19. Dezember 2023, 17:27 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Esel sind in Ostafrika wichtige Nutztiere und oft die einzige Existenzgrundlage der Menschen. Doch der Handel mit Eselhaut, die in einigen Ländern als Wundermittel gilt, führt zu Diebstählen. Dabei haben es die Tiere durch Dürre und Armut in den Ländern ohnehin schon schwer genug. Doch wie kann man den Tieren helfen? PETBOOK sprach mit der Welttierschutzgesellschaft, die sich seit Jahren für den Eselschutz in Ostafrika einsetzt.
Esel sind im Osten Afrikas nicht nur Nutztiere. Oft dienen sie den Menschen als treue Gefährten und sind nicht selten deren einzige Existenzgrundlage. Doch der Handel mit Eselhaut floriert, denn sie gilt in Ländern wie China als „Wundermittel“. Da die Zucht den Bedarf schon lange nicht mehr deckt, werden die Herdentiere oft gestohlen oder für Geld verkauft. Die Welttierschutzgesellschaft (WTG) setzt sich seit vielen Jahren für den Eselschutz ein. Mittlerweile ist er sogar zu einem besonderen Herzensprojekt der Tierschützer geworden. Warum das so ist und wie die WTG gegen Eselhaut-Produktion und für eine bewusstere Haltung der Tiere kämpft, erzählt Pressesprecher Christoph May im PETBOOK-Interview.
PETBOOK: Lieber Herr May, sprechen wir über ein Herzensprojekt der Welttierschutzgesellschaft. Für die Esel in Afrika setzen Sie sich bereits seit Jahren ein. Welche Schritte gehen Sie im Kampf gegen den immer noch verbreiteten Handel mit der Haut der Tiere?
Christoph May: „In den vergangenen Jahren mussten wir mit unseren lokalen Partnern verschiedene Wege gehen, um den zahlreichen Tierschutzproblemen von Eseln zu begegnen. Der Handel mit Eselshäuten war dabei eine besondere Herausforderung. Gerade unser Projektland Kenia hatte sich mit landesweit vier Esel-Schlachthäusern zum Zentrum der Exporte von Ostafrika nach China entwickelt.
Auch im Nachbar- und unserem Einsatzland Tansania wurde der Eselhauthandel zum Problem. Hier haben wir vor knapp sechs Jahren begonnen, durch Informationsarbeit in der Bevölkerung auf die Gefahr hinzuweisen. Unter anderem durch den Bau von Gehegen wurden die Tiere nachts sicher untergebracht, damit sie – wie leider zuvor trauriger Alltag – nicht mehr zu Opfern von Diebstählen für den Eselhauthandel werden.“
Größter Erfolg für den Eselschutz: Handel in Ostafrika nahezu zum Erliegen gekommen
Wie sind Sie bei der Aufklärung der Bevölkerung vorgegangen?
„Hier haben wir zunächst Grundlagenarbeit geleistet und die katastrophale Situation in den Schlachthäusern dokumentiert. In Gesprächen mit Eselhalter und -halterinnen haben wir die Folgen der grassierenden Eseldiebstähle erörtert.
Es wurde dabei auch politischen Entscheider und Entscheiderinnen klar: Der Handel geht nicht nur massiv auf Kosten der Tiere, sondern schadet auch der Bevölkerung. Aktuell ist der Eselhauthandel aus Ostafrika auch durch den öffentlichen Druck von Organisationen wie uns nahezu zum Erliegen gekommen.
Unser Einsatz in Ostafrika bleibt aber aktiv: Zum einen beobachten wir genau, wie sich die Situation entwickelt, zum anderen widmen wir uns jetzt der zahlreichen weiteren Tierschutzprobleme, die für die Esel in Ländern wie Tansania und Kenia Leiden bringen.“
Sechs Monate Dürre machen auch Eseln zu schaffen
Besonders in Tansania leiden die Tiere ja zusätzlich unter anhaltender Dürre. Wie versorgt man Tiere, wenn vor Ort seit mehr als einem halben Jahr kein Regen mehr gefallen ist?
„Die klimatischen Bedingungen in der Region Shinyanga sind extrem, besonders hinsichtlich der Trockenheit. Grundsätzlich sind Esel an diese Umweltbedingungen angepasst und kommen mit karger Nahrung gut zurecht. Doch die immer längeren Dürreperioden setzen auch den Eseln stark zu.
Es droht ein Teufelskreis für sie: Während sie immer stärker körperlich abbauen, werden ihre Wege zur nächsten Wasserstelle immer länger, da immer mehr Quellen versiegen.
In dieser Notsituation haben wir bereits mehrfach dabei unterstützt, dass die Tiere wohlbehalten durch diese klimatisch bedingten Extremsituationen kommen und nicht versterben. Oder von ihren Haltern und Halterinnen verkauft werden müssen, weil diese sie wegen steigender Futterpreise nicht mehr versorgen können.“
Wie sieht das im Einzelnen vor Ort aus?
„Ganz konkret versorgen wir dann die geschwächten Tiere tiermedizinisch im Rahmen von mobilen Kliniken. Wir stellen ihnen zusätzliches Futter, Wasser und Mineralblöcke bereit. Darüber hinaus leisten wir laufend im Rahmen eines Projektes Informationsarbeit und eine mobile Tierversorgung, um die Lebensbedingungen und die Gesundheit der Tiere langfristig zu verbessern.“
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»Harte Realitäten müssen bei Tierschutzarbeit mitberücksichtigt werden
Die empfindlichen Herdentiere werden oft nicht artgerecht gehalten und müssen schwer arbeiten. Wie können Tierschützer mit ihrer Arbeit auch langfristig die Situation der Esel verbessern?
„Das gelingt uns vor allem dadurch, dass wir in unseren Projekten das Ziel haben, an der Wurzel der Tierschutzprobleme anzusetzen. Insbesondere durch die Bildungsarbeit, durch die wir auch langfristige Veränderungen bewirken können.
Bei der Informationsarbeit zur Haltung von Nutztieren ist immer auch wichtig, die Vorteile für die Halter und -halterinnen und ihre Familien aufzuzeigen. Wenn die Menschen verstehen, dass eine verbesserte Pflege und Haltung ihrer Tiere dazu führen, dass diese länger gesund bleiben und daher die Familien auch länger den oft lebensnotwendigen Verdienst mit ihren Tieren erwirtschaften können, dann kann das auch der Auftakt zu einer erhöhten Fürsorge für das Tier sein. Es ist also wichtig, dass wir diese oftmals harten Realitäten in unseren Projektländern mitberücksichtigen.“