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Anwohner genervt

Warum Pfauen in Miami jetzt eine Vasektomie droht

In Südflorida vermehren sich wild lebende Pfauen tadellos, weshalb ihre Population jetzt mittels Vasektomien eingedämmt werden soll
In Südflorida vermehren sich wild lebende Pfauen tadellos, weshalb ihre Population jetzt mittels Vasektomien eingedämmt werden soll Foto: Gety Images / Serenethos
Ninja Sinke Autorin

15. August 2023, 11:08 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

In Pinecrest, Florida, gibt es ein Pfauen-Problem. Die auffallenden Vögel vermehren sich seit Jahrzehnten unkontrolliert und machen zunehmend die Nachbarschaften unsicher – zerkratzte Autos sind nur eines der Ärgernisse der Anwohner. Damit soll jetzt Schluss sein, indem eine unübliche Methode angewandt wird: eine Vasektomie bei den männlichen Pfauen.

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Pinecrest ist eine kleine, wohlhabende Gemeinde im Miami-Date County im US-Bundesstaat Florida. Wer sich dort umsieht, findet sich inmitten üppiger Grünanlagen und vornehmer Häuser wieder – der durchschnittliche Immobilienwert liegt bei einer Million US-Dollar. Neben den etwa 18.000 Einwohnern hält sich dort eine zunehmende Pfauen-Population auf. Obwohl das farbenfroh schillernde Gefieder der männlichen Vögel durchaus schön anzusehen ist, entsprechen die Vögel oft nicht dem Geschmack ihrer menschlichen Nachbarn. Eine Zunahme der Beschwerden hat dazu geführt, dass Pinecrest als die Erste mehrerer betroffener Gemeinden den Pfauen-Bestand eindämmen wird. Die Maßnahme der Wahl? Männliche Pfauen sollen einer Vasektomie unterzogen werden.

Gemeinde beauftragt Tierarzt für Pfauen-Vasektomien

Die wachsende Zahl der Pfauen in Pinecrest ist für viele Anwohner ein Ärgernis. Sei es, weil die Vögel Dächer stattlicher Häuser zerkratzen, den Lack teurer Autos anpicken, auf das gepflegte Gras in Einfahrten koten oder die Anwohner in den frühen Morgenstunden mit ihren durchdringen Schreien wecken. Eine Ausnahmeregelung ermöglicht nun das Einfangen der männlichen Pfauen, um sie einer Vasektomie zu unterziehen.

Die Gemeinde hat den Tierarzt Dr. Don J. Harris damit beauftragt, hunderte der Eingriffe durchzuführen. Er ist spezialisiert auf die Behandlung exotischer Tiere und vom Nutzen der Maßnahme überzeugt. Harris erklärt der US-Zeitung „New York Times“: „Pfauen sind echte Polygamisten. Wir werden einen Pfau fangen und wahrscheinlich sieben Weibchen an der Fortpflanzung hindern. Das wird einen exponentiellen Erfolg haben.“ 

Auch interessant: Auch Vögel lassen sich „scheiden“ – aus ähnlichen Gründen wie Menschen 

Vorteile der Vasektomie bei Pfauen

Eine Vasektomie ermöglicht es den männlichen Pfauen, weiterhin ihr farbenfrohes Gefieder zur Schau zu stellen und ihrem natürlichen, dominanten Verhalten nachzugehen. Eier befruchten können die Vögel nach dem Eingriff jedoch nicht mehr und das Wachstum der Population wird so schonend verlangsamt. Zwar ist eine Vasektomie, bei der die Samenleiter durchtrennt werden, weniger kompliziert als eine vollständige Kastration. Dennoch handelt es sich dabei um einen chirurgischen Eingriff, der unter Sedierung durchgeführt wird.

Zudem sei es nicht ganz einfach, Pfauen mit ihren scharfen Schnäbeln und Krallen einzufangen. Dr. Harris würde die Pfauen etwa drei Tage bei sich behalten, bevor er sie wieder dorthin bringt, wo sie vorher gelebt haben. Es sei geplant, Fallen auf Anfragen der Anwohner hin zu platzieren. Shannon del Prado, Mitglied des Gemeinderates von Pinecrest, vergleicht die Pfauen mit streunenden Katzen. Der Lokalzeitung „Miami Herald“ sagt sie: „Wir rotten sie [die Pfauen] nicht aus. Wir kontrollieren nur ihre Zahl.“

Meinung der Anwohner und Experten gespalten

Über den Umgang mit den Pfauen gibt es keine einheitlichen Regelungen. Auch die Meinungen dazu gehen weit auseinander, das zeigt sich auch in der in ihren Ansichten gespaltenen Bezirkskommission. Dennoch wurden die geplante Maßnahme im Juli dieses Jahres genehmigt. Einige Anwohner sind dafür, dass die Tiere bleiben, sie preisen ihre majestätische Schönheit. Andere, die sich durch das Verhalten der Vögel eingeschränkt sehen, bezeichnen sie als ungebremste Plage, die sie gar verabscheuen.

Dr. Jim Wellehan, Professor für zoologische Medizin an der Universität von Florida, hat selbst vor Jahren ähnliche Eingriffe zur Populationskontrolle von Stockenten durchgeführt. Er äußert sich der Zeitung „New York Times“ gegenüber zu den Pfauen-Vasektomien: „Um ehrlich zu sein, sind die Kosten für Fang- und Freilassungsprogramme wirklich schwer zu rechtfertigen.“ Um die Gemüter innerhalb der Nachbarschaften friedlich zu stimmen, sei das Keulen der Vögel dennoch nicht zu empfehlen. Südlich von Pinecrest, in Palmetto Bay, sorgte die Keulung aggressiver Moschusenten in der Vergangenheit für so viel Empörung unter Anwohnern, dass einige eine Mahnwache für die gestorbenen Enten abhielten.

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Pfauen in Florida kein neues Problem

Ob oder wie gut dieses Pilotprojekt der Pfauen-Vasektomie funktionieren wird, ist bislang nicht abschätzbar. Sicher ist jedoch, dass etwas getan werden muss. Doch es handelt sich bei den Vögeln nicht um ein neues Problem der menschlichen Bewohner Südfloridas. Aufgrund des milden Klimas leben dort neben heimischen Arten wie Alligatoren und Haien, auch invasive Tiere wie Pythons und Leguane. Besonders die milden Winter überleben auch exotische Tiere – darunter Pfauen, die ursprünglich nur in Indien und Sri Lanka vorkamen. Vor mehreren Tausend Jahren fanden die bunten Vögel jedoch bereits ihren Weg in den Mittelmeerraum und sind heute, neben Florida, in vielen verschiedenen Regionen der Erde anzutreffen.

Einige Stadtteile von Miami bewohnen die Vögel seit Jahrzehnten. Die Stadt ist gar ein Vogelschutzgebiet, auch Hühner laufen frei in den Straßen herum. Als das Einfangen von Pfauen 2021 verboten wurde, war die Population jedoch noch deutlich kleiner. Zudem waren die Vögel lange Zeit fast ausschließlich in der noblen Nachbarschaft Coconut Grove beheimatet.

Örtliche Behörden vermuten hinter der zunehmenden Verbreitung in den Süden von Miami die Umwandlung alter Häuser in moderne Gebäude. Die damit einher gehende Zerstörung der üppigen Vegetation der Gegend macht diese für Pfauen zunehmend unattraktiv. In Pinecrest finden sie dagegen weiterhin große Grünflächen, auf denen sie sich nur allzu gerne aufhalten und sich blühend vermehren.

Quellen

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