30. November 2023, 16:51 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Was frisst Kot, hat drei Hörner und einen schillernd schwarzen Panzer? Richtig, der Stierkäfer – das Insekt des Jahres 2024.
Rein optisch hat das „Insekt des Jahres 2024“ eigentlich nicht besonders viel mit einem kuh-ähnlichen Tier gemein. Dass der Stierkäfer trotzdem so heißt, hat er der griechischen Mythologie zu verdanken. Denn eigentlich ist er nach dem Minotaurus benannt, der – laut der Sage – vom griechischen Helden Theseus mit Pillen aus Haaren und Pech getötet wurde. Und da ist auch schon die Erklärung, wie der pillendrehende, heimische Mistkäfer seinen Namen bekam.
Insekt des Jahres 2024 spielt zentrale Rolle im Ökosystem
Aber auch über einen fast mythischen Ursprung hinaus ist der Stierkäfer ein faszinierendes Tier. Er gehört mit seinen 14 bis 20 Millimetern zu den größten Käferarten in Deutschland. Zudem bedient er sich am Dung von pflanzenfressenden Tieren wie Kaninchen und Rehen. Aber auch den Mist von Schafen, Rindern und Pferden sammelt er ein, um damit seinen Nachwuchs zu versorgen. Damit spielt er als Resteverwerter eine entscheidende Rolle im Ökosystem.
Werner Schulze, Vorsitzender des Bundesfachausschusses und Mitglied im Kuratorium des „Insekts des Jahres“, erklärt in einer Pressemitteilung, warum der Stierkäfer 2024 den Titel tragen wird. Mit der Wahl erhalte er hoffentlich mehr Aufmerksamkeit – stellvertretend für alle Mistkäfer. „Sie leisten einen Schlüsselbeitrag für unsere Umwelt; sie übernehmen die Verwertung von Kot von Pflanzenfressern und lassen ihn von der Oberfläche verschwinden.“
Damit sorgten sie für eine bessere Bodenqualität, nicht nur durch den Nährstoffeintrag, sondern auch durch ihre Fertigkeit des Tunnelbaus, wodurch der Boden durchlüftet werde. „Die Entwicklung parasitischer Würmer und Fliegen wird unterdrückt, Pflanzensamen werden verbreitet und sogar Treibhausgase werden reduziert“, sagt Schulze weiter.
Insekt des Jahres 2024 bedroht durch Entwurmungsmittel
Wie viele andere Insekten auch verliert der Stierkäfer immer mehr Lebensraum. Allerdings ist er nicht nur deshalb bedroht. Er leidet unter einem pauschalen Einsatz von Entwurmungsmitteln in der Weidetierhaltung. Denn diese sind nicht nur giftig für Würmer, sondern sind auch eine Gefahr für Insekten, die den Kot als Wertstoff und Brutplatz verwenden. Fehlt der Stierkäfer im Ökosystem, zerbrechen ganze Nahrungsketten. Vor allem von heimischen Vögeln, die sich von ihm ernähren.
Um den schädlichen Einfluss auf Insekten zu reduzieren, sollten die Mittel nach Ansicht des NABU daher nur im konkreten Bedarfsfall zur Anwendung kommen und nicht prophylaktisch eingesetzt werden. Die Gesundheit der Weidetiere müsse natürlich trotzdem sichergestellt werden.
Auch interessant: Kreuzotter ist das Reptil des Jahres 2024
Dramatischer Rückgang Was jeder einzelne gegen das Insektensterben tun kann
Taubenschwänzchen wieder aktiv „Kolibri“ im Garten gesichtet? Es handelt sich nicht um einen Vogel!
Naturschutz Fischotter zur Erholung der Fischbestände erschießen? Laut Studie wirkungslos!
„Wir können uns einen Rückgang der Populationen schlicht nicht weiter leisten“
Dr. Laura Breitkreuz, Referentin für Biodiversität und Entomologie des NABU, erläutert, was dies konkret bedeutet: „Am Beispiel des Stierkäfers zeigt sich einmal mehr die enorme Bedeutung von Insekten für uns Menschen und unseren Lebensraum. Mitunter ist uns das gar nicht so bewusst.“ Die Bestäuberleistung des Stierkäfers sei für uns unentbehrlich, aber eben auch ihre Bearbeitung von Böden oder die Zersetzung von natürlichen Abfallstoffen. „Wir können uns einen Rückgang der Populationen schlicht nicht weiter leisten.“
Im Insektenschutz müsse politisch noch einiges geschehen, um ihnen ausreichend Lebensraum zurückzugeben, merkt Breitkreuz weiter an. Zudem müsse Deutschland eine eigene, wirksame Reduktionsstrategie für Pestizide entwickeln. „Auch für das EU-Renaturierungsgesetz braucht es jetzt eine zügige Umsetzung auf nationaler Ebene.”
Das Kuratorium „Insekt des Jahres“ unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Thomas Schmitt, Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut in Müncheberg, wählt in jedem Jahr ein besonderes Tier aus. Dies erhält den Titel entweder wegen seiner besonderen Wichtigkeit für Ökosysteme, seiner Seltenheit oder auch seiner „Gewöhnlichkeit“. Mit dem Titel sollen Insekten mehr Aufmerksamkeit bekommen. Auch der NABU-Bundesfachausschuss Entomologie ist Teil des Kuratoriums.
Die Schirmherrschaft für den Stierkäfer übernimmt 2024 Bundesministerin Steffi Lemke, aus dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.