2. Oktober 2024, 17:35 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Mit dem Tod eines geliebten Haustiers geht jeder anders um. Während sich einige gleich ein neues Tier ins Haus holen, gibt es viele, die erst einmal warten und den Verlust verarbeiten wollen – bevor sie eventuell ein anderes Tier in ihr Leben lassen. Es gibt aber auch eine stetig wachsende Community an Haltern, die sich ihre verstorbenen Haustiere klonen lassen. Weltstar Barbra Streisand ist eine von ihnen.
Für viele mag die Vorstellung, dass es Menschen gibt, die mit geklonten Ebenbildern ihrer früheren Haustiere zusammenleben, etwas befremdlich wirken. Immerhin trifft man nicht alle Tage jemanden, der von sich behaupten kann, eine geklonte Variante eines bereits verstorbenen Haustiers zu besitzen. Was nach futuristischen Science-Fiction-Streifen klingt, ist längst Realität. Es gibt durchaus einen Markt dafür, Haustiere zu klonen – und dieser wächst stetig. Inzwischen gebe es bereits mehr „kopierte“ Tiere auf der Welt, als man vielleicht denkt, zitiert „Deutschlandfunk Nova“ den Biologen Mario Ludwig.
Auch interessant: Schwarzbär bricht im Flugzeug aus und sorgt für stundenlange Verspätung
Sogar in Deutschland leben bereits geklonte Tiere
Eine genaue Zahl lasse sich zwar nicht benennen. Aber laut einer koreanischen Firma, die auf die Klonung von Haustieren spezialisiert ist, wurden alleine von diesem Unternehmen zwischen 2006 und 2019 mehr als 1400 Hunde geklont. In Deutschland leben zwei von ihnen, einer davon in Sachsen. Eine prominente Fürsprecherin der umstrittenen Klonerie ist übrigens Weltstar Barbra Streisand, die sich 2017 ihre Coton-de-Tuléar-Hündin Samantha gleich zweifach klonen ließ. Die beiden Klonhunde hören auf die Namen Miss Violet und Miss Scarlett und wurden bei Instagram schon häufiger stolz von ihrer berühmten Halterin präsentiert.
Neben Südkorea werden mittlerweile auch in China und den USA Tiere geklont. Dabei werden neben Haustieren und bedrohten Tierarten auch Polizei-Hunde im Labor kopiert. Sogar ein Filmhund wurde Medienberichten zufolge schon geklont. Allerdings müssen Interessenten tief dafür in die Tasche greifen, denn so ein Klontier liegt preislich in der Liga eines Sportwagens. „Im Augenblick liegen die Preise fürs Klonen bei 50.000 Euro für einen Hund. Für eine Katze muss man 32.000 Euro berappen“, verrät Mario Ludwig.
Lässt sich der Charakter des Tieres mitklonen?
Für ein geklontes Pferd muss mit etwa 77.403 Euro gerechnet werden. Ein stolzer Preis. Allerdings reiche das „Ergebnis“ – also das kopierte Tier – extrem nah ans Original heran, verspricht eine der Klonfabriken, die sich selbst ganz lapidar als „Hunde-Klon-Service“ bezeichnet. Zwar liege die genetische Übereinstimmung bei mehr als 99 Prozent, dennoch könne man nicht die Garantie dafür übernehmen, dass das geklonte Tier auch wirklich identisch mit dem Vorgänger ist. Vorstellen müsse man sich das etwa wie bei eineiigen, menschlichen Zwillingen, die auch nicht komplett identisch sind.
Konkret bedeute das, dass beim Verdopplungsvorgang Flecken am Kopf beispielsweise zur Schnauze oder über das Auge wandern können. Was dann natürlich zur Folge hätte, dass die beiden Hunde optisch nicht identisch sind. Und auch der Charakter der Tiere sei nicht zwangsläufig derselbe. „Das natürliche Temperament des geklonten Tieres ist dem des Spendertieres ähnlich, kann sich aber je nach der Umgebung, in der es aufwächst, leicht verändern“, heißt es dazu auf der Seite von Sinogene Biotechnology. Die chinesische Firma bietet das Klonen von Haustieren als Service an und klonte zudem einen Polarwolf, der von einem Beagle ausgetragen wurde (PETBOOK berichtete). Zwar bringe das geklonte Tier rassetypische Charaktereigenschaften mit, die sehr wahrscheinlich auch das originale Haustier hatte. Was sich also sagen lässt ist, dass es einige erbliche Charaktereigenschaften gibt, aber auch einige anerzogene.
Was muss man beachten, um ein Tier überhaupt klonen zu können?
Interessenten sollten daher nie vergessen, dass vor ihnen zwar das Ebenbild des verstorbenen Haustiers steht, aber es sich dennoch um ein eigenständiges Individuum handelt, mahnt Psychologe Fahrettin Nastradin im Gespräch mit PETBOOK. Es sei wichtig, dass die Tierhalter mit der Diskrepanz zwischen dem vertrauten Aussehen des verstorbenen Tieres, aber den auch den gleichzeitig neuen Verhaltensweisen und Wesenszügen des Klontiers umgehen könnten. „Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ein geklontes Tier einigen Leuten guttun und sie vielleicht sogar trösten kann“, fasst Nastradin zusammen.
„Manche Leute stopfen ja auch ihre verstorbenen Haustiere aus, was im weitesten Sinne als ein nicht lebendiger Klon gesehen werden kann, wenn man so will. Dann haben sie auch so ein phänotypisches Tier Zuhause stehen. Es wird aber ganz sicher auch Leute geben, die sich damit keinen Gefallen tun, denen das eher weniger helfen wird. Das ist eine sehr individuelle Angelegenheit.“ Tatsächlich ist das eine große Entscheidung, die Interessenten beim Klonen eines Lebewesens treffen – ethisch wie auch finanziell!
»Hunde kann man eine Woche lang im Kühlschrank aufbewahren
Wer trotz allem mit dem Gedanken spielen sollte, sein verstorbenes Haustier klonen zu lassen, der sollte nach dem Ableben des Tieres keine Zeit verlieren und schnell handeln. So empfehlen Klonfirmen entweder Körperzellen unmittelbar nach dem Tod zu entnehmen oder – noch besser – vom noch lebenden Tier. Dann sei die Funktionsfähigkeit nämlich am höchsten.
Achtung, jetzt wird es etwas makaber: Das tote Tier sollte sofort nach dem Ableben gekühlt werden. Allerdings nicht in der Gefriertruhe, sondern im Kühlschrank. Bei zu niedrigen Temperaturen könnten nämlich wichtige Zellen zerstört werden. So empfiehlt eine Klonfirma auf ihrer Website den Tierleichnam schnellstmöglich in feuchte Tücher zu wickeln und ihn im Kühlschrank zu verstauen. „Hunde können eine Woche lang im Kühlschrank aufbewahrt werden, Katzen nur drei Tage“, erklärt Biologe Mario Ludwig.
So funktioniert der Klon-Vorgang
Und wie funktioniert das Klonen jetzt? Das ist ein ziemlich komplexer Vorgang, der sich stark vereinfacht etwa so erklären lässt: Der Kern der entnommenen Körperzelle des Haustiers wird zunächst isoliert. Er enthält das genetische Material, also die DNA des Tieres. Anschließend erfolgt die Übertragung dieses Kerns in eine entkernte Eizelle eines Hundes oder einer Katze. Dadurch bleibt fast ausschließlich das Erbgut des Spenderhaustieres erhalten und eine Kopie kann sich entwickeln. Die modifizierte Eizelle wird mithilfe chemischer oder elektrischer Methoden stimuliert, um ihre Weiterentwicklung zu fördern. Schließlich wird sie in die Gebärmutter eines Leihmuttertieres eingesetzt, welches den Klon dann austrägt.
Die Lebenserwartung eines geklonten Tieres sei übrigens gleich wie bei einem gewöhnlichen Tier, verspricht die chinesische Klonfirma vollmundig auf ihrer Website. „In den letzten 20 Jahren hat sich gezeigt, dass viele geklonte Tierarten die gleiche Lebenserwartung haben wie natürliche Arten.“ Eine Aussage, welche die Tierschutzorganisation PETA so nicht stehen lassen kann. Sie gehen sogar so weit, dass sie das Klonen als eine „Wissenschaft wie bei Frankenstein“ umschreiben, die viel Tierleid verursache.
Wie steht es um den Gesundheitszustand von Klontieren?
So heißt es dazu in einem Statement: „Weiblichen Tieren werden mittels eines chirurgischen Eingriffs Eizellen entnommen, die ihnen oder einer ‚Leihmutter‘ dann als geklonter Embryo, also mit der DNA des zu klonenden Tieres, wieder eingesetzt werden. Doch das Leid der Tiere dauert viel länger an. Geklonte Tiere sind unter anderem häufig schwerer als ihre auf natürliche Weise gezeugten Artgenossen, und so wird die Geburt für das Muttertier noch schmerzvoller.“ So hätten zwei geklonte Affenbabys nur durch einen Kaiserschnitt geboren werden können. Laut dem Deutschen Tierschutzbund sei dies auch häufig bei geklonten Hunden der Fall.
Auch so sei die Sterberate bei geklonten Tierkindern extrem hoch, klagt die Tierrechtsorganisation PETA an. So sei das weltberühmte Schaf Dolly „das einzige überlebende erwachsene Tier aus 277 Versuchen“, denn etwa 90 Prozent aller Klon-Versuche schlügen fehl. „Hunderte Embryonen sterben für jedes dieser Klontiere“, kritisiert auch der Deutsche Tierschutzbund. „Auch in Entwicklungsstadien, in denen die Föten bereits Schmerzen empfinden können.“
Zudem seien die Klontiere anfällig für ein defektes Immunsystem und leiden häufiger unter Herzversagen, Atembeschwerden sowie Muskel- und Gelenkproblemen, berichtet PETA. Eine Sache, die vielleicht viele überraschen dürfte: Klontiere können sich, laut einer der Klonfirmen, ganz normal fortpflanzen. Dennoch fordern Tierschutzorganisationen wie der Deutsche Tierschutzbund ein Verbot der Einführung von Klontieren oder Produkten aus der Klontierzucht nach Deutschland und die EU.
Fragwürdiges Experiment Chinesische Forscher klonen Polarwolf – Beagle musste ihn austragen
Ratgeber Anschaffung eines Haustiers – besser aus dem Tierheim oder vom Züchter?
Tierliebe über den Tod hinaus Kann ich mich zusammen mit meinem Haustier bestatten lassen?
Quellen
- „Deutschlandfunknova.de“, „Reproduktion – Das eigene Haustier als Klon“, (aufgerufen am 9.08.2023)
- „Br.de“, „Haustiere klonen – Geburtsfabriken für Kuscheltiere“, (aufgerufen am 9.08.2023)
- „Tagesschau.de“, „Neuer Vierbeiner aus dem Reagenzglas“, (aufgerufen am 9.08.2023)
- Peta.de, „Erstmals Affen geklont: So viel Leid steckt hinter dieser „Sensation”!“, (aufgerufen am 10.08.2023)
- „Tz.de“, „Hollywoodstar Barbra Streisand hat ihren Hund geklont – das Netz flippt aus“, (aufgerufen am 10.08.2023)
- Sinogene.org, „FAQs“, (aufgerufen am 10.08.2023)
- Tierschutzbund.de, „Darum ist Klonen kein Fortschritt“, (aufgerufen am 10.08.2023)