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Fall für den Tierschutz

Halterin versuchte Kaninchen selbst zu kastrieren – so geht es dem Tier 

Kaninchen Ben in der Tierklinik
Kaninchen Ben in der Tierklinik nach seiner erfolgreichen Notoperation. Seine Halterin hatte versucht, ihn selbst zu kastrieren. Foto: Kleintierklinik Frank
Louisa Stoeffler
Redakteurin

31. März 2023, 16:14 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Ein unfassbarer Fall hat sich in einer Kleintierklinik in Freiburg ereignet. Ein Kaninchen namens Ben wurde mit Schnittverletzungen eingeliefert, musste der Halterin entzogen und notversorgt werden – offensichtlich hatte man versucht, ihn eigenhändig zu kastrieren.

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In der Tierklinik Frank in Freiburg wurde ein 5 Monate altes Kaninchen namens Ben eingeliefert. Er hatte zwei Schnittverletzungen am Hinterteil und seine Harnblase lag frei. Das Tier befand sich in einem Schockzustand und musste notversorgt werden. Aber was war eigentlich passiert? Laut der Tierklinik hatte die Halterin des Kaninchens versucht, das Tier zu Hause selbst zu kastrieren. PETBOOK weiß, wie es Kaninchenbock Ben jetzt geht.

Kaninchen Ben musste in Freiburger Klinik notoperiert werden

Nach Angaben der Tierklinik habe die Halterin das Kaninchen ohne Betäubung und Schmerzmittel auf dem Küchentisch fixieren lassen und habe dann die Schnitte gesetzt, um es zu kastrieren und dem Tier somit die Hoden zu entfernen. Als Grund sei dem Tierheim genannt worden, dass man keinen Termin bekommen habe und Tierärzte viel zu teuer seien. Außerdem seien die restlichen Kaninchen zu Hause bereits alle kastriert. Dieser Aussage nach hätte sich ein unkastrierter Rüde in der Kaninchengruppe also nicht fortpflanzen können. Auch habe laut der Tierklinik kein Mangel an Geld vorgelegen, denn die Kinder der betroffenen Halterin hätten ein teures Hobby.

Die Tierklinik aus Freiburg berichtet weiter, dass es in einschlägigen Foren im Internet Tipps für Tierhalter gäbe, welche die Vorgehensweise einer Heimkastration auf dem Küchentisch erklärten. (Anm. der. Red.: PETBOOK hat nachgeforscht und verzichtet aus Gründen des Tierschutzes auf die Nennung der Seiten, kann ihre Existenz jedoch bestätigen.)

Die Halterin habe das Kaninchen laut Internetanleitung festhalten lassen, um es zu kastrieren. Sie habe einen Hoden herausgeschnitten und abgetrennt. Anschließend sei eine kugelige Struktur aus dem Schnitt gefallen. Diese sei daraufhin ebenfalls angeschnitten worden, bis eine gelbe Flüssigkeit austrat. Hierbei handelte es sich jedoch um die Harnblase des Tieres, und die Beteiligten hätten daraufhin gemerkt, dass ein unerwartetes Problem entstanden war.

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Ben kam im Schockzustand in der Klinik in Freiburg an

Kaninchen sind Fluchttiere, die bei Stress in bewegungsloser Starre stumm jeden Schmerz ertragen, um keine Aufmerksamkeit von Beutegreifern auf sich zu ziehen. Allein durch den übermäßigen Stress können die Tiere kollabieren und sterben. Das Kaninchen Ben hatte viel Blut verloren und befand sich in ebendiesem Zustand, als er in die Tierklinik eingeliefert wurde. Die zuständige Chirurgin forderte die Halterin daraufhin auf, das Tier unverzüglich an die Tierklinik abzutreten.

Die zweite Option in dieser Situation wäre nur das Einschläfern gewesen, da die Halterin kein Geld für die chirurgische Versorgung von Ben ausgeben wollte. Dies ließ die Tierklinik jedoch nicht zu und übernahm die Kosten für die Behandlung des Tieres selbst und entzog es auch formal der Halterin. Zunächst musste Ben stabilisiert und ihm ein Katheter gelegt werden, bevor seine Harnblase vernäht werden konnte.

Bereits einen Tag nach der OP konnte die anschließende Infusionstherapie des Tieres beendet werden. Das Kaninchen Ben wurde mit Schmerzmittel und Antibiotika versorgt. Er erholt sich nun auf der Intensivstation der Tierklinik.

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Kaninchen muss nicht zur Halterin zurück – Tierklinik erstattet Anzeige

PETBOOK hat sich bei der Kleintierklinik Frank nach dem Befinden von Ben erkundigt und kann Positives vermelden. „Ben geht es glücklicherweise den Umständen entsprechend gut“, bestätigt Klinikmanagerin Semra Özkan PETBOOK auf Anfrage. „Wie wir bereits in den Instagram-Storys berichtet haben, wurde Ben uns glücklicherweise im Notdienst vorgestellt, nachdem die Halter diese ‚Katastrophe‘ angerichtet haben. Der Kleine wurde an uns abgetreten, d. h. die Chirurgin hat die Abtretung eingefordert und somit wurde das Tier an uns übertragen. Die ehemaligen Halter haben keinerlei Ansprüche mehr an ihm, welche sie geltend machen können. Formal sind wir die neuen ‚Besitzer‘.“

Die Kleintierklinik aus Freiburg hat wegen des Verhaltens der ehemaligen Besitzerin Anzeige wegen tierschutzwidriger Maßnahmen erstattet, wie die Polizei Freiburgs PETBOOK auf Anfrage bestätigte. Die Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz seien angelaufen. „Wir werden nach Abschluss der Ermittlungen unser Ergebnis an die Staatsanwaltschaft weiterleiten“, ordnet Polizeihauptkommissar Thomas Spisla den Vorfall für PETBOOK ein. Über den Ausgang des Verfahrens entscheide dann die Justiz. Sollte sich der Tatbestand des § 17 Tierschutzgesetz bestätigen, komme laut Gesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe in Betracht.

„Je nachdem, wie die Rückmeldung der Polizei und des Veterinäramtes aussehen wird, werden wir Ben entweder an einen unserer MitarbeiterInnen vermitteln oder an das Tierheim übergeben. Das steht zu dem jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht fest. Wir möchten Ben einige Tage hier bei uns auf Station belassen und ganz sicher gehen, dass er sich gut erholen wird. Erst danach wird es eine Anschlusslösung geben. Wir sind fassungslos über diese Geschichte von Ben und hoffen, dass er noch ein langes und gesundes Leben haben kann“, so Özkan weiter.

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Quelle

Themen Kaninchen
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