22. August 2024, 17:25 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Es ist eine kontroverse Entscheidung, die aktuell ganz Australien spaltet. So hatte das höchste Gericht entschieden, dass die Tötung von Tausenden Wildpferden fortgesetzt werden darf. Damit scheitert die Klage einer Tierschutzorganisation, welche das Abschießen aus der Luft als Tierquälerei angeprangert hatte.
Die australische Regierung plant, in einem Nationalpark massenhaft Wildpferden aus der Luft zu erschießen. Dieses Vorhaben stieß bereits im Vorjahr weltweit auf großes Entsetzen. Laut offizieller Aussage der Regierung des Bundesstaates New South Wales leidet der dortige Kosciuszko-Nationalpark unter einer regelrechten Wildpferde-Plage.
Demnach leben dort schätzungsweise 22.000 wilde Pferde und somit viel zu viele für das dortige Ökosystem. Daher will die Regierung die Population nach gesetzlichen Vorgaben auf 3.000 reduzieren. Dabei setze man unter anderem auf die Hilfe von Scharfschützen. Sie sollen aus Helikoptern heraus tausende verwilderte Pferde erschießen (PETBOOK berichtete). Einige der verwilderten Tiere, sollen zudem in andere Gebiete umgesiedelt werden.1
Wildpferd-Population soll massiv reduziert werden
Sollten diese Zahlen also stimmen, wären etwa 19.000 „Brumbies“ – so werden die Wildpferde in Australien genannt – von diesen Maßnahmen betroffen. Es gibt aber auch Stimmen, die die Schätzung von 22.000 Wildpferden als viel zu hoch angesetzt erachten. So auch Emily Rice von der Tierschutzorganisation Peta Australia. Im Gespräch mit PETBOOK erklärt sie, dass es keine gesicherten Zahlen über die tatsächliche Größe des dortigen Bestandes gebe.
Tierschützer zweifeln die Zahlen der Regierung an
„Während die Regierung die Zahl der Brumbys mit Hunderttausenden angibt, argumentieren Naturschutzgruppen, dass es eher ein paar Tausend sind“, so Rice. Dies zeige, dass die Brumby-Population möglicherweise überschätzt werde, um die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass Massentötungen notwendig seien. „Ähnlich wie die Zahl der Kängurus, die anscheinend verdreht wird, um ihre Tötungen zu rechtfertigen, damit ihr Fell und Fleisch verkauft werden kann“, äußert Rice ihren Verdacht.
Daher hielten es viele Tierschützer für unsinnig, eine Massentötung von Brumbys zu planen, bevor die genauen Zahlen vor Ort überhaupt geklärt seien. Zudem hätten Studien ergeben, dass Wildpferde in 99 Prozent keine bleibenden Auswirkungen durch Beweidung oder Zertrampeln auf den australischen Gebirgszug Bogong High Plains hatten.
„Wildpferde können auch eine positive Rolle für die Artenvielfalt spielen“
„Wir dürfen nicht vergessen, dass Wildpferde auch eine positive Rolle für die Artenvielfalt spielen können“, erklärt Tierschutz-Aktivistin Emily Rice. „Ihr Mist zieht beispielsweise Insekten an, die einheimische Echsen wie die Skinke ernähren. Und in ihren Hufabdrücken wurden einheimische Froscheier gefunden.“ Daher müsse man andere Lösungen finden, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Massenerschießungen könnten hier nicht die Antwort auf das Problem sein.
So hatte auch die lokale Tierschutzorganisation argumentiert, die gegen dieses Vorhaben geklagt hatte. Denn das Abschießen der Tiere aus der Luft füge den Pferden „unnötige oder ungerechtfertigte“ Schmerzen hinzu. So könnten nicht tödliche Schüsse ein echtes Risiko darstellen und für verwundete Tiere einen qualvollen und langwierigen Tod bedeuten. Somit seien die Massenerschießungen aus der Luft ein Akt der Tierquälerei.2
„In Australien werden Tiere oft als ‚Schädlinge‘ abgestempelt, nur weil sie die Profite stören“
Das sah das Gericht allerdings anders und wies die Klage nach einer dreitägigen Anhörung ab. „Das Gericht entschied, dass das Tierwohl nicht der einzige und auch nicht der wichtigste Gesichtspunkt ist, den der Minister berücksichtigen muss“, hieß es dazu im Urteil.3
Peta-Aktivistin Emily Rice wittert aber hinter den Plänen ganz andere Intentionen, wie sie offen gegenüber PETBOOK erklärt. „In Australien werden Tiere oft als ‚Schädlinge‘ abgestempelt, nur weil sie die Profite stören, die mit der Ausbeutung anderer Tiere erzielt werden.“
So behaupte die australische Regierung sowie die Behörden der Bundesstaaten, dass es bei der dem Erschießen der Wildpferde um den Schutz der Umwelt gehe. „Doch die Beamten werfen Geld in die Fleisch- und Wollindustrie, die Millionen Hektar australischen Lebensraums für einheimische Tiere dem Erdboden gleichmacht, um Weidetiere zu züchten, die Tonnen von Methan ausstoßen.“
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Brumbys sind Nachkommen von domestizierten Pferden der europäischen Siedler
Anstatt die Wildpferde massenhaft zu erschießen, sollte man nachhaltiger vorgehen, sagt Rice. Immerhin handelt es sich um die Nachkommen von domestizierten Pferden der europäischen Siedler. „Zu den vorgeschlagenen humanen Bekämpfungsmaßnahmen gehört eine Kombination aus der Suche nach einem neuen Zuhause für die Tiere. Sowie Geburtenkontrolle, ein Modell, das in Neuseeland bereits Anwendung findet.“