Direkt zum Inhalt wechseln
logo Das Magazin für alle Tierbesitzer und -liebhaber
PETBOOK-Interview

Betreiberin der ersten Tierbestattungskirche: »Sie sind genauso beseelte Wesen wie wir

Die Pauluskirche in Albstadt wird die erste Kirche für Tierbestattungen in Deutschland.
Die Pauluskirche in Albstadt wird die erste Kirche für Tierbestattungen in Deutschland. Foto: schoenhalde.de/Bossenmaier
Porträtbild Mareike Schmidt
Werkstudentin

1. Dezember 2023, 13:48 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Am 2. Dezember eröffnet in Albstadt die erste Kirche für Tierbestattungen. Damit will das Team der Tierbestattung Schönhalde Tierhaltern ermöglichen, ihren verstorbenen Haustieren einen würdevollen Abschied zu bereiten. Im Interview verrät Inhaberin Ellen Weinmann, wie es zu der Idee kam und wie die christliche Kirche dazu steht.

Artikel teilen

Wenn der geliebte Vierbeiner verstirbt, ist die Trauer und der Schmerz groß. Daher gibt es mittlerweile Bestattungsunternehmen für Haustiere. Dazu gehört auch die Tierbestattung Schönhalde von Ellen Weinmann. Jedes Jahr organisieren sie und ihr Team bis zu 1000 Bestattungen für verstorbene Haustiere. Doch in dem Gebäude, in dem sich ihr Unternehmen befindet, gab es bislang nur einen kleinen Raum für diesen Zweck. Geboren war die Idee einer Kirche für Trauerdienste für Tiere. Denn die Nachfrage nach einer richtigen Bestattung und eines Trauerdienstes wird bei Tierbesitzern größer. Im Interview mit PETBOOK erzählt Ellen Weinmann, warum Tierbestattungen immer mehr Bedeutung bekommen und wie sie auf die Idee kamen, dafür extra eine Kirche zu kaufen.

PETBOOK: Frau Weinmann, Sie eröffnen die erste Kirche für Tierbestattungen in Deutschland. Wie kamen Sie auf diese Idee?
Ellen Weinmann: „Wir sind in der Seelsorge viel in Gesprächen mit den Tierhaltern. In den letzten Jahren haben wir herausgehört, dass in dem Bereich vermehrt Bedarf besteht. Für viele Menschen ist es nicht mehr nur ein Tier, das sie verlieren, sondern ein vollwertiges Familienmitglied und manchmal auch der einzige soziale Partner.  

Für uns war dann klar, dass solch ein Abschied noch mal einen anderen Rahmen haben muss und dass es vor allem auch gewünscht ist. Wir sind hier ein kleines Dorf auf der Schwäbischen Alb. Wenn ich dann auf der Straße von einem älteren Herrn angesprochen werde und er mir sagt ‚Mensch, endlich macht es jemand. Meinen letzten Hund möchte ich so zu Grabe tragen, wie ich es mit meiner Frau auch tun würde‘ – dann berührt mich das wahnsinnig.“  

Auch interessant: Die Arten von Tierbestattungen im Überblick

»Wir haben mit Tierbestattung bei uns im Wohnhaus im Nebenraum gestartet

Wie sind Sie auf die Pauluskirche gestoßen? 
„Ich sage immer, das war eine Fügung von oben. Wir haben mit der Tierbestattung praktisch bei uns im Wohnhaus in einem Nebenraum gestartet. Unsere Räumlichkeiten sind aber für das, was wir haben, zu klein geworden. Also haben wir überlegt, was wir machen. Wir waren schon in der Planung, uns auf unserem Grundstück zu erweitern. Durch Zufall haben wir dann erfahren, dass die Pauluskirche zum Verkauf steht.

Das Gebäude liegt direkt bei uns in der Straße und ist fußläufig erreichbar. So hat sich das Projekt dann weiterentwickelt. Wir hatten Glück, dass wir das Objekt auch erwerben durften. Es gab natürlich noch andere Mitbewerber, aber für die EMK (Evangelisch-Methodistische Kirche – Anm. d. Red.) war das natürlich auch eine schöne Idee, da so das Kirchliche weiterhin bestehen bleiben konnte. Es findet quasi keine Nutzungsänderung statt.“

»Tiere sind genauso beseelte Wesen wie wir Menschen

Wie steht die christliche Kirche zu Tierbestattungen? Bekommen Sie negatives Feedback? 
„Also richtig negativ jetzt nicht. Natürlich ist da einiges im Wandel. Der Theologe und Zoologe Hagencord setzt sich beispielsweise schon lange dafür ein, dass dieses Thema in der christlichen Gesellschaft mehr Anerkennung findet. Er ist überzeugt, dass Tiere genauso beseelte Wesen, wie wir Menschen sind. Man spricht beim Tier ja leider immer noch von einer Sache, aber da ist vieles im Wandel – auch von der kirchlichen Seite.“

Gehört die Pauluskirche noch einer Konfession an? 
„Nein, es gab noch einen Auslegungsgottesdienst, wo die Kirche dann entweiht und die Bibel und alles Weitere ausgetragen wurde. Das war sehr feierlich.  

Wir sind, was die Trauerfeiern angeht, also komplett offen und an keine Konfession gebunden. An sich ist es nichts Religiöses mehr. Bei den Trauerfeiern steht jedem frei, wie er sie gestalten möchte. Wir haben beispielsweise auch eine freie Trauerrednerin, die extra für Tiertrauerfeiern ausgebildet ist. Aber jeder kann selbst entscheiden, welche Dienste und Angebote er in Anspruch nimmt. Letzten Endes soll alles so umgesetzt werden, wie sich das der Tierhalter wünscht. Wir gehen da ganz individuell auf die Wünsche des Einzelnen ein.“

<strong>Ab Dezember veranstalten Ellen Weinmann und Florian Düsterwald Tiertrauerfeiern in der Pauluskirche in Albstadt-Pfeffingen.</strong> Foto: picture alliance/dpa | Silas Stein
Ab Dezember veranstalten Ellen Weinmann und Florian Düsterwald Tiertrauerfeiern in der Pauluskirche in Albstadt-Pfeffingen. Foto: picture alliance/dpa | Silas Stein Foto: picture alliance/dpa | Silas Stein

Wie läuft eine Tierbestattung bei Ihnen in der Kirche ab?
„Was den Ablauf angeht, sind wir recht flexibel. Der Tod ist nicht planbar. Die Tierhalter rufen bei uns an und wir kümmern uns um alles, was gewünscht wird. Da gibt es viele verschiedene Möglichkeiten und genauso unterschiedlich sind die Bedürfnisse der Menschen. Die einen möchten weniger Kontakt und wieder andere möchten gerne das volle Programm mit Zeremonie und so weiter.“

<strong>Von Pfotenabdrücken über Urnen und Erinnerungskristallen ist bei der Tierbestattung Schönhalde vieles möglich, um an sein verstorbenes Haustier zu erinnern.</strong> Foto: picture alliance/dpa | Silas Stein
Von Pfotenabdrücken über Urnen und Erinnerungskristallen ist bei der Tierbestattung Schönhalde vieles möglich, um an sein verstorbenes Haustier zu erinnern. Foto: picture alliance/dpa | Silas Stein Foto: picture alliance/dpa | Silas Stein
Mehr zum Thema

Konfessionslose Trauerfeiern schon bald möglich

Die Kirche wird aktuell noch renoviert. Ab wann denken Sie, können erste Trauerdienste dort stattfinden?
„Wir liegen in den letzten Zügen der Vorbereitungen. Am 2. Dezember ist dann die Eröffnungsfeier, wo jeder vorbeischauen und auch Fragen stellen kann. Und dann gehen wir praktisch in den Betrieb über. Dabei läuft unser normales Geschäft natürlich weiter. Es finden also weiterhin täglich mehrere Tierbestattungen am alten Standort statt. Ab dem 02.12. dann aber auch feierlich im ‚Kirchlein‘.“

Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale- Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für diesen .
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.