8. Dezember 2022, 14:03 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Mit ihrer klebrigen, schnell hervorschießenden Zunge machen Frösche und Kröten Jagd auf Beute. US-amerikanische Wissenschaftler haben nun erstmals erforscht, was dabei im geschlossenen Maul von Aga-Kröten geschieht. Die Erkenntnisse sind erstaunlich: Die Kröten verschlucken beim Fressen ihre eigene Zunge. Wie das möglich ist und was dabei noch Außergewöhnliches geschieht, erklärt PETBOOK.
Die klebrige Zunge von Fröschen und Kröten kann sich bei der Nahrungsaufnahme als problematisch erweisen. Denn die Beute muss sich beim Fressen auch wieder von ihr lösen können. Wissenschaftler haben lange darüber gerätselt, wie die Amphibien diese Problematik lösen. Bisher war es jedoch nicht möglich, die Vorgänge innerhalb des geschlossenen Mauls zu untersuchen. Mithilfe von Röntgen- und Hochgeschwindigkeits-Videoaufnahmen gelang es Wissenschaftlern nun erstmals, das Fressverhalten von Kröten zu dokumentieren. Bei der Krötenart, die untersucht wurde, handelt es sich um die südamerikanische Aga-Kröte. Erstaunlicherweise verschluckt die Kröte beim Fressen nicht nur ihre Beute, sondern auch ihre eigene Zunge. Das Zungenbein wird dabei erstmals mit dem Schluckakt der Kröte in Verbindung gebracht.
Röntgenaufnahmen zeigen, wie die Kröte ihre eigene Zunge verschluckt
Die in der Studie untersuchte Aga-Kröte wird bis zu zwanzig Zentimeter lang und ist dazu in der Lage, große Mengen Insekten zu fressen. Daher habe sie sich optimal für die Versuche der Wissenschaftler um Hauptautorin Rachel Keeffe geeignet. Zur Untersuchung des Fressverhaltens wurden die Tiere in Kästen aus Plexiglas gesetzt und mit Grillen gefüttert. Dokumentiert wurde die Bewegung des Zungenmuskels mithilfe von Röntgenaufnahmen. Dazu befestigte das Team winzige Metallkügelchen an der Zunge und im Mundraum der Kröten. Dank Hochgeschwindigkeitskameras konnten die Forscher das rasend schnelle Verschlucken der Beute aufzeichnen: Um ein Insekt zu fangen, schnellt die Zungenspitze der Kröte hervor und zieht sie im Bruchteil einer Sekunde in ihr Maul zurück. Doch wie geht es anschließend im geschlossenen Maul weiter?
Das, was die Biologen beobachten konnten, verwirrte sie zunächst, wie Rachel Keeffe, Hauptautorin der Studie in einer Meldung des „Florida Museum“ berichtet. „Wir waren uns zunächst nicht sicher, was passierte. Der gesamte Mundboden wurde nach hinten in den Rachen gezogen und die Zunge gleich mit.“ Mithilfe der angebrachten Metallkugeln beobachteten die Wissenschaftler, dass die Zunge beim Fressen nicht nur im Mund der Kröte verweilt. Bis zu viereinhalb Zentimeter tief schießt sie dabei in die Kehle der Kröte hinab.
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Die Beute der Aga-Kröte stößt beim Verschlucken fast an ihr Herz
Mithilfe von 3D-Animationen konnten die Bewegungsabläufe im Maul der Kröten besser untersucht werden. Dabei stellte sich heraus, dass der Fresszyklus deutlich komplizierter ist, als von den Wissenschaftlern zunächst vermutet. Denn die Forscher entdeckten die besondere und bisher unbekannte Funktion des Zungenbeins im Schluckprozess der Kröte. Das Zungenbein ist eine kleine, knorpelige Platte am Mundboden und mit der Zunge verbunden. Die Aufnahmen zeigen, dass sich das Zungenbein der Kröten in den Rachen zurückzieht, sobald die Zunge vollständig ausgerollt ist. Dadurch wird die Zunge mitsamt der Beute in das Maul zurückgeschleudert. Unglaublicherweise stoße das Zungenbein dabei einige Millisekunden lang gegen das Herz der Kröte, erklärt Keeffe in einer Meldung des „Florida Museum“. Daher sei es unklar, wie weit das Zungenbein sich theoretisch im Körper der Kröte zurückbewegen könne.
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Bevor die Aga-Kröte ihre Beute jedoch tatsächlich verdauen kann, muss diese von der Zunge gelöst werden. „Das Zungenbein schießt nach oben und drückt die Zunge gegen den Mundboden, woraufhin sie sich nach vorn bewegt und die Nahrung in die Speiseröhre schabt.“ erklärt Keeffe dem „Florida Museum“ weiter. Die Zunge befinde sich dadurch wieder im Rachen und der Fresszyklus könne erneut beginnen.
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Kröten verschlucken ihre Zunge auch ohne Beute
Während die Aga-Kröte ihre Beute frisst, laufen in sehr kurzer Zeit komplexe Bewegungen ab. Nach weniger als zwei Sekunden befinde sich die Zunge der Kröte erneut in der Ausgangsposition, schlussfolgern die Wissenschaftler um Rachel Keeffe. Die meiste Zeit werde währenddessen dafür verbraucht, die Zunge und das Zungenbein nach dem Schlucken neu zu positionieren. Das Fangen der Beute mithilfe der Zunge sei nur ein sehr kurzer Teil des Fressverhaltens.
Die Wissenschaftler konnten ebenfalls nachweisen, dass die Kröten ihre Zunge selbst ohne Beute verschlucken. Das liege daran, dass die Zunge nach dem Herausstrecken und Zurückziehen für einen weiteren Fresszyklus erneut in den Rachen gelangen müsse – selbst wenn ein Insekt entkommen konnte. Dieses Verhalten unterscheide sich von dem anderer Frosch- und Krötenarten. Es sei möglich, dass bei Aga-Kröten eine einzigartige neuromuskuläre Verbindung bestehe, wie die Forscher in der Studie erklären. Um dies zu überprüfen, seien jedoch weitere vergleichende Studien notwendig. Immerhin seien mehr als 7.000 Froscharten bekannt – das Fressverhalten der Aga-Kröte könnte sowohl Ausnahme als auch Normalität sein.