15. März 2023, 16:25 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Mehr als 1,3 Millionen Likes hat ein virales Tiervideo auf Instagram gesammelt. Darin füttert eine Frau sechs Füchse, die auf ihrer Terrasse sitzen und erwartungsvoll schauen. Auf dem Kanal der Nutzerin mehren sich solche Aufnahmen. Aber ist die Aktion hilfreich oder schädlich für die Tiere? Der Fuchsexperte Daniel Peller klärt im Interview mit PETBOOK auf.
In den sozialen Medien geht ein neues Tiervideo viral, das auf den ersten Blick wie so viele andere Haustier-Filmchen wirkt: Eine schwarze Katze sitzt vor einer Terrassentür und erbittet Einlass. Typisch. Dann dreht sich die Kamera aber weiter – und plötzlich sind sechs Füchse zu sehen, die auch auf der Terrasse warten. Als sich die Tür öffnet, streifen das schwarze Haustier und eine weitere Katze, die aus dem Garten auftaucht, in die Wohnung. Die Fuchsbande, wiederum, bleibt draußen stehen. Sie scheint auf etwas zu warten – eine Mahlzeit, die sie auch von der Filmerin erhält.
„Zeit fürs Frühstück“, schreibt Nutzerin Sharon Hughes unter dem Video, das sie auf ihrem Instagram-Kanal „shazzababie“ hochgeladen hat. Dort scheint die Fütterungsaktion gut anzukommen: Über 1,3 Millionen Likes hat das Fuchs-Video bereits gesammelt. In den mehr als zehntausend Kommentaren loben viele die Geste als hilfreich und niedlich. Aber es kommt auch scharfe Kritik auf. „Mit der Fütterung von Wildtieren kann ich nicht einverstanden sein“, schreibt etwa ein Nutzer. Wie ist die Aktion also einzuschätzen?
Füchse füttern: Hilfreich oder schädlich? Ein Experte erklärt
„Füchse zu füttern, mag den Menschen Freude bereiten, schadet aber den Tieren“, ordnet der Fuchsexperte Daniel Peller das Video für PETBOOK ein. Seit Jahren setzt er sich für den Schutz der Wildtiere ein, unter anderem als Fördermitglied beim Wildtierschutz Deutschland e.V. und als Betreiber des Internetportals „Fuchs-Hilfe“. Gemeinsam mit Dag Frommhold hat er das Buch „Die Weisheit der Füchse“ geschrieben.
„Es ist schön zu beobachten, wie sich das Image des Fuchses in den letzten Jahren verbessert hat“, so Peller. Man müsse aber erkennen, dass Füchse im menschlichen Siedlungsraum – „egal, ob im Dorf oder im Großstadtzentrum“ – reichlich natürliche Nahrung finden könnten. „Mäuse, Kaninchen, Ratten, Aas, Insekten, Regenwürmer, Obst und vieles mehr steht dort genauso auf dem Speiseplan wie in der Natur.“ Zudem würden die nur fünf bis acht Kilogramm wiegenden Tiere nicht mehr als 300 bis 500 Gramm Nahrung pro Tag benötigen.
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„Nicht alles, was Füchse gerne fressen, ist für sie gesund“
Ein weiteres Problem sei häufig, dass den Füchsen völlig ungeeignete Nahrung angeboten werde. „Nicht alles, was Füchse gerne fressen, ist für sie gesund – ganz im Gegenteil“, sagt Peller. Viele Arten von Hunde- oder Katzenfutter etwa würden bei Füchsen zu Verdauungsproblemen führen.
In dem viralen Video ist nicht klar erkennbar, was „shazzababie“ den Füchsen zu Fressen gibt. Womöglich könnten es Teigtaschen sein. In der Beschreibung eines weiteren Clips, der später auf Instagram gepostet wurde, gibt Hughes aber an, den Tieren englische sausage rolls, also „Wurstbrötchen“, zu servieren. Solche Nahrungsmittel würden laut Peller nicht die nötigen Nährstoffe für Füchse bieten. „Auf Dauer kann es zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen (Mangelerscheinungen, neurologische Auffälligkeiten bis hin zum Tod) kommen, wie wir leider auch in Deutschland im Rahmen der Wildtierhilfe schon feststellen mussten“, sagt der Experte.
Lebenswichtig für Füchse sei etwa Taurin – ein Abbauprodukt, das beim Stoffwechsel vieler Tiere entsteht. Wie Peller erklärt, ist dies vor allem in der Haut und in den Innereien von ganzen Beutetieren enthalten.
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Die Fütterung von Füchsen wirkt sich auch auf das Verhalten aus
Das „wohl offensichtlichste Problem“ bei der Fütterung von Füchsen sei laut Peller jedoch, wie sich die Aktion auf das Verhalten der Tiere auswirkt. „Wenn Füchse die Nähe zu uns Menschen mit Nahrung in Verbindung bringen, verlieren sie zunehmend ihre Scheu“, sagt er. Besonders kritisch sei es, die Füchse direkt an das Haus zu locken – wie etwa im Video –, oder Füchse gar aus der Hand zu füttern. „Die Tiere dafür zu belohnen, dass sie sich einem Menschen oder Haus auf kurze Distanz nähern, kann sie dazu verleiten, ihr Glück bei der nächsten Futtersuche auch bei einem anderen Menschen oder Haus zu versuchen.“
In manchen Fällen führe die Abnahme dieser Scheu dazu, dass Füchse auf der Suche nach Futter Menschen sogar nachlaufen oder Wohnhäuser betreten. „Solche Füchse werden dann leider schnell als ‘Problemfüchse’ wahrgenommen oder fälschlicherweise für krank gehalten“, sagt Peller. Das sorge für negative Presse – „auch zulasten ihrer scheuen Artgenossen“.
Eine gute Nachricht gibt es aber: Dem Fuchsexperten zufolge verlernen die Wildtiere das Jagen aufgrund des künstlichen Nahrungsangebots nicht. Eine Entwöhnung ist daher durchaus möglich. Peller bestätigt: „Falls man Füchse bislang mit Futter versorgt hat, kann man die Fütterung also guten Gewissens schrittweise einstellen und sollte das im Sinne der Tiere auch tun.“