2. Oktober 2024, 11:53 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Es gibt Dinge, die so seltsam klingen, dass man sie direkt ins Reich der Fantasie verbannen möchte. Doch die skurrile Geschichte eines Mannes, der ein hybrides, monströs großes Frankenstein-Klon-Schaf im US-Bundesstaat Montana erschuf, ist wahr. Nun fiel das Urteil in einem der skurrilsten Tierrechtsfälle der letzten Jahre. PETBOOK beleuchtet die Hintergründe.
Es ist eine Geschichte, die man zunächst nicht glauben will, oder in einer sehr schlechten Weitererzählung von Mary Shelleys Roman „Frankensteins Monster“ verorten würde. Ein Mann in Montana kreuzte über zehn Jahre hinweg Schafe und erschuf so Klon-Tiere einer in der Wildnis nur selten vorkommenden und bedrohten Art. Alles mit dem Ziel, das größte Schaf der Welt zu erschaffen. Allerdings steckt dahinter kein Wissenschaftler mit Größenwahn, wie der Protagonist in Mary Shelleys berühmtem Werk. Der 81-jährige Farmer, der sich bereits selbst für schuldig bekannte, hatte einen ganz anderen Grund für das Ganze. Nun fiel das Urteil in einem so skurrilen Prozess, dass auch der Richter sich schwertat, wie die Nachrichtenagentur Associated Press berichtete.
81-jähriger Monsterschafzüchter muss in Haft
Laut den Informationen der Nachrichtenagentur war die Urteilsfindung für Brian Morris, Richter des US-Bezirksgerichts, schwer. Denn das Strafmaß für Arthur „Jack“ Schubarth aus Vaughn, Montana, könnte zum Präzedenzfall werden. Bei der Entscheidung habe das Alter des Farmers sowie auch sein bislang leeres Strafregister eine Rolle gespielt. Allerdings habe Morris diese Tatsachen mit einer Strafe abgewogen, die jeden anderen davon abhalten würde, zu versuchen, „die genetische Zusammensetzung der Lebewesen“ auf der Erde zu verändern.
So urteilte Morris schließlich, dass der 81-jährige Farmer für seine Taten sechs Monate in Haft muss. Zudem wurde er zu einer Geldstrafe von 20.000 Dollar verurteilt. Der Richter wies ihn zudem an, 4.000 Dollar an die U.S. Fish and Wildlife Foundation zu zahlen. Schubarth darf sich selbst bei einer medizinischen Einrichtung des Bureau of Prisons melden. Somit wird er wohl nicht im offenen Vollzug enden. Vor Gericht zeigte er sich laut der AP reumütig und bekräftigte kurz vor der Urteilsverkündung: „Ich werde den Rest meines Lebens daran arbeiten müssen, alles wiedergutzumachen, was ich getan habe“.
US-Justizministerium legt Fall der Klon-Schafe in Montana dar
Der Fall um Schubarth und die von ihm gezüchtete Schafrasse des „Montana Mountain King“ hatte im März 2024 weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Laut einer Pressemitteilung des Büros für öffentliche Angelegenheiten des US-Justizministeriums hatte der Farmer in Montana über zehn Jahre versucht, das ultimative „Frankenstein-Schaf“ zu erschaffen. Der Angeklagte habe am Handel mit Teilen von Marco-Polo-Schafen aus Kirgistan gearbeitet.
Im Prozess selbst ging es daher um verschiedene Strafbestände. Einerseits um das nicht autorisierte Klonen von Schafen und die illegale Besamung von Mutterschafen zur Erzeugung von Hybriden. Andererseits wurde Schubarth der illegale Handel mit Teilen von Rocky-Mountain-Bighorn-Schafen und die Einfuhr der kirgisischen Schafe zur Last gelegt.
Der geständige Farmer aus Vaughn in Montana widmete sich auf seiner Ranch eigentlich der Zucht und dem Verkauf von „alternativem Vieh“. Doch Bergschafe, -ziegen und verschiedene weitere Huftiere reichten ihm wohl nicht mehr. Denn Hauptabsatzmarkt für Schubarths Vieh war die Eigenjagd – ein fragwürdiger Trend, bei dem Tiere in Gefangenschaft aus Freude auf der eigenen Farm geschossen werden.
Den Gerichtsdokumenten zufolge hat sich Schubarth zwischen 2013 und 2021 mit mindestens fünf anderen Personen verschworen, um dafür eine größere Schafhybridart zu schaffen. Diese solle höhere Preise bei den Jagdeinrichtungen und Enthusiasten erzielen. Die Mitverschwörer traten im Prozess jedoch nicht auf.
Bedrohte Tierarten gewildert und ins Labor geschickt
Laut dem US-Justizministerium brachten Schubarth und weitere Personen dafür Teile des größten Schafs der Welt aus Kirgistan in die Vereinigten Staaten. Ein durchschnittliches männliches Marco-Polo-Schaf bringt mehr als 300 Pfund (ca. 136 Kilogramm) auf die Waage und hat Hörner, die eineinhalb Meter lang sind.
Schafe der Art Marco-Polo-Argali sind in den Hochlagen der Pamir-Region in Zentralasien heimisch. Sie sind durch das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten geschützt. Im Bundesstaat Montana sind sie zudem verboten, um die einheimischen Schafe vor Krankheiten und Hybridisierung zu schützen.
„Dreister Plan zur Schaffung massiver Hybridschafarten“
Allerdings hatte es Schubarth wohl nicht nur auf die Marco-Polo-Schafe, sondern auch auf Dickhornschafe aus Montana selbst abgesehen. In den Gerichtsdokumenten wird auch beschrieben, wie der Farmer illegal genetisches Material von wild gejagten Rocky-Mountain-Schafen erwarb.
„Dies war ein dreister Plan zur Schaffung massiver Hybridschafarten, die als Trophäen verkauft und gejagt werden sollten“, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Todd Kim von der Abteilung Umwelt und natürliche Ressourcen (ENRD) des Justizministeriums in der Pressemitteilung aus dem März.
Bei der Verfolgung dieses Plans habe Schubarth gegen internationales Recht und das Lacey-Gesetz verstoßen. Diese schützten den Fortbestand und die Gesundheit der einheimischen Tierpopulationen. Das Lacey-Gesetz verbietet in den USA unter anderem den illegalen Handel mit Wildtieren. Zu ihrem eigenen, aber auch für den Schutz der heimischen Tiere vor invasiven Arten.
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Klon-„Montana Mountain King“ sollte wertvollstes Schaf der Welt werden
Da Schubarth selbst kein Wissenschaftler ist, schickte er genetisches Material aus den Argali-Teilen an ein Labor. Dies erzeugte dann geklonte Embryonen. Anschließend wurden diese dann auf seiner Ranch in Mutterschafe eingepflanzt. Das Ergebnis war ein einziges, genetisch reines männliches Marco-Polo-Argali, das er „Montana Mountain King“ oder MMK nannte. Die Nachkommen dieses Schafs – die neue hybride Super-Rasse – wollte er bezeichnenderweise „Montana Black Magic“ nennen: Schwarze Magie aus Montana.
In den Gerichtsdokumenten wird außerdem erläutert, wie Schubarth mit den anderen ungenannten Mitverschwörern zusammenarbeitete. Sie wollten das Sperma von „MMK“ zur künstlichen Befruchtung verschiedener anderer Schafarten verwenden. Diese seien in Montana jedoch allesamt verboten. Um die Tiere aus dem Bundesstaat herauszubringen, hätten Schubarth und die anderen Personen daher tierärztliche Kontrollbescheinigungen gefälscht.
„Die Art von Verbrechen, die wir hier aufgedeckt haben, könnte die Integrität unserer Wildtierarten in Montana bedrohen“, sagte Ron Howell, Chief of Enforcement für Montana Fish, Wildlife & Parks (FWP) in der Pressemitteilung der Justizbehörde. „Dies war ein komplexer Fall, und die Partnerschaft zwischen uns und dem U.S. Fish and Wildlife Service war entscheidend für die Lösung des Falles.“
Weitere Quellen
- „Phys.org“, „‚Hybrid‘ US sheep breeder used endangered genetic material, faces jail“ (aufgerufen am 18.03.2024)
- Gizmodo.com, „Montana Man Pleads Guilty to Creating Massive Franken-Sheep With Cloned Animal Parts“ (aufgerufen am 18.03.2024)