2. Juni 2023, 13:42 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Jeder Hund ist einzigartig und hat seine eigene Persönlichkeit. Wissenschaftler konnten nun sieben verschiedene Persönlichkeitsmerkmale bei den Tieren identifizieren und haben untersucht, welchen Einfluss Alter und Rasse dabei haben. Das überraschende Ergebnis: Die Rasse ist gar nicht so entscheidend, wie man denkt.
Ein Golden Retriever ist immer anhänglich und freundlich, ein Dobermann stets aufgeregt und wachsam. Vorurteile dieser Art gibt es viele über die verschiedenen Hunderassen. Aber was davon stimmt? Ein Team von Wissenschaftlern der Universität Helsinki in Finnland hat sich der Frage gewidmet, welche Faktoren tatsächlich die Persönlichkeit unserer Hunde beeinflussen. Dabei konnte das Team um Erstautorin Milla Salonnen sieben verschiedene Persönlichkeitsmerkmale identifizieren. Zudem untersuchten die Wissenschaftler, welche Rolle dabei Umweltfaktoren und das Alter der Hunde spielen.
Dafür werteten Salonnen und ihre Kollegen Daten einer Kohortenstudie von 11.418 Hunden aus, die zwischen einem Monat und 17 Jahren alt waren. Die Tiere gehörten 52 unterschiedlichen Hunderassen an. Ziel dieser wahren Mammut-Aufgabe war es, mehr über die Persönlichkeit von Hunden zu erfahren, da diese noch immer wenig untersucht sei. Dabei sei die Persönlichkeit jedoch wichtig für das Wohlbefinden von Haustieren und anderen domestizierten Tieren und könne auch Beziehungen zwischen Mensch und Tier beeinflussen. „Genetische und umweltbedingte Faktoren, die unerwünschtes Verhalten bei Hunden beeinflussen, sind einigermaßen gut bekannt, aber die Faktoren, die die Persönlichkeit von Hunden beeinflussen, sind noch nicht ausreichend erforscht“, schreiben die Wissenschaftler in ihrer Studie.
Die 7 Persönlichkeitsmerkmale bei Hunden
Für eine gute Vergleichbarkeit der Daten konnten die Forscher sieben verschiedene Persönlichkeitsmerkmale identifizieren, welche im Verhalten von Hunden vorkommen. Diese sind:
- Unsicherheit
- Fokus auf das Training
- Aggressivität/Dominanz
- Energie
- Sozialisierung mit Menschen
- Sozialisierung mit Hunden
- Ausdauer
Anschließend stellten sie diese Verhaltensweisen zwölf verschiedenen Umweltfaktoren gegenüber, um deren Einfluss auf die Persönlichkeit feststellen zu können. Darunter zählten etwa Faktoren wie das Alter und Geschlechter der Tiere, ob sie sterilisiert waren und auch, welcher Rasse oder Rassegruppe sie angehörten.
Auch wie die Hunde leben, wurde in den Umweltfaktoren berücksichtigt. Darunter fallen Sozialisierung des Tieres mit anderen Hunden oder mit Menschen, sowie der Hauptgrund, warum der Hund gehalten wird – also ob das Tier als Hüte-, Haus-, Hof- oder Jagdhund lebt. Auch die Hundeerfahrung der Halter spielte eine Rolle bei der Datenauswertung, ebenso wie die tägliche Zeit, die der Hund allein verbringt, oder in der er sich austoben darf. Als Letztes wurde noch untersucht, ob es einen Unterschied für die Persönlichkeit eines Hundes macht, wenn ein anderer Hund im Haushalt lebte, als er selbst einzog.
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Was die Forscher feststellten
Die Studie lieferte einige, spannende Ergebnisse für das Verhalten von Hunden und den Einfluss von Umweltfaktoren auf die Persönlichkeit der Tiere. Die Wissenschaftler räumen aber auch ein, dass alle untersuchten Faktoren zwar Unterschiede zeigten, aber dass nur einen begrenzten Zusammenhang zwischen Umwelt und Persönlichkeit gäbe.
Ältere Hunde sind weniger verträglich mit Artgenossen
So zeigt sich beispielsweise, dass Hunde etwas unsicherer werden, wenn sie altern. Sie sind dann auch etwas weniger verträglich mit Menschen, aber noch mehr wirkt sich das Alter negativ auf die Energie und Sozialverträglichkeit mit anderen Hunden aus. Allerdings zeigte sich ein positiver Effekt für den Trainingsfokus der älteren Hunde.
Der Grad der Sozialisierung im Welpenalter, die Häufigkeit von Ausübung von Hobbys und der Hauptgrund, weshalb der Hund gehalten wurde, hatten den größten Effekt auf die Verträglichkeit mit Artgenossen. Zudem stellten die Forscher fest, dass verschiedene Rassen ganz unterschiedliche Charaktere ausbilden können. Auch das Alter kann einen bedeutenden Einfluss auf alle Persönlichkeitsmerkmale der Tiere haben.
Weibchen eher fokussiert auf Training, Rüden haben mehr Energie
Das Geschlecht der Hunde spielte bei der Ausbildung bestimmter Persönlichkeitsmerkmale die geringste Rolle. Allerdings zeigten sich gewisse Tendenzen. Etwa, dass weibliche Hunde etwas unsicherer waren als männliche. Auch hatten sie einen höheren Fokus auf ihr Training und die Sozialisierung mit Menschen. Rüden dagegen hatten höhere Werte beim Energielevel, Aggressivität/Dominanz und Sozialisierung mit anderen Hunden.
Die Rasse bzw. Rassegruppe zeigte deutliche Abweichungen von der Norm, wenn es um aggressives sowie dominantes Verhalten der Tiere ging. Sie wirkte sich darüber hinaus noch auf die Umgänglichkeit mit Menschen und die Ausdauer der Hunde aus. Allerdings wirkte sie sich weit weniger stark aus, als oft vermutet wird.
Rasse nicht entscheidend für den Charakter eines Hundes
„Persönlichkeitsmerkmale sind in hohem Maße genetisch bedingt, da die geschätzte Erblichkeit beim Menschen und im Tierreich oft zwischen 40 und 50 Prozent liegt“ schreiben Salonnen und Kollegen in ihrer Studie. Einen direkten Zusammenhang zwischen verschiedenen Eigenschaften und der Rasse konnten sie nicht feststellen. Bereits 2022 hatte eine weitere Studie erste Anhaltspunkte dafür geliefert, dass ein genereller Charakter von Rassehunden nicht überbewertet werden sollte. Laut den Ergebnissen der Studie haben die unterschiedlichen Rassen nur 9 Prozent unterschiedliche Charaktermerkmale und Verhaltensweisen gezeigt.
Trotz dieser ersten Erkenntnisse bleibt die Persönlichkeit von Hunden noch weitgehend unerforscht. Es gibt jedoch erste Belege dafür, dass Stereotype über verschiedene Hunderassen sich, zumindest wissenschaftlich, nicht beweisen lassen. Weitere Untersuchungen müssen folgen, damit wir die Persönlichkeiten unserer Haustiere noch besser verstehen lernen.
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Quellen
- Salonen, M., Mikkola, S., Niskanen, J. E., Hakanen, E., Sulkama, S., Puurunen, J., & Lohi, H. (2023). Breed, age, and social environment are associated with personality traits in dogs. Iscience, 26(5).
- Morrill, K., Hekman, J., Li, X., McClure, J., Logan, B., Goodman, L., … & Karlsson, E. K. (2022). Ancestry-inclusive dog genomics challenges popular breed stereotypes. Science, 376(6592), eabk0639.
- Earth.com, „Study reveals the dog breeds that are truly man’s best friend“ (aufgerufen am 02.06.2023)