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Studie zeigt

Klimawandel könnte Kettenreaktion beim Artensterben auslösen

Eine Löwin und ein Löwenjunge
Vor allem Fleischfresser und Allesfresser sind durch Folge-Aussterben bedroht. Foto: Getty Images
Alexandra Beste

22. Dezember 2022, 16:52 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten

Durch den Klimawandel sind Hunderttausende Tier- und Pflanzenarten auf der Erde vom Aussterben bedroht. Doch der Verlust einer Art kann auch das Aussterben weiterer Arten bewirken – eine Kettenreaktion mit gravierenden Folgen, wie die Ergebnisse einer neuen Studie zeigen.

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Klimawandel, Umweltverschmutzung, Abholzung, Überfischung: Die Ursachen für das Artensterben mehren sich. Nach Angaben des Weltbiodiversitätsrats IPBES sind etwa eine Million Pflanzen- und Tierarten auf der Erde vom Aussterben bedroht. Die Zahl könnte aber womöglich noch höher liegen. Denn das Ende einer Art kann direkt oder indirekt zum Aussterben anderer Arten führen – ein Faktor, der laut Wissenschaftlern bislang kaum berücksichtigt wurde.

„Stellen Sie sich eine Raubtierart vor, die aufgrund des Klimawandels ihre Beute verliert. Der Verlust der Beutetierart ist ein primäres Aussterben“, erklärt Corey Bradshaw, Professor für globale Ökologie an der australischen Flinders University, in einer Pressemitteilung. „Da es nichts mehr zu fressen hat, stirbt aber auch das Raubtier aus.“ Dadurch komme es zu einem „Folge-Aussterben“.

Um das Ausmaß solcher „Aussterbeketten“ zu messen, hat Bradshaw gemeinsam mit Giovanni Strona, einem Datenwissenschaftler an der Universität Helsinki in Finnland, drei Zukunftsszenarien mit einem Supercomputer modelliert. Im Fachmagazin Science Advances veröffentlichte das Team seine Ergebnisse – und sie sind ernüchternd: Bis zum Jahr 2050 könnte die Biodiversität um 10 Prozent abnehmen, bis 2100 sogar um bis zu 27 Prozent.

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Simulationsmodel vom Artensterben: unten rechts wird der primäre Verlust der Arten dargestellt, unten links der primäre und sekundäre.

Artensterben als Simulation

Bislang war es Forschern kaum möglich, Folge-Aussterben genauer zu untersuchen. Zu den komplexen Zusammenhängen zwischen Pflanzen, Tieren und Umwelt gab es nämlich nicht ausreichend Daten.

Bradshaw und Strona wählten deshalb einen anderen Ansatz. Sie programmierten ein Computermodell der Erde mit virtuellen Lebewesen und Nahrungsketten. Dann simulierten sie drei Klimaszenarien. Als Grundlage diente der internationale Klimabericht CMIP6. Darin wurden verschiedene Zukunftsmodelle im Hinblick auf Politik, Treibhausgasemissionen und die Verwendung fossiler Brennstoffe ausgewertet.

„Im Wesentlichen haben wir eine virtuelle Welt von Grund auf neu bevölkert und das daraus resultierende Schicksal von Tausenden von Arten auf der ganzen Welt erfasst“, so Strona.

Auch interessant: Das bedeuten die Ziele des UN-Weltnaturgipfels für den Artenschutz  

Artensterben könnte 34 Prozent höher liegen als gedacht

Die Forscher simulierten zunächst nur Faktoren, die Tier- und Pflanzenarten direkt bedrohen. So wie etwa die Erderwärmung oder Abholzung. Im Anschluss führten Bradshaw und Stronas die Simulation unter Berücksichtigung von Aussterbeketten erneut durch.

Der Unterschied war deutlich. „Bis zum Jahr 2100 wird es insgesamt bis zu 34 Prozent mehr Folge-Extinktionen geben, als durch direkte Auswirkungen allein vorhergesagt werden“, erklärt Strona. Noch erschreckender: Laut Bradshaw könnte die Rate, wonach Arten aussterben, bei stark gefährdeten Arten (etwa Fleisch- oder Allesfressern) bis 2100 um bis zu 184 Prozent zunehmen.

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Bradshaw: „Unsere Vorhersagen sind sehr zurückhaltend“

Die Auswertung der Wissenschaftler liefert eine düstere Prognose für die Zukunft. „Kinder, die heute geboren werden und bis zu ihrem 70. Lebensjahr leben, werden das Verschwinden von Tausenden von Pflanzen- und Tierarten miterleben“, so Bradshaw. „Von winzigen Orchideen und kleinsten Insekten bis hin zu ikonischen Tieren wie dem Elefanten und dem Koala.“

Auch das Aussterben von Bestäubern könnte sich auf die Artenvielfalt bei Pflanzen auswirken. Aufgrund mangelnder Daten berücksichtigten die Studienautoren dies nicht in der Simulation. Laut Bradshaw seien die Vorhersagen daher „sehr zurückhaltend.“

Einen positiven Einfluss könnten dafür Saatgutbibliotheken und die Erhaltungszucht haben – wenn auch nur geringfügig. „Wenn wir das Gleichgewicht um 1 bis 2 Prozent verschieben können, sollten wir das tun“, sagte Bradshaw gegenüber dem US-Medium „IFLScience“. „Aber das wird das Problem nicht lösen.“ 

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