7. August 2023, 16:47 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Der Deutsche Tierschutzbund hat den illegalen Handel mit Heimtieren im Jahr 2022 untersucht. Bei der Auswertung führte ein Bundesland mit 51 Prozent der Fälle die traurige Statistik ganz klar an. PETBOOK fasst die wichtigsten Ergebnisse für Sie zusammen.
Der illegale Handel mit Heimtieren bleibt auch nach der Pandemie ein lukratives Geschäft, wie die Auswertung des Deutschen Tierschutzbunds für das Jahr 2022 zeigt. So wurden 292 Fälle bekannt, bei denen mindestens 1230 Tiere betroffen waren. Fast alle dieser Tiere wurden beschlagnahmt. Besonders kritisch war die Lage in einem grenznahen Bundesland, in dem über die Hälfte aller Fälle verzeichnet wurden. Hier ist die gesamte Auswertung im Überblick.
Auswertung zeigt leichten Rückgang, aber immer noch hohes Niveau von illegalem Handel
Nach dem traurigen Rekord im Jahr 2021 seien die Zahlen des illegalen Handels mit Haustieren nur geringfügig zurückgegangen und bleiben laut Verband besorgniserregend hoch. Für die Tierheime bedeute die Versorgung – insbesondere der vielen Hunde aus dem illegalen Handel – eine extreme Mehrbelastung. Der Deutsche Tierschutzbund weist zudem darauf hin, dass die ausgewerteten Fälle lediglich die Spitze des Eisbergs darstellen.
„Der grauenhafte illegale Handel mit Katzen- und Hundewelpen nimmt kein Ende. Die kriminellen Händler agieren völlig skrupellos und nehmen sogar den Tod der Tiere in Kauf“, sagt Dr. Romy Zeller, Fachreferentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. Wie Ware würden die Hunde und Katzen gezüchtet und hierher transportiert: „Unsere Auswertung zeigt: Die Tiere waren sehr häufig zu jung für den Grenzübertritt, viele waren krank und litten unter anderem an schweren Durchfallerkrankungen. Im Internet wurden die Welpen für bis zu 3000 Euro angeboten – von seriösen Angeboten sind solche Anzeigen oft nicht zu unterscheiden.“
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Illegale Transporte kommen vor allem aus Rumänien
Unter den illegal gehandelten Tieren befanden sich neben 1027 Hunden auch 96 Katzen und 107 Tiere anderer Arten – darunter unter anderem auch ein Nasenbär und ein stark unterernährter Puma. Bei den Hunden dagegen waren vor allem Rassehunde vertreten. Zudem wertete der Deutsche Tierschutzbund die Fälle auch auf Länderebene aus. Die Transporte kamen in erster Linie aus osteuropäischen Ländern, am häufigsten aus Rumänien (rund 25 Prozent) und Bulgarien (rund 20 Prozent). Rumänien war bereits während der letzten vier Jahre der Hauptexporteur der illegal eingeführten Tiere.
Wie im Vorjahr bereits auffällig, wurden zusätzlich zu den illegalen Importen aus dem Ausland auch 2022 erneut mehrere illegale Zuchtbetriebe in Deutschland gemeldet, die Welpenhandel mit Rassetieren betrieben.
Anzahl der Fälle nach Bundesland
Zudem hat der Tierschutzbund ausgewertet, in welchen Bundesländern die meisten Fälle registriert wurden. Hierbei ist Bayern mit 149 Fällen und 51 Prozent Anteil der traurige Spitzenreiter. Auf Platz 2 folgt Berlin mit 39 registrierten Fällen, was gut 13 Prozent entspricht. Auf Platz 3 schafft es Sachsen mit 35 registrierten Fällen, was knapp 12 Prozent entspricht. Auffällig bei der Auswertung sei laut dem Tierschutzbund auch die Verteilung auf grenznahe Bundesländer. Die weiteren Prozentzahlen im Überblick:
- Nordrhein-Westfalen: 25 Fälle und 9 Prozent*
- Hamburg: 18 Fälle und 6 Prozent*
- Baden-Württemberg: 17 Fälle und 6 Prozent*
- jeweils drei Fälle in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, 1 Prozent*
- sowie zwei Fälle in Thüringen und einer in Hessen
*Angaben von der Redaktion gerundet
Diese Auswertung bezieht sich auf die Bundesländer, in denen die illegal eingeführten Tiere entdeckt wurden. Der Tierschutzbund geht von einer nach wie vor hohen Dunkelziffer von Tieren aus, die ihr Ziel erreichen. Auffällig ist, dass keine Fälle in Brandenburg verzeichnet sind, was näher an der Grenze liegt als das Bundesland Berlin. Daher könnte der Wert für die miteinander verbundenen Regionen beider Bundesländer gelten.
Rassehunde, die am häufigsten von illegalem Handel betroffen waren
Zu den traurigen Spitzenreitern der Rassehunde, die laut der Auswertung am häufigsten vom illegalen Handel betroffen waren, gehörten:
- Zwergspitz (9,64 Prozent),
- Malteser (9,28 Prozent)
- Französische Bulldogge (6,78 Prozent)
- Chihuahua (4,29 Prozent)
Der Tierschutzbund listet außerdem die Plätze 1 bis 3 der meist geschmuggelten Hunderassen aus den letzten vier Jahren auf. Demnach wurden von 2020 bis 2022 jeweils am häufigsten Zwergspitze geschmuggelt. 2019 war es prozentual noch der Malteser, der in den letzten untersuchten Jahren nun jeweils den zweiten Platz belegt. Dies liegt wahrscheinlich an der Popularität der Rassen und der Möglichkeit, viele kleine Hunde auf einmal zu transportieren.
Zudem wurden die Begründungen für die Beschlagnahmung der Tiere angegeben. Bei einem Großteil der Fälle (knapp 98 Prozent) lag ein Verstoß gegen das Tiergesundheitsgesetz vor – zum Beispiel eine fehlende oder ungültige Tollwutimpfung. In knapp 13 Prozent der Fälle lag ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vor, sowie in 13 Prozent einer gegen die Tierschutztransportverordnung. Des Weiteren habe man in knapp sieben Prozent der Fälle versucht, Hunde einzuführen, die man in Deutschland nicht halten darf. Dies betrifft Listenhunde und deren Kreuzungen, wie den Pitbull Terrier oder den American Staffordshire Terrier. Auch waren in einer Mehrheit der Fälle (über 96 Prozent), in denen bei einem Grenzübertritt ein EU-Heimtierausweis nachgewiesen werden musste, dieser entweder nicht vorhanden oder gefälscht.
Auswertung zeigt: Hunde im illegalen Handel oft krank und zu jung
Die Auswertung des Deutschen Tierschutzbundes legt ebenfalls alarmierende Zahlen zum Alter und Gesundheitszustand der von illegalem Handel betroffenen Tiere dar. So seien knapp 38 Prozent der Welpen jünger als acht Wochen gewesen und fast 50 Prozent zwischen acht und 15 Wochen alt. Dies ist bei einer Einfuhr aus dem Ausland illegal.
Auch hätten über 70 Prozent der beschlagnahmten Hunde unter Durchfallerkrankungen gelitten. Bei den Tieren wurden unter anderem Giardien, sowie Haken- und Spulwürmer festgestellt. In knapp 18 Prozent der Fälle litten die Tiere zudem an Parvovirose. Teilweise waren die Tiere in einem sehr schlechten Allgemeinzustand, waren dehydriert oder unterernährt. Bei späteren Untersuchungen zeigten sich zudem zuchtbedingte Erkrankungen und Qualzuchtmerkmale, wie das Kurzkopfsyndrom.
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Tierheime geraten an ihre Grenzen
Nach einer Beschlagnahmung kümmern sich üblicherweise Tierheime und Auffangstationen um die Opfer des illegalen Handels. Die Kosten werden vor allem durch die Vereine selbst gestemmt. Und das, obwohl die Unterbringung beschlagnahmter Tiere eine öffentlich-rechtliche Pflichtaufgabe sei, die im Auftrag der Behörden erledigt werde, wie der Tierschutzbund mitteilt. Diese Leistung werde jedoch in den seltensten Fällen so erstattet, dass alle entstandenen Kosten gedeckt seien. Für die Tierheime, die derzeit nicht nur überfüllt, sondern durch die Preiserhöhungen bei Energie, Futter und Tierarztgebühren auch finanziell am Limit sind, bedeutet dies eine extreme weitere Belastung.
Und auch indirekt badeten am Ende die Tierheime aus, dass dem kriminellen Geschäft kein Riegel vorgeschoben würde. Dr. Romy Zeller sagt dazu weiter: „Welpen, die unüberlegt und spontan über das Internet angeschafft werden, werden nicht selten von ihren Besitzern abgegeben, wenn diese überfordert sind.“ Zudem könnten hohe, unvorhergesehene Kosten entstehen, weil die Tiere eben häufig schwer krank seien. Neben finanzieller Unterstützung für die Tierheime fordere der Deutsche Tierschutzbund deswegen unter anderem eine gesetzliche Regulierung des Internethandels mit Tieren sowie eine europaweite verpflichtende Kennzeichnung und Registrierung von Hunden und Katzen, um die Problematik einzudämmen.