16. April 2023, 14:44 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Erwachsene Wiedereinsteiger im Reitsport haben spezielle Bedürfnisse. Nur wenige Reitlehrer sind darauf geschult. Mit diesen Tipps finden Sie trotzdem Ihren Trainer.
Wer sich nach Jahren oder gar Jahrzehnten erneut oder gar erstmalig auf ein Pferd setzen möchte, erhält vom passenden Reitlehrer die nötige Unterstützung. Einen passenden und vor allem kompetenten Trainer zu finden, ist meist jedoch schwerer, als zunächst vermutet. Welche unterschiedlichen Qualifikationen es gibt und worauf Wiedereinsteiger bei der Wahl eines möglichst passenden Reitlehrers achten sollten, verrät PETBOOK.
Inhaltsverzeichnis
Bedürfnisse von Spät- und Wiedereinsteigern im Reitsport
Selbst wenn man als Kind auf einem Pferd gesessen hat und vielleicht wild durch die Wälder galoppiert ist – spätestens ab „über 40“ lässt die Risikofreudigkeit nach. Wenn man sich entscheidet, nach vielen Jahren wieder in den Sattel zu steigen, können vor der ersten Reitstunde lähmende Ängste durch den Kopf schießen. Was mache ich, wenn das Pferd sich erschreckt und plötzlich losrennt? Was ist, wenn ich die Übungen, die der Trainer mir zeigt, nicht umsetzen kann und mich vor ihm und möglichen Zuschauern blamiere? Bin ich vielleicht sogar viel zu alt und zu ungelenkig für das Reiten?
Um diese Ängste unter Kontrolle zu bekommen, spielt die Dreiecksbeziehung zwischen Reiter, Schulpferd und Trainer eine entscheidende Rolle. Besonders wichtig für Wiedereinsteiger ist, dass es dem Reitlehrer gelingt, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Genauso wichtig ist die Wahl des richtigen Schulpferds. Es sollte gutmütig, gut ausgebildet und angenehm zu sitzen sein.
Warum gute Reitlehrer nicht nur für Wiedereinsteiger schwer zu finden sind
In Deutschland gibt es zwar rund 7.300 Reitvereine und vermutlich doppelt so viele Trainer. Die Schwierigkeit liegt aber darin, dass die Bezeichnung „Reitlehrer“ hierzulande nicht geschützt ist. Es ist ein freier Beruf, der keiner behördlichen Kontrolle unterliegt.
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Diese Qualifikationen gibt es bei Reitlehrern
Es gibt auch bei Reitlehrern Qualitätsmerkmale, an denen Sie sich orientieren können. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) ist dafür Ansprechpartner. Sie ist der Dachverband von Züchtern, Reitern, Fahrern und Voltigierern in Deutschland. Reitlehrer können dort Trainer-Lizenzen erwerben, die an bestimmte Voraussetzungen und Prüfungen gebunden sind und so Orientierung bieten. Die Trainer-Lizenz gilt immer nur für 4 Jahre und läuft aus, wenn in dieser Zeit keine Fortbildungen absolviert werden.
Drei Lizenzstufen zählen zur Auswahl: Der Trainer C, der Trainer B und der Trainer A, die jeweils aufeinander aufbauen. Je nach Interessenlage werden Trainerscheine in den Bereichen Reiten, Fahren, Voltigieren, Westernreiten, Distanzreiten, Gangreiten oder klassisch-barocke Reiterei absolviert. Die FN bietet außerdem die Ergänzungsqualifikation „Spät- und Wiedereinsteiger“ an, die alle genannten Trainer machen können. Sie wird allerdings eher selten erworben.
Um eins vorwegzunehmen: Sie müssen nicht unbedingt mit einem Reitlehrer arbeiten, der eine Trainer A-Lizenz vorweisen kann. Natürlich ist die A-Lizenz die höchste Auszeichnung. Diese Trainer lernen in ihrer Ausbildung etwa die Motive und Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen zu analysieren und auf dieser Grundlage motivierende, ganzheitliche Unterrichtskonzepte und Lehrgangsangebote zu gestalten. Das nutzt Ihnen allerdings nicht so viel, wenn die Chemie zwischen Ihnen und dem Trainer nicht stimmt oder Sie sich nicht wohlfühlen.
Schon ab der C-Lizenz steht bei angehenden Reitlehrern die Ausbildung und Begleitung von u. a. erwachsenen Wiedereinsteigern auf dem Lehrplan. Um die Art und Weise, wie unterrichtet werden kann, geht es bei der nächsthöheren Lizenz, dem Trainer B. Da die FN an den Trainerlizenzen Geld verdienen möchte, ist nicht jeder Reitlehrer gewillt oder finanziell dazu in der Lage, alle Trainerscheine zu machen. Daher gibt es sehr viele Ausbilder, die „nur“ eine C-Lizenz haben, aber trotzdem viele Jahre Erfahrung im Umgang mit Pferden und Reitschülern haben.
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Worauf Spät- und Wiedereinsteiger bei der Wahl des Reitlehrers achten sollten
Theoretisch ist es erst mal nicht entscheidend, ob ein Trainer eine C-, B- oder sogar A-Lizenz hat, sondern ob dessen Zielgruppe tatsächlich erwachsene Wiedereinsteiger sind. Denn nur wenn er sich darauf spezialisiert hat, mit Erwachsenen zu arbeiten, kennt er die Bedürfnisse und weiß mit ihnen umzugehen. Denn beim Unterricht für Erwachsene geht es primär um die Vermittlung von Grundlagen von Horsemanship, Sitz und Einwirkung. Natürlich geht es auch darum, Ängste nehmen zu können.
Auf der Website der Reiterlichen Vereinigung gibt es einen Link zur Ausbilderbörse. Dort geben Sie Ihre Postleitzahl ein und den Radius, den Sie bereit sind, zu fahren. Mit etwas Glück werden Ihnen passende Trainer angezeigt. In vielen Fällen schreiben die Trainer dort bereits, welche Zielgruppe sie bedienen. Falls das nicht der Fall sein sollte, einfach beim ersten Gespräch danach fragen, ob Erfahrungen mit Erwachsenen bestehen. Wenn Sie sich beim ersten oder zweiten Termin mit Ihrem neuen Reitlehrer trotzdem nicht wohlfühlen, zwingen Sie sich nicht, sondern begeben Sie sich noch mal auf die Suche. Manchmal dauert es ein wenig, bis man „seinen“ Ausbilder gefunden hat, der einem mit Herz und Verstand zur Seite steht.
Es muss übrigens nicht zwangsläufig die FN sein, die Ihnen als Spät- oder Wiedereinsteiger zu einem guten Reitlehrer verhilft. Sie können genauso gut zunächst in Ihrem Bekanntenkreis nachfragen, wo es in Ihrer Umgebung passende Reitlehrer gibt, und sich diese dann in den Ställen und Vereinen ansehen.