11. Mai 2024, 15:57 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Dass Papageien „sprechen“ können, ist wohl jedem bekannt. Aber wie schaut’s aus mit telefonieren? Im Rahmen einer Studie haben Forscher aus den USA und Schottland 18 Vögeln gezeigt, wie sie Videoanrufe miteinander tätigen können. Aber erkennen die Vögel wirklich, dass es sich dabei um einen anderen Artgenossen handelt?
Wer sich heute einen Papageien anschafft, dem ist meist bewusst, dass die intelligenten und sozialen Vögel auf jeden Fall einen Artgenossen benötigen. Doch weil Papageien im Allgemeinen ziemlich alt werden, gibt es in vielen Haushalten noch Tiere, die einzeln angeschafft wurden und ihr Dasein ohne Artgenossen verbringen müssen. Oft sind psychische Probleme wie etwa Schaukeln oder Federrupfen die Folge. Um der Einsamkeit und Langeweile der Vögel entgegenzuwirken, haben Wissenschaftler aus Schottland und den USA deshalb einen Versuch gestartet. Gemeinsam mit dem Online-Lernprogramm Parrot Kindergarten hat das Team Videoanrufe zwischen verschiedenen Papageien organisiert.
Papageien lernen, selbst Videoanrufe zu tätigen
Zunächst brachten die Wissenschaftler den Papageien bei, wie sie mithilfe der Technik selbst Videoanrufe starten können. Insgesamt 212 Telefonate führten die Papageien und ihre Pfleger in dieser Form durch. Die „Gespräche“ wurden dabei auf maximal fünf Minuten begrenzt. Sobald ein Papagei desinteressiert oder gestresst wirkte, sollten die Besitzer den Anruf beenden.
„Wir waren sehr darauf bedacht, die Pfleger der Vögel gründlich zu schulen, um sicherzustellen, dass sie ihre Papageien in angemessener Weise unterstützen und ihnen gleichzeitig helfen können, negative Erfahrungen zu vermeiden“, erklärte Co-Autorin Rébecca Kleinberger von der amerikanischen Northeastern University in einer Pressemitteilung.1
Erkennen Papageien, ob es sich um „echte“ Artgenossen auf dem Video-Bildschrim handelt?
Nach der zweiwöchigen Kennenlernen-Phase durften die Papageien schließlich selbst entscheiden, ob und wann sie einen anderen Papageien anrufen wollten. Hierzu mussten die Tiere wieder die Klingel läuten und das Bild eines Vogels auswählen. Das zweistufige Selektionsverfahren habe als Bestätigung dafür gedient, dass „die Anrufe nicht zufällig waren oder einfach darauf beruhten, dass die Vögel die Glocke mochten“, so Kleinberger.
Doch erkennen die Vögel auch, dass es sich bei den Videoanrufen um einen echten Papagei auf dem Bildschirm handelt? Um das zu überprüfen, startete das Forschungsteam eine zweite Studie. Die Tablets wurden nun so präpariert, dass die Papageien beim Starten eines Videocalls entweder tatsächlich mit einem Artgenossen verbunden wurden oder aber eine Aufzeichnung vorgespielt bekamen. 2
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Papageien lösten signifikant mehr Live-Rufe aus
Nach den Ergebnissen der Studie gab es einen deutlichen Unterschied im Verhalten der Papageien bei den Videocalls. So bevorzugten die insgesamt neun Papageien, die an der Studie teilnahmen, Live-Calls gegenüber Aufnahmen, die ihnen einfach nur vorgespielt wurden.
In der sechsmonatigen Studie lösten Papageien signifikant mehr Live-Rufe aus und interagierten länger vor dem Bildschirm als wenn man ihnen ein Playback vorspielte, schreiben die Forscher in der Zusammenfassung ihrer Studienergebnisse. Das weist darauf hin, dass die Vögel erkennen, wann es sich um einen echten Artgenossen handelt, oder eine Aufnahme, denn oft reagierte der Vogel am anderen Ende der Leitung adäquat auf bestimmte Verhaltensweisen, während der Papagei auf der Video-Aufzeichnung dies nicht tat.
Wie wirkte sich das gemeinsame Telefonieren auf die Vögel aus?
Die große Vision hinter den Bemühungen der Wissenschaftler sei es, zu begreifen, wie manTiere in Gefangenschaft oder auch Haustiere technologisch unterstützen könne, merken die Forscher in Ihrer Studie an.Dabei würden die Ergebnisse Hoffnung machen. So zeigten sich bereits beim Anlernen der Vögel, selbst die Videocalls zu anderen Papageien zu starten, erstaunliche Verhaltensweisen.
„Die Papageien schienen zu begreifen, dass sie auf dem Bildschirm wirklich mit anderen Vögeln interagierten“, sagte Jennifer Cunha, eine Studienautorin und Mitgründerin von Parrot Kindergarten. „Ihr Verhalten spiegelte oft das wider, was wir von Interaktionen zwischen den Vogelarten im wirklichen Leben erwarten würden.“ Die Pfleger berichteten zudem, dass ihre Haustiere ruhiger wirkten und neue Verhaltensmuster entwickelten. So fing etwa ein Papageien-Weibchen nach den Telefonaten an, mehr zu fliegen. „Ich glaube, sie hat realisiert, dass Fliegen ein akzeptables Verhalten ist“, zitiert die Website „IFLScience“ die Pflegerin. „Ich freue mich sehr darüber!“
Ein weiterer Papagei zeigte erstmals die typischen Verhaltensmuster eines Vogels bei der Nahrungssuche. Was dem Forschungsteam auch auffiel: Je mehr Anrufe die Papageien erhielten, desto mehr Anrufe tätigten sie und desto eher konzentrierten sie sich auf die Telefonate.
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„Das Internet für Tiere ist da“
Es ist nicht das erste Mal, dass Mitglieder des Forschungsteams untersucht haben, wie technologische Fortschritte das Leben von Tieren bereichern könnten. Im Jahr 2021 führte Ilyena Hirskyj-Douglas, eine Co-Autorin der Papageienstudie, ein Experiment zu einem Hundetelefon durch. Das sogenannte „DogPhone“ sollte Hunden ermöglichen, durch die Bewegung eines Balls einen Videoanruf mit Herrchen oder Frauchen zu starten.
„Das Internet für Tiere ist schon da“, sagte die Dozentin von der Universität Glasgow mit Blick auf sogenannte „Smart-Spielzeuge“. „Ihr Design ist aber in erster Linie darauf ausgerichtet, was Menschen wollen, und nicht, was ihre Haustiere brauchen.“ Die hiesige Studie ist vom Umfang her noch recht klein. Das Forschungsteam hofft aber, mit ähnlichen Untersuchungen mehr über die physischen, psychischen und emotionalen Bedürfnisse von Tieren zu erfahren – und somit bessere Systeme zu entwickeln, um die Tiere zu unterstützen.