10. Juli 2023, 16:57 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Ein neues Gerät namens „Felixer Grooming Trap“ soll helfen, die Populationen wilder Katzen in Australien zu kontrollieren. Es soll Katzen zuverlässig von anderen Tieren unterscheiden können und sie mit einem toxischen Gel bespritzen. Der Gift-Automat wurde von den Bundesbehörden für das Management von Wildkatzen Ende Juni 2023 im ganzen Land zugelassen. Der Einsatz gilt als humane Tötungsmethode – Tierschützer sehen dies allerdings anders.
Wilde Katzen stellen für Australiens einheimische Tierarten eine erhebliche Bedrohung dar. Nun soll ein neues Gerät namens „Felixer Grooming Trap“ (zu Deutsch: Felixer-Putz-Falle) helfen, die Populationen der Tiere zu kontrollieren. Dabei handelt es sich um eine Art Automat, der Katzen zuverlässig erkennen und von anderen Wildtieren unterscheiden soll. Nähert sich ihm eine Katze, beschießt sie der „Felixer“, wie das Gerät auch genannt wird, mit acht Milligramm giftigem Gel. Dieses nehmen die Tiere dann beim Putzen auf. Schon wenige Mengen führen zum Tod der Katzen. Der Gift-Automat wurde inzwischen von den Bundesbehörden für das Management von Wildkatzen im ganzen Land zugelassen. Der Einsatz gilt als humane Tötungsmethode – aber stimmt das wirklich? PETBOOK fragte bei Tierschützern sowie der Arbeitsgruppe „West Australia Feral Cat Working Group“ nach, die den Gift-Automaten bewertete.
Übersicht
Warum kommt der „Felixer Grooming Trap“ zum Einsatz?
Verwilderte Katzen gelten in Australien als erhebliche Bedrohung für viele einheimische Tiere, wie etwa Numbats, Woylies, Felsenwallabys, Vögel und Reptilien. Aktuell werden verwilderte Katzen mit dem Aussterben von 28 Arten in Verbindung gebracht und gelten als Bedrohung für 124 weitere. Katzenpopulaitonen seien jedoch schwer zu kontrollieren, heißt es auf der Webseite des Unternehmens Thylation, das den „Felixer Grooming Trap“ entwickelte. Die Tiere nehmen nur ungern Köder oder gehen in Fallen, insbesondere wenn reichlich Beute vorhanden ist. Doch alle Katzen seien sehr auf ihre Hygiene bedacht und putzen sich regelmäßig. Das habe man sich zum Vorteil gemacht.
Das Gerät soll mittels Laser zuverlässig Katzen identifizieren, um sie dann mit einem giftigen Gel zu töten. „Die Katze als Tier, was sich regelmäßig putzt, nimmt dann dieses Gift auf und stirbt“, erklärt Reece Whitby, Minister für Umwelt und Klimaschutz in Australien, in einem Bericht des australischen Nachrichtendienstes „ABC News“. „In Tausenden und Abertausenden von Tests“ sei das Gerät in der Lage gewesen, verwilderte Katzen im Vergleich zu einem einheimischen Tier korrekt zu identifizieren, versichert der Minister und begründet den Einsatz mit den Worten: „Wir müssen etwas tun. Das ist eine große Steigerung unserer Aktivität. Wir versuchen, einheimischen Arten eine Chance zu geben, gegen dieses unglaublich gefräßige Raubtier zu kämpfen.“
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Welches Gift setzt Australien gegen die Katzen ein?
Bei der Bekämpfung der wilden Katzenpopulationen setzt Australien schon seit Jahren das Gift Natriumfluoracetat, auch als „1080“ bekannt, ein. Es ist bei oraler Aufnahme, aber auch bei direktem Hautkontakt für den Menschen, alle Säugetiere und viele Insekten außerordentlich toxisch. Es kommt vor allem zur Bekämpfung von Nagetieren wie Ratten zum Einsatz. Weil es aber so giftig ist und praktisch kein Gegengift existiert, haben viele Länder, inklusive Deutschland, Natriumfluoracetat zur Bekämpfung von Schädlingen verboten.
Für Australien hat der Einsatz von Natriumfluoracetat aber einen entscheidenden Vorteil, denn es kommt dort natürlicherweise in über 30 Arten australischer einheimischer Pflanzen vor. Viele einheimische Arten haben daher eine Art Resistenz gegen das Gift entwickelt. Daher soll es für sie keine Gefahr darstellen, wie die nationale gemeinnützige Organisation „Landcare Australia“ auf ihrer Webseite informiert: „Die unglaublich winzige Menge von 1080, die in jeden Wildhunde- und Fuchsköder injiziert wird, ist tödlich für diese Arten, aber sicher für einheimische Raubtiere, einschließlich Greifvögel (z. B. Keilschwanzadler), Reptilien (z. B. Goannas) und der ikonische gefleckte Beutelmarder“, heißt es.
Leiden die Katzen, wenn sie durch das Gift getötet werden?
Thylation, das Unternehmen, das den „Felixer Grooming Trap“ entwickelt hat, spricht von einer „neuartigen, humanen“ Methode, um die Zahl der verwilderten Katzen zu kontrollieren und zu reduzieren. Aber kann man das Besprühen der Tiere mit Gift wirklich als „human“ bezeichnen? PETBOOK fragte bei der „West Australia Feral Cat Working Group“, die für die Bewertung des Felixers mit der Landes- und Bundesregierung zusammenarbeitete, nach dem Wirkmechanismus von Compund 1080. Geschäftsführerin Dr. Gillian Bryan verweist in ihrer Antwort auf die Angaben der Webseite des Herstellers. Dort finden sich allerdings keine Informationen darüber, wie genau das Gift wirkt und ob die Tiere dabei eventuell leiden.
Eine Anfrage bei der Tierrechtsorganisation Peta ergibt, dass die Methode nicht so human zu sein scheint, wie sie angepriesen wird. So teilt uns Emily Rice, leitende Kommunikationsberaterin bei Peta, mit, dass Katzen, die 1080 aufnehmen, an Orientierungslosigkeit, Durchfall, Erbrechen und Krämpfen leiden und einen langsamen, qualvollen Tod sterben. Während die Populationen verwilderter Katzen – mehr als alles andere – reduziert werden müssten, überbiete die Einführung des „Felixer Grooming Traps‘“ die bisherigen Bekämpfungsmethoden allerdings an Grausamkeit, findet sie.
Gibt es Alternativen zum Einsatz von Gift gegen Katzen in Australien?
Der „Felixer“ sei nur eine von vielen Möglichkeiten, die zum Einsatz kommen, um die „erheblichen und schädlichen Auswirkungen der Population verwilderter Katzen auf die gefährdeten Populationen der einheimischen Fauna in Westaustralien zu kontrollieren“, teilt Dr. Gillian Bryan von der WA Feral Cat Working Group auf Anfrage von PETBOOK mit. Weitere Maßnahmen fänden sich auf der Webseite der Arbeitsgruppe. Darunter der Einsatz von Giftködern (auch als „schmackhafte 1080-Wilde-Katzen-Würstchen“ bezeichnet), das gezielte Erschießen oder das Jagen durch Aborigines, die es auf das Fleisch der Katzen abgesehen haben. Es finden sich aber auch weniger drastische Methoden wie das Einfangen der Tiere oder Umzäunen von Gebieten.
Eine Methode allein würde das Problem nicht lösen, so Dr. Gillian Bryan. Zum Schutz der einheimischen Arten, müsse man mehrere Optionen, oft gleichzeitig, anwenden. Dabei betont sie, dass verwilderte Katzen gemäß dem „Western Australia Biosecurity and Agriculture Management Act“ als Schädling deklarierter sind. So wie hier in Deutschland Ratten.
Die westaustralische Regierung kündigte am 27. Juni an, die „Felix Grooming Traps“ im Rahmen ihrer fünfjährigen Wildkatzenstrategie einzuführen. Zunächst sollen 16 Geräte zum Einsatz kommen.
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Einsatz von Gift-Automaten laut Tierschützern unverhältnismäßig
Die Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals (RSPCA), eine Tierschutzorganisation in England und Wales, kritisiert den Einsatz von 1080 gegen Katzen und bezeichnet das Vorgehen als „unmenschlichen Mord“. Man sei gegen den Einsatz von Giften, um Tiere zu töten, aufgrund des Leids, welches die Tiere dabei erfahren. Die Organisation spricht sich auf ihrer Webseite für ein Verbot von Natriumfluoracetat aus: „Es sollte mehr Wert darauf gelegt werden, nach Lösungen zu suchen, die es Arten, die nicht vollständig entfernt werden können, ermöglichen, in der Umwelt zu koexistieren.“
Auch Emily Rice von Peta beurteilt den Einsatz des Giftes gegen wilde Katzen in Australien als unverhältnismäßig. Verwilderte Katzenkolonien entstünden vor allem, wenn Menschen ihre Katzen aussetzen oder sie im Freien herumlaufen lassen. Die einzige humane Lösung sei ihrer Meinung nach eine groß angelegte Sterilisationskampagne. Zudem müsse man die Katzenbesitzer verpflichten, ihre Tiere sterilisieren oder kastrieren zu lassen. Der Einsatz der „Felixer Grooming Trap“ sei hingegen „furchtbar“. Nichts würde diese grausamen Tötungen rechtfertigen.
Sie sieht zudem ein ganz anderes Problem. So sei der Hauptfaktor des Artensterbens in Australien der Verlust von Lebensraum. 74 Prozent der Arten seien davon betroffen. „Australien ist nach wie vor einer der weltweiten Hotspots für Entwaldung – tatsächlich ist es die einzige entwickelte Nation auf der Liste – und der überwiegende Teil davon wird getan, um Platz für Weideland für Rinder zu schaffen“, sagt Rice. Die Regierung vergifte also Katzen, während sie weiterhin von der Zucht und Schlachtung von Millionen nicht einheimischer Nutztiere profitiere. Deren Existenz verursache aber den größten Teil des Lebensraumverlusts der Nation und könne zum Aussterben vieler Vögel, Frösche und sogar Koalas führen.