15. Juli 2024, 17:04 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Man hört und liest immer mal wieder das Gerücht, Hühner könnten nicht fliegen. Tatsächlich kommen die Flügel unserer Haushühner heute nur noch selten zum Einsatz. Haben die Tiere verlernt zu fliegen, oder sind sie anatomisch nicht mehr in der Lage? PETBOOK-Redakteurin und Biologin Saskia Schneider erklärt, woher das Gerücht stammt, Hühner könnten nicht fliegen, und was wirklich dran ist.
Hühner gehören nicht unbedingt zu den Vögeln, die durch ihre Flugkünste beeindrucken. Oft wirkt es ziemlich unbeholfen, wenn die sich die Tiere flatternd in die Luft erheben. Manche sind sogar so schlecht darin, dass viele Menschen überzeugt sind, Hühner könnten gar nicht fliegen. Tatsächlich trifft das auf einige Rassen mittlerweile zu. Schaut man sich aber die wilden Verwandten unserer Haushühner an, stellt man fest, dass die Tiere durchaus in der Lage sind, kurze Strecken zu fliegen.
Wie Vögel fliegen
Beim Fliegen bewegen Vögel ihre Flügel nicht nur auf und ab, sondern in Wellenbewegungen. Dies erzeugt eine Kraft nach vorn, die den Vogel in die Luft hebt. Ein stromlinienförmiger Körperbau und ein geringes Körpergewicht unterstützen die Flugfähigkeit der Tiere. Schaut man sich zudem die Spannweite der Flügel der meisten Vögel an, ist diese im Vergleich zum Körper relativ groß.
Bei Hühnern sieht das Ganze etwas anders aus. Im Vergleich zum Körper besitzen die Tiere eher kurze Flügel. Ihr Körper ist massiger als der anderer Vögel. Daher besitzen sie nicht die gleiche Flugkraft. Allerdings sind sie durchaus noch in der Lage zu fliegen, wenn auch nicht besonders hoch und nur für kurze Strecken.
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Warum Hühner so schlecht fliegen
Schaut man sich in der Vogelwelt um, gibt es viele Arten, die schlecht oder gar nicht fliegen können. Das berühmteste Beispiel sind die Laufvögel wie der Strauß. Aber auch Wachtel oder Auerhahn gehören dazu. Allen gemein ist, dass sie ihre Nahrung in der Erde finden und sich daher im Laufe der Evolution auf ein Leben am Boden spezialisiert haben.
Ähnlich ist es beim Huhn. Unsere heutigen Haushühner stammen alle vom Bankivahuhn (Gallus gallus) ab. Diese wildlebende Stammform lebt heute noch in Süd- und Südostasien. Allerdings nicht auf freier Fläche, sondern versteckt an Waldrändern und im Unterholz. 1
Diese Hühner können besonders gut fliegen
Bankivahühner ernähren sich überwiegend von Sämereien und Insekten. Sie finden ihre Nahrung also vor allem auf dem Boden. Dort bewegen sie sich sicher und auch schnell. Bis zu 14,5 Kilometer pro Stunde können Hühner laufen. Fliegen tun sie dagegen nur in Notsituationen, um Fressfeinden zu entkommen, oder um einen hoch gelegenen Schlafplatz zu erreichen. Dabei können Bankivahühner durchaus ein paar Meter in die Höhe steigen und ein paar hundert Meter zurücklegen.2
Auch wenn das Fliegen nicht zur Stärke der Hühner gehört, gibt es einige Rassen, die darin besser sind verglichen zu anderen. Dazu gehören vor allem die Wildhuhnrassen mit einem schlanken Körperbau und einem Gewicht von rund einem Kilogramm wie das Minorca-Huhn, das Leghorn-Huhn, das Araucana-Huhn oder das Hamburger Huhn.3
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Darum fliegen viele Hühner nicht (mehr)
Viele Hühnerrassen wurden auf Masse gezüchtet. Dies ist auch der Hauptgrund, warum viele Hühner heute nur noch schlecht oder kaum mehr fliegen. Tiere mit einem Gewicht von drei Kilogramm oder mehr sind so massig, dass sie beim Schlagen mit den Flügeln kaum noch abheben und eher Springen oder Hüpfen.4
Ein weiterer Grund, warum viele Hühner nicht fliegen, ist, weil ihnen die Flügel gestutzt werden. Denn vor allem die kleinen und leichten Rassen sind sonst durchaus in der Lage, über den Zaun zu flattern und so Opfer von Fuchs oder Marder zu werden. Die Methode ist für die Tiere nicht schmerzhaft, wird von einigen Tierschützern aber trotzdem kritisch betrachtet, weil es das Stutzen für die Tiere Stress verursachen und – wenn falsch durchgeführt – sogar zu Verletzungen führen kann.