17. Mai 2023, 17:12 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die Erleichterung war der einstigen „Glücksrad“-Buchstabenfee Maren Gilzer und ihrem Mann Harry Kuhlmann deutlich anzusehen, nachdem sie das Amtsgericht Oranienburg verlassen hatten. Denn das, was im Sitzungssaal III verhandelt wurde, lässt einen sprachlos zurück …
Angeleint oder nicht angeleint? Das war die große Frage, die vor dem Amtsgericht Oranienburg verhandelt wurde. Denn dort standen sich Maren Gilzers Ehemann Harry Kuhlmann und drei Mitarbeiterinnen des Ordnungsamts gegenüber und stritten knapp zwei Stunden darüber, ob der Unternehmer nun seine zwei Hunde unangeleint über eine Grünfläche geführt hat oder nicht. Es steht Aussage gegen Aussage. Streitwert: 55 Euro. Da stellt sich natürlich die Frage, um die Verhältnismäßigkeit, dafür extra ein Gericht zu bemühen. Denn dabei entsteht schon schnell ein Vielfaches der eigentlichen Streitsumme. So sah das auch Richterin Stephanie Blaschko in ihrer Urteilsverkündung und stellte nach mehr als 90 Minuten das Verfahren ein. Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass so etwas überhaupt vor Gericht landet?
Auch interessant: Schlagerstar Kerstin Ott: »Wir erfuhren zufällig, dass unser Hund taub ist
Werden Maren Gilzer und ihr Mann von den Behörden schikaniert?
Im Interview mit PETBOOK schildert Harry Kuhlmann seine Version des Vorfalls: „Ein Bekannter und ich sind mit unseren Hunden aus dem Wald gekommen. Er hatte seine Irish Setter-Hündin dabei und ich meine beiden Hunde Bobby und Ebby. Nachdem wir aus dem Wald gekommen sind, haben wir alle unsere Hunde angeleint und sind auf die Wiese marschiert. Von weitem haben wir dann gesehen, wie das Ordnungsamt auf uns zu schoss. Zwischendurch haben wir uns bestimmt mal gebückt und das Ordnungsamt hat sicher gedacht, ‚die leinen die Hunde jetzt erst an‘, denn ab dem Wald ist das Ordnungsamt für die Einhaltung der Leinenpflicht zuständig.“
Und genau das zeigten die Mitarbeiterinnen des Ordnungsamts auch an. Allerdings sei die Entfernung von „Minimum 200 Metern, vielleicht sogar 300 Metern“ viel zu groß gewesen, als dass die Gesetzeshüterinnen bei Hunden dieser Körpergröße die Vierbeiner – geschweige denn – eine Leine hätte richtig erkennen können. „Das war ein Missverständnis. Allerdings war sich das Ordnungsamt einig, dass meine Hunde beide nicht angeleint waren.“
„Kuhlmann verstößt wieder gegen die Leinenpflicht!“
An einen Zufall möchte der Mann der einstigen Dschungelkönigin dabei aber nicht glauben. Denn seitdem sich das Paar in ihrer Gemeinde Hennigsdorf für mehr Hundeauslaufgebiete einsetzt und mit einem Verein gegen die dort verschärfte Leinenpflicht kämpft, fühlen sie sich vom Ordnungsamt schikaniert. Es fühle sich manchmal sogar so an, als lauerten ihnen die übermotivierten Mitarbeiter regelrecht auf. „Ich muss leider zugeben, dass ich ein paar Mal erwischt wurde; jedes Mal habe ich jedoch das Bußgeld anstandslos bezahlt“, so Kuhlmann.
„Wir waren halt zu frech“, fasst Maren Gilzer die Situation aus ihrer Perspektive zusammen. „Wir haben uns gegen das, was die Stadt verordnet hat, gewehrt. Das haben wir nicht einfach geschluckt und jetzt wollen sie uns zeigen, wer hier der Stärkere ist. Also den Eindruck habe ich ganz doll.“ Diesen Eindruck kann ihr Mann nur bestätigen. „Dass ich so oft erwischt wurde, liegt daran, dass das Gebiet, in dem wir wohnen, vom Ordnungsamt deutlich stärker kontrolliert wurde. Diesen Eindruck bestätigen auch andere Anwohner.“
https://oembed/petbook/affiliate/90601d4b7a97f91af25a6a7407b7b240b648e1807a447a4055bfbbc260a4c64f/5cfe814a-868f-47cf-a245-7ec02dfaf9cd/embed
„Was heute hier passiert ist, ist eine Blamage für die Stadt“
Er habe das Gefühl, dass diese Behörde sie regelrecht auf dem Kieker habe, so Kuhlmann auch vor Gericht. „Ich ziehe bei meinen Gassi-Runden immer meine blaue Jacke an und die haben mich von weitem erkannt und waren sich gleich sicher: ‚Kuhlmann verstößt wieder gegen die Leinenpflicht!‘“ Und tatsächlich schienen ihn die Mitarbeiterinnen des Ordnungsamtes zu kennen, doch dass ihm eine besondere Aufmerksamkeit zuteil komme, räumte eine Mitarbeiterin von ihnen vor Gericht ganz klar aus.
Aufgrund von Unverhältnismäßigkeit wurde der Streit um die vermeintlich nicht eingehaltene Leinenpflicht mit einem eingestellten Verfahren beendet. Damit wolle man sichergehen, dass keine Partei nach einem gefällten Urteil in Revision gehe, um den Streit auf oberer Stelle weiterzuführen, so die Richterin am Schluss. „Das Urteil finde ich gut, denn es stand wirklich Aussage gegen Aussage mit Zeugen und die Richterin hat das Verfahren eingestellt und auch gesagt, dass das alles unverhältnismäßig ist wegen eines Bußgeldes von 55 Euro“, freut sich Gilzer im Anschluss.
Zur Brut- und Setzzeit Achtung! In diesen Bundesländern gilt jetzt Leinenpflicht für Hunde
Winnie Pooh, Lassie, Moby Dick, … Die 16 bekanntesten Tiere der Weltliteratur
Gesetzliche Lage Wann Jäger in Deutschland Hunde und Katzen schießen dürfen
Maren Gilzer: „Stets begegnete man uns nur mit Arroganz!“
„Gut fand ich auch, dass die Richterin gleich zu Beginn gefragt hat, ob wir mal versucht haben, miteinander zu reden. Das haben wir tatsächlich mehrfach: so haben wir in Stadtverordneten-Versammlungen unser Anliegen vorgetragen, ohne Erfolg, haben Briefe an den Bürgermeister geschrieben, ohne Reaktion, eine Petition mit über 1.250 Unterschriften eingereicht, die abgelehnt wurde (!); stets begegnete man uns nur mit Arroganz.“
Und auch Kuhlmann scheint zufrieden mit dem Ausgang. Dennoch kann er sich nur wundern, dass es so ein Fall vor ein Gericht geschafft hat: „Wenn man bedenkt, wie lange Gerichtsverfahren laufen oder wie lange es dauert, bis man einen Gerichtstermin bekommt, weil genau solche Bagatellverfahren verhandelt werden müssen, die letztlich wie in diesem Fall zulasten des Steuerzahlers gehen.“ Und weiter: „Was heute hier passiert ist, ist eine Blamage für die Stadt.“ Den Kampf für mehr Hundeauslaufgebiete und gegen die generelle Leinenpflicht in ihrer Gemeinde will das Paar aber trotzdem nicht aufgeben.