21. November 2022, 19:10 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Tierheime Deutschlands sind überfüllt und jedem Vierten droht die Schließung. Wie kritisch die Lage ist, vermittelte der Deutsche Tierschutzbund bei einem Termin mit Cem Özdemir. Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft besuchte gemeinsam mit dem Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, und Vertretern des Landestierschutzverbands Baden-Württemberg, das Tierheim Stuttgart.
Während der Pandemie schafften sich viele Haustiere an. Nun müssen viele wieder ins Büro und dürfen den Hund nicht mitnehmen. Dazu kommt, dass die Unterhaltskosten für Haustiere durch Energiekrise und Erhöhung der Tierarztgebühren steigen. Das löst momentan eine Abgabewelle aus, deren Ende noch nicht in Sicht ist. Jetzt schon haben Tierheime deutschlandweit kaum noch Möglichkeiten, die große Zahl der Tiere unterzubringen. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, unter dessen Verantwortungsbereich auch der Tierschutz fällt, machte sich selbst ein Bild von der Lage. Gemeinsam mit Thomas Schröder, dem Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes, und Vertretern des Landestierschutzverbands Baden-Württembergs, besuchte Özdemir das Tierheim Stuttgart.
Özdemir streichelt im Tierheim und verspricht Hilfen
Nach eigenen Worten hat der Bundeslandwirtschaftsminister einen guten Draht zu Tieren. „Ich bin mit Tieren aufgewachsen“, erläuterte der Grünen-Politiker bei dem Besuch am Wochenende. Bei seinem Auftritt zeigte Özdemir keinerlei Berührungsängste, als er die über 100 Bewohner des Tierheims besuchte. Er kuschelte mit Hunden und Katzen, beäugte Schildkröten und fasste auch eine Schlange an. Die junge Herdenschutzhündin Jolandi hatte es dem Minister besonders angetan. Özdemir verteilte aber nicht nur Streicheleinheiten, er hörte auch zu und versprach Hilfe. „Wo wir helfen können, versuchen wir zu helfen“, sagte der Bundesminister in einem Artikel der Stuttgarter Zeitung.
„Wir freuen uns, dass sich der Bundesminister erneut die Zeit nimmt, sich vor Ort ein Bild von der wichtigen Tierschutzarbeit sowie den Sorgen und Nöten der Tierheime zu machen“, äußert sich Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes in einer Pressemitteilung. Die fünf Millionen Euro Ukraine-Hilfe, die der Bund im September als Hilfe für Tierheime bereitstellte, wären eine gute Stütze, für die der Tierschutzbund dankbar sei. Sie fange aber nur die bereits entstandenen Kosten auf und ändere nichts am Druck der kommenden Monate. Viele Tierheime ständen angesichts der steigenden Kosten mit dem Rücken zur Wand. „Es ist unklar, wie lange sie weiter für Tiere in Not einstehen können. Daher gilt es jetzt zu handeln“, machte Thomas Schröder deutlich.
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Deutscher Tierschutzbund fordert Unterstützung aus der Politik
„Die Tierheime sehen sich zunehmend mit Tierhaltern konfrontiert, die ihre Haustiere unüberlegt angeschafft haben, überfordert sind oder die steigenden Kosten nicht mehr stemmen können“, beschreibt Schröder die Lage. „Welches Schicksal erwartet diese Tiere, wenn der karitative Tierschutz am Ende ist und nicht wie bisher in die Bresche springen kann?“
Auch Özdemir mahnte bei seinem Besuch des Tierheims Verantwortungsbewusstsein beim Kauf und Umgang mit Haustieren an. „Tiere sind keine Weihnachtsgeschenke“, erklärte der Minister. Die Liebe zu Tieren ließe sich auch anders zeigen als unter dem Tannenbaum – zum Beispiel durch eine Spende ans Tierheim.
Spendengelder allein könnten die Tierheime nicht retten, stellte Schröder beim Tierheimbesuch in Stuttgart klar. „Ohne politische Unterstützung geht es nicht.“ Vom Bund fordert der Deutsche Tierschutzbund ausreichend finanzielle Mittel, mit deren Hilfe die Tierheime die massiv gestiegenen Betriebskosten stemmen können, um so ihren Weiterbetrieb zu sichern. Zudem müssten Mittel für die laut Koalitionsvertrag vorgesehene Verbrauchsstiftung ohne Verzögerung bereitgestellt werden, um die energetische Optimierung der Tierheime und den Ausbau von Kranken- und Pflegestationen zu ermöglichen.
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Verbote und Sachkundenachweise könnten Situation zusätzlich entschärfen
Neben finanzieller Hilfe könnte die Bundesregierung außerdem dafür sorgen, dass zukünftig weniger Tiere in den Tierheimen landen, schlägt der Deutsche Tierschutzbund vor. So würde ein Verbot oder zumindest eine Regulierung des Onlinehandels mit Tieren die Zahl unüberlegt angeschaffter Tiere minimieren und Tierleid verhindern.
Denselben Effekt hätte laut Tierschutzbund ein verpflichtender Sachkundenachweis. So würden Interessenten bereits vor dem Kauf über die Haltungsanforderungen für das entsprechende Haustier und die Pflichten als Halter informiert. Auch eine Positivliste für die Tierarten, die überhaupt in privater Hand gehalten werden dürfen, soll nach Meinung des Tierschutzbundes eingeführt werden.
Mit Material der dpa