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Statt Kastration

Forscher entwickeln Verhütungsspritze für Katzen 

Katze wird festgehalten und erhält eine Spritze
Eine einzige Spritze soll reichen und die Katze kann sich nicht mehr fortpflanzen. Das haben Forscher nun in einer Studie belegt. Foto: Getty Images
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

21. Juni 2023, 16:38 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Überall auf der Welt sind Streunerpopulationen von Katzen ein Problem. Bisher sind gezielte Aktionen, in denen die Tiere kastriert werden, die einzige Möglichkeit den Bestand einzudämmen. Nun könnte es bald eine Alternative geben. Eine Forschungsgruppe aus den USA hat eine Verhütungsspritze für Katzen entwickelt. PETBOOK erklärt, wie diese funktioniert und welche Erfolgsaussicht die Injektion für Katzen haben könnte.

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Die Katze ist aktuell das beliebteste Haustier der Deutschen. Aber nicht alle Tiere leben kontrolliert in Wohnungen und nicht alle sind kastriert oder sterilisiert. Das wird mancherorts echt zum Problem. Denn Katzen sind bereits mit vier bis fünf Monaten geschlechtsreif. Lässt man sie gewähren, kann jede Kätzin im Jahr zwei bis drei Würfe mit mindestens drei Kätzchen großziehen. Nach etwa einem Jahr sind die Jungen dann geschlechtsreif und sorgen ihrerseits wieder für Nachwuchs. So kann die Zahl der Nachkommen einer einzigen Katze schnell in wenigen Jahren in die Tausende gehen, warnt die Tierschutzorganisation Vier Pfoten auf ihrer Web-Seite. Eine Kastration oder Sterilisation ist bisher der einzige Weg, dem starken Anwuchs der Katzenpopulation Herr zu werden. Eine Forschungsgruppe aus den USA könnte nun eine alternative Lösung gefunden haben: eine Verhütungsspritze für Katzen!

Warum die Katzenpopulation weltweit ein Problem ist

Katzen leben seit Jahrtausenden nicht mehr als Wildtiere, sondern als Haustiere. Doch 80 Prozent der weltweit geschätzten 600 Millionen Hauskatzen sind Streuner. Meist führen sie ein leidvolles Leben. Zudem führt jede ungewollte Geburt auch zu einer Belastung der Tierheime. Vor allem im Mai, wenn viele Kätzchen geboren werden, verhängen die Einrichtungen Aufnahmestopp, da sie ohnehin überfüllt sind. In den USA gibt es daher sogenannte „Kill Shelters“ (zu Deutsch: Tötungstierheime), in denen gesunde Tiere aus Mangel an Kapazitäten euthanasiert werden.

Bisher ist eine chirurgische Sterilisation oder Kastration die bevorzugte Vorgehensweise der Haustierpopulation Herr zu werden. Die Tiere werden dafür eingefangen, sterilisiert oder kastriert und im Anschluss wieder freigelassen. Die unter der Bezeichnung „Trap-Neuter- Return“ (in Deutschland „Fangen-Kastrieren-Freilassen“) bekannte Methode wird heute von einem Großteil der Tierschutzorganisationen umgesetzt. Doch das Verfahren ist relativ aufwendig und mit hohen Kosten sowie gewissen Risiken für die Katzen verbunden.

Ein Team von Forschenden aus den USA hat nun eine Verhütungsspritze für Katzen entwickelt und seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift Nature Communications vorgestellt.

Wie funktioniert die Verhütungsspritze für Katzen?

Eine einzige Injektion in einen Muskel soll laut Studie ausreichen. Hierbei wurden den Katzen aber nicht wie bei manch anderen Verhütungsmitteln Hormone, sondern bestimmte Gene gespritzt. Um genauer zu sein, das sogenannte „Anti-Müllerian Hormon Transgene“ – kurz AMH. Dieses Geschlechtshormon verhindert die Reifung der Eizelle bei weiblichen Tieren. Das konnten andere Studien bereits an Mäusen zeigen. In den Muskel injiziert, sorgt es wohl auch bei Katzen dafür, dass deren Muskelzellen AMH herstellen. Aber wirkt es auch verhütend?

Um das herauszufinden, sperrten die Wissenschaftler einen Kater und neun Katzen fast jeden Tag über vier Monate zusammen. Theoretisch ergibt das eine Menge an Nachwuchs. Doch nur drei der neun Katzen bekamen in dieser Zeit mit dem Kater Junge. Die anderen sechs Tiere weigerten sich zum Teil, sich überhaupt mit dem Männchen zu paaren, wie die Forscher in den Ergebnissen ihrer Untersuchung schildern. Es waren die Tiere, die zuvor die Injektion des AMH-Transgens erhalten hatten.

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Welche Vorteile hat eine Verhütungsspritze für Katzen?

Angesichts der weltweit großen Streuner-Populationen könnte eine Verhütung durch Gentherapie eine attraktive Alternative zu herkömmlichen Kastrationsaktionen darstellen. „Das Trap-Neuter-Return-Verfahren ist in großem Maßstab schwer umzusetzen, da die Operation eine Vollnarkose, eine angemessen ausgestattete chirurgische Einrichtung und mehre Tierärzte erfordert, als derzeit verfügbar sind.“ Zu diesem Schluss kommt Dr. Bill Swanson, Projektleiter der Studie und Direktor für Tierforschung beim Center for Conservation and Research of Endangered Wildlife (CREW), in einem Beitrag des US-amerikanischen Fernsehsenders WCPO.

Zwar müssten die Tiere für die Verhütungsspritze auch eingefangen werden. Eine einfache Injektion ist gegenüber einer Operation aber deutlich kostengünstiger. Theoretisch könnten auch geschulte Personen die Prozedur durchführen, sodass es nicht so viele Tierärzte vor Ort bräuchte. Zudem besteht ein erheblich kleineres Gesundheitsrisiko für die Katzen, da nicht mal mehr eine Sedierung notwendig ist.

Gary K. Michelson, Gründer und Co-Vorsitzender der Michelson Found Animals Foundation, sagt, die Ergebnisse seien ein „wichtiger Meilenstein“: „Ein nicht chirurgisches Sterilisationsmittel für Gemeinschafts- und Haustiere ist längst überfällig und wird den Tierschutz verändern“, ist sich Michelson sicher.

Wie sicher ist die Verhütungsspritze für Katzen?

In der Studie beobachteten die Wissenschaftler die behandelten Katzen über zwei Jahre lang und überwachten ihren Fortpflanzungserfolg. „Die Beweise für die Wirksamkeit dieser Behandlung ist stark“, sagt Dr. Lindsey Vansandt, Hauptautorin der Studie und Direktorin des Imperiled Cat Signature Project von CREW gegenüber dem Fersehsender WCPO. „Alle (unbehandelten) Kontrollkatzen brachten Kätzchen zur Welt, aber keine der Katzen, die mit der Gentherapie behandelt wurden, wurde trächtig.“

Zudem konnten die Wissenschaftler in ihren Untersuchungen nachweisen, dass die Verhütungsspritze mit nur einer einzigen Injektion für mehrere Jahre den Eisprung der Katze hemmt und eine Schwangerschaft so effektiv verhindert, heißt es in der Studie. Ob dies allerdings auch für ein ganzes Katzenleben gilt, ist nicht klar.

Hat die Verhütungsspritze für Katzen Nebenwirkungen?

In der Studie schreiben die Forscher, dass die Gentherapie „keine offensichtlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen“ bei behandelten Weibchen zur Folge hatte. Die Katzen wurden im Center for Conservation and Research of Endangered Wildlife, welches sich im Zoo von Cincinnati befindet, für über drei Jahre weiter beobachtet, um die Sicherheit der Anwendung zu dokumentieren. Laut dem Bericht von WCPO sollen keinerlei Nebenwirkungen bei den Katzen aufgetreten sein, wie der Zoo mitteilte.

Aber auch wenn es bei den Katzen in der Studie bisher keine Nebenwirkungen auftraten, ist die Anzahl von gerade mal sechs Versuchstieren viel zu niedrig, um wissenschaftlich belastbare Aussagen zu treffen. Wie sicher die Methode wirklich ist, muss daher in Langzeitstudien und mit einer deutlich größeren Anzahl an Versuchstieren untersucht werden, bis eine Verhütungsspritze für Katzen wirklich zum Einsatz kommen kann.

Die Katze, die an der Studie beteiligt waren, wurden im Anschluss zur Adoption freigegeben. Einige fanden mittlerweile ein festes Zuhause bei Mitarbeitern und Freiwilligen des Cincinnati Zoos, darunter Dr. Swanson selbst. „Wir sind Katzenliebhaber, was einer der Gründe ist, warum wir begeistert davon sind, was diese neue Technologie tun kann, um das Leben von Hauskatzen zu verbessern“, sagte er.

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