmsten Fall zu multiplem Organversagen von Eseln.

Louisa Stoeffler
Redakteurin

Mein Fazit

Seitdem ich denken kann, mag ich Esel unglaublich gern. Allerdings weiß ich nun, dass die Tiere Ansprüche haben, denen man mit wenig Zeit und Platz unmöglich gerecht werden kann und Eselhaltung für Laien wie mich eher nicht das Richtige ist.
Auch war die gut gemeinte Möhre, die ich meinem Eselfreund immer gern zukommen lassen wollte, im Nachhinein betrachtet nicht geeignet für ihn.
Noch immer gibt es meiner Meinung nach zu viele Vorurteile gegenüber diesen stoischen Tieren. Schon allein, dass Josef scheinbar immer wusste, wann ich mit dem Bus ankam und er aktiv seine Streicheleinheiten eingefordert hat, zeigt mir, wie schlau diese Tiere doch sind.

Themen Esel

Quellen

  1. Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, „Haltungsempfehlungen für Esel“, PDF. ↩︎
  2. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Az: 15 ZB 12.2736, Beschluss vom 03.04.2014, openjur. ↩︎
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