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Gemütsregung bei Geflügel

Studie zeigt erstmals, dass Hühner erröten können

Nahaufnahme eines Haushuhns
Auch Hühner erröten, wenn sie sich aufregen, wie französische Forscher herausfanden Foto: Getty Images
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

29. Juli 2024, 17:34 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Lange dachte man, nur der Mensch könne erröten. Nun erbrachten französische Forscher erstmals den Beweis, dass dies auch bei Hühnern der Fall ist. Dies könnte nicht nur helfen, das Verhalten der Tiere besser zu verstehen, sondern auch bei der Beurteilung des Tierwohls in der landwirtschaftlichen Haltung helfen.

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Wurden Sie auch immer rot, wenn Sie vor der ganzen Klasse ein Referat oder ein Gedicht vortragen mussten? Wahrscheinlich würde das auch einem Huhn passieren, wie französische Wissenschaftler jetzt herausfanden. In einer Studie untersuchten sie die Emotionen von Haushühnern (Gallus gallus domesticus) und stellten fest: Wenn sich weibliche Hühner aufregen, plustern sie nicht nur ihre Federn am Kopf auf – sie erröten auch im Gesicht.

Warum erröten wir?

Wir Menschen erröten vor allem in Situationen, die wir als unangenehm oder peinlich empfinden. Das verdanken wir unserem Nervensystem. Während ein Teil davon, der sogenannte Parasympathikus, uns erstarren lässt, wenn wir uns schämen, sorgt der Sympathikus dafür, dass unser Puls höher wird und sich die Blutgefäße in der Gesichtshaut weiten. Dadurch füllen sie sich mit mehr Blut und wir werden rot. 1

Ob das beim Erröten bei Hühnern auf ähnliche Weise zustande kommt, ist noch unklar, wie die Forscher in der Diskussion der Studie schreiben, die in der Online-Fachzeitschrift „PLOS ONE“ veröffentlicht wurde. Die Gründe sollen aber ähnlich sein.

Forscher untersuchten Emotionen von Hühnern

Das Erröten der Hühner entdeckten die Forscher eher zufällig, denn eigentlich wollten Aline Bertin, leitende Autorin am französischen Nationalen Forschungsinstitut für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt, und ihr Team vor allem die Gesichtsausdrücke der Tiere untersuchen.

„Die Gefühlswelt der Vögel ist im Vergleich zu der von Säugetieren noch weitgehend unerforscht“, zitiert die britische Tageszeitung „The Guardian“ die Wissenschaftlerin. „Wir wollten herausfinden, ob sich bei Vögeln auch Gesichtsmarker von Emotionen erkennen lassen, mit dem ultimativen Ziel, ihre emotionalen Fähigkeiten besser zu verstehen und zu berücksichtigen.“

Hühner stellen bei Angst die Federn auf

Dafür filmten Bertin und ihr Team das Verhalten von zwei Gruppen von Hühnern: zehn aus kommerzieller Haltung und acht aus privater Haltung. Sie brachten die Tiere dafür in Situationen, die unterschiedliche emotionale Reaktionen und Erregungsgrade hervorrufen sollten. So empfanden die Hühner etwa eine Belohnung mit Futter als positiv und anregend, während das Hochheben und Festhalten durch einen Versuchsleiter mit Aufregung, aber auch Angst verbunden war.

Die Auswertungen der Filmaufnahmen zeigten, dass sich die Emotionen der Tiere unter anderem an der Position der Federn am Kopf ablesen ließen. Während die Hühner fraßen, also positive Emotionen empfanden, lagen die Federn glatt am Kopf an. Waren die Hühner aufgeregt, änderte sich die Position der Federn. Viele Hühner stellten diese beispielsweise auf.

Erster Nachweis, dass weibliche Hühner erröten können

Das aufregendste und informativste Ergebnis sei jedoch das Erröten der Hühner und seine Beziehung zu Emotionen gewesen, schreiben die Forscher in ihrer Studie. So sei die Hautrötung des Gesichts in Situationen mit positiver Wertigkeit und geringer Erregung, in denen die Vögel ruhig und zufrieden waren, wie etwa Ausruhen, Putzen und Füttern, geringer als in Situationen mit negativer Wertigkeit und hoher Erregung. Dazu gehörten Situationen, in denen die Hühner Angst hatten und eingefangen wurden.

Grafik aus der Studie „Facial blushing and feather fluffing are indicators of emotions in domestic fowl (Gallus gallus domesticus)“
Die Abbildung aus der Studie zeigt dieselbe Henne beim Ausruhen (ohne Röte im Gesicht) und beim Erschrecken (errötend). Foto: 2024 Arnould et al. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0306601

Auch wenn die Untersuchung lediglich 18 Tiere umfasst – was statistisch gesehen sehr gering ist, um wissenschaftlich fundierte Aussagen zu treffen – liefere die Studie zum ersten Mal den Nachweis, dass weibliche Hühner in Situationen hoher Erregung erröten, fassen die Autoren die Ergebnisse zusammen. Zudem wurde das Erröten ähnlich stark bei den beiden untersuchten Gruppen beobachtet, was die Robustheit der Beobachtungen unterstreiche und auf eine funktionelle Rolle dieser Gesichtsdarstellungen hindeutet.

Oder um es anders zu sagen: Weil durchweg alle weiblichen Hühner in der Studie in Situationen erröteten, in denen sie aufgeregt waren, sind die Forscher sich ziemlich sicher, dass es sich hier nicht um einen Zufall handelt, sondern Erröten ein sicherer Indikator für Stress der Tiere sein kann.

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Ergebnisse könnten helfen, Wohlergehen von Geflügel zu verbessern

„Wir kommen zu dem Schluss, dass Hühner Gesichtsausdrücke haben, die ihre Emotionen offenbaren, und dass Erröten nicht nur beim Menschen auftritt“, schreiben Bertin und ihre Kollegen. „Dies eröffnet einen vielversprechenden Weg, um das Gefühlsleben von Vögeln zu erforschen, was ein entscheidender Schritt ist, wenn es darum geht, das Wohlergehen von Geflügel zu verbessern.“2

Auch Dr. Paul Rose, der an der Universität von Exeter in England Tierverhalten erforscht und an der Studie nicht beteiligt war, sagte, die Ergebnisse könnten zu glücklicheren Hühnern führen. Er sagte „The Guardian“ dazu: „Um die Beurteilung des Tierwohls in der Industrie zu verbessern, sind schnelle, einfache und zuverlässige Indikatoren von entscheidender Bedeutung. Die Autoren scheinen einige entdeckt zu haben, insbesondere beim Aufplustern der Federn, das meiner Meinung nach für Tierpfleger oder Landwirte leicht zu beobachten und als Hinweis darauf zu identifizieren wäre, dass ihre Vögel zufrieden sind.“

Themen Hühner

Quellen

  1. Institute of Science and Technology.at, „Warum erröten wir?“ (aufgerufen am 29.07.2024) ↩︎
  2. Arnould, C., Love, S. A., Piégu, B., Lefort, G., Blache, M. C., Parias, C., ... & Bertin, A. (2024). Facial blushing and feather fluffing are indicators of emotions in domestic fowl (Gallus gallus domesticus). PloS one, 19(7), e0306601. ↩︎
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