22. September 2023, 11:04 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Viele Pferde, die auf der Weide stehen, werden von Spaziergängern unerlaubt gefüttert. Sogar vermeintlich harmlose Karotten oder vom Wegesrand abgerissenes Gras können, obwohl gut gemeint, gefährlich werden. PETBOOK erklärt, warum unerlaubtes Füttern von Pferden für diese tödlich enden kann.
„Füttern strengstens verboten“-Schilder halten viele Menschen nicht davon ab, Pferden über den Weidezaun hinweg oder sogar in ihre Box hinein etwas Gutes tun zu wollen und sie zu füttern. Doch unerlaubtes Füttern kann Pferde krank machen – und sie im schlimmsten Fall töten. Verzweifelte Pferdehalter versuchen, ihre Tiere neben Verbotsschildern mit doppelten Weidezäunen, Sichtschutz, Videoüberwachung und mehr zu schützen. Denn bei der Fremdfütterung von Pferden, die ein empfindliches Verdauungssystem haben, handelt es sich um ein ernstes Problem. PETBOOK erklärt die Hintergründe.
Übersicht
Falsche Fütterung macht Pferde krank
Die Gesundheit von Pferden hängt maßgeblich davon ab, wie die Tiere gefüttert werden. Falsche Fütterung kann bei ihnen zu unterschiedlichen Gesundheitsproblemen und Verhaltensauffälligkeiten und -störungen führen. Magengeschwüre oder Koliken – darunter fallen unter anderem Darmverlagerungen und Aufgasungen – bedeuten für Pferde starke Schmerzen und können lebensbedrohlich sein.
Ihre Ernährung setzt sich aus drei Hauptkomponenten zusammen. Eine wichtige Rolle spielt beim Füttern von Pferden rohfaserreiches Raufutter, dazu gehören Weidegras, Silage, Heu und Stroh. Energielieferant ist auch das sogenannte Kraftfutter, dazu zählen die Getreide Hafer, Mais, Gerste und Mischfutter. Gemüse und Obst, etwa Äpfel, Karotten, Rüben und Rote Bete, werden als sogenanntes Saftfutter gegeben.
Vermeintlich harmlose Lebensmittel können für Pferde gefährlich werden
Haushaltsgemüse wie Äpfel oder Karotten, aber auch Gras könnte Pferden in der Theorie gefüttert werden. Jedoch werden auch als für Pferde unbedenklich geltende Lebensmittel immer wieder für die Tiere gefährlich. „Auch wenn Sie es für harmlos halten, könnten die Pferde unter gesundheitlichen Problemen oder Allergien leiden“, erklärt Dr. Jo Hockenhull, Wissenschaftler an der veterinärmedizinischen Fakultät der Bristol Universität, in einer Pressemitteilung der Universität.
Nicht gekaute Obst- oder Gemüsestückchen können zudem zu Schlundverstopfungen führen. Neben der nicht zu kontrollierenden Menge des Futters spielt auch die Qualität eine wichtige Rolle – denn gerne wird auch mal verschimmeltes Brot verfüttert. Auch vermeintlich harmlose Lebensmittel sollten den Tieren daher nicht ohne Erlaubnis angeboten werden. Zudem kann die Zufütterung in einem Herdenverband zu Unruhe und sogar Streitigkeiten der Pferde untereinander führen. Mögliche Verletzungen von Pferd und Mensch sind daher ebenfalls zu bedenken.
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Fast ein Drittel der Pferde erkrankt als Folge unbefugten Fütterns
Auch vorhandene Daten zum Gesundheitszustand von Pferden bei Fremdfütterung verdeutlichen das Problem. Eine Befragung der British Horse Society und der veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Bristol aus dem Jahr 2021 ergab, dass unbefugtes Füttern von Pferden zu schweren Verletzungen, Erkrankungen und in einigen Fällen sogar zum Tod der Tiere führte.
Mehr als ein Viertel der 1017 befragten Pferdehalter gab an, dass ihre Tiere ohne ihre Erlaubnis gefüttert wurden. Von diesen Pferden erkrankte fast ein Drittel als Folge unbefugten Fütterns. Für die Hälfte der erkrankten Pferde war eine tierärztliche Behandlung notwendig, ein Drittel erholte sich nicht vollständig. Ein weiteres, erschreckendes Ergebnis der Befragung: 16 Prozent der erkrankten Tiere verstarben oder mussten eingeschläfert werden.
Pferd stirbt nach unerlaubtem Füttern mit Baguette
Eine Pferdehalterin aus Niedersachsen verlor im März dieses Jahres auf tragische Weise ihr Islandpferd. Zu dem Vorfall äußerte sie sich in einem emotionalen Post auf Facebook, in dem sie die Allgemeinheit dazu aufruft, endlich nicht mehr ihre Pferde unerlaubt zu füttern. Ihre Stute namens Mimi verstarb an einer schweren Kolik, auch der dazu gerufene Tierarzt konnte sie nicht retten. Die Ursache? Zwiebelbaguette, dessen Reste die Halterin auf der Weide fand.
Aufgestellte Schilder, die das Füttern der Pferde untersagen, ignorieren Anwohner den Angaben der Halterin regelmäßig. „Das sind MEINE Pferde und kein Allgemeingut. Ich füttere eure Kinder oder Hunde ja auch nicht und vor allem mit nichts, was ihnen Schmerzen bereitet oder gar zum Tod führt“, schreibt sie weiter.
Pferde sind Eigentum, dessen Beschädigung strafbar ist
Pferde gelten in Deutschland rechtlich als Eigentum, dessen Beschädigung strafbar ist. Das verdeutlicht ein entsprechender Gerichtsbeschluss aus dem Jahr 2008. Das Oberlandesgericht Karlsruhe verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe in Höhe von mehreren Tausend Euro, nachdem dieser drei Pferde unbefugt gefüttert hatte. Er reichte den Tieren frisches Heu, am darauffolgenden Tag erkrankten diese an schweren Koliken. Zwei Pferde überlebten, doch eine trächtige Stute, und damit ihr ungeborenes Fohlen, mussten eingeschläfert werden.
Der Angeklagte soll seinen Angaben nach unwissend gehandelt haben, während der Besitzer der Pferde darauf verwies, dass an den Boxen angebrachte Schilder das Füttern der Pferde eindeutig untersagten. In diesem Fall berief sich das Gericht auf den § 823 der Schadensersatzpflicht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und sprach den Angeklagten schuldig. Doch nicht erst mögliche Geldstrafen und der vermeidbare Tod der Tiere sollten Menschen davon abhalten, unbefugt Pferde zu füttern.
Behalten oder melden? Das sollte man tun, wenn einem eine Katze zuläuft
Quellen
- Pferd-aktuell.de, „Fütterung: Pferde richtig füttern“ (aufgerufen am 21.09.2023)
- Pferderevue.de, „Wie schützt man Pferde vor unbefugter Fütterung?“ (aufgerufen am 21.09.2023)
- Openjur.de, „Zur Haftung bei Fütterung fremder Tiere“ (aufgerufen am 21.09.2023)
- Bristol.ac.uk, „The British Horse Society and Bristol Vet School are asking the public to stop feeding horses“ (aufgerufen am 21.09.2023)
- Gesetze-im-Internet.de, „Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 823 Schadensersatzpflicht“ (aufgerufen am 21.09.2023)