22. November 2024, 14:36 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Das Haustier hat einen Unfall, aber der Halter ist nicht aufzufinden. Fremde bringen das Tier in eine Klinik, in der es notoperiert wird. Doch wer kommt für die Kosten auf? Schließlich hat der Besitzer sein Einverständnis nicht gegeben. Ein Gericht urteilte mit einer klaren Entscheidung.
Stellen Sie sich vor, Sie sind im Urlaub und Ihre Katze hat in dieser Zeit einen Unfall. Passanten finden das Tier und bringen es in die Klinik, wo es notoperiert wird. Darüber wäre wohl jeder Katzenbesitzer dankbar. Allerdings gibt es da noch die Rechnung. Müssen Halter diese bezahlen, auch wenn das Tier ohne ihr Wissen operiert wurde? Schließlich haben sie dem Eingriff nicht zugestimmt und konnten sich auch den behandelnden Veterinär nicht aussuchen.
Ein ähnlicher Fall ereignete sich im Jahr 2022. Damals büxte Kater Rocky für einige Tage aus und wurde bewusstlos von einer fremden Person aufgefunden. Die Tierrettung wurde alarmiert und eine Notoperation in der Tierklinik rettete dem Kater das Leben, wie das Newsportal „Tag24“ berichtete.
Amtsgericht München traf eindeutiges Urteil
Über das Haustierzentralregister konnte schließlich auch die Halterin ermittelt werden, die sich allerdings bei Abholung des Tieres weigerte, die 560 Euro Kosten zu übernehmen. Schließlich sei das Tier ohne ihr Wissen operiert worden. Sie hätte den Kater lieber zu ihrem eigenen Tierarzt gebracht.
Der Fall landete vor Gericht, das ein eindeutiges Urteil traf. So entschied das Amtsgericht München, dass die Tierhalterin selbst für die Kosten der Notbehandlung haftet (Urteil vom 30. August 2024, Aktenzeichen 161 C 16714/22). Als Begründung zog das Gericht § 1 des Tierschutzgesetzes heran. Demnach dürfe niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
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Schulbeispiel der „Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)“
Rockys Halterin hätte demnach die Behandlung des Katers auch ohnehin durchführen lassen müssen. Dass der Kater in diesem Fall ohne ihr Wissen operiert wurde, lag laut Amtsgericht somit im Interesse der Tierhalterin. Da Zeugenaussagen und die Dokumentation der Klinik bestätigten, dass es sich um eine dringende medizinische Situation gehandelt habe, sei die Halterin in dem Fall nicht zu informieren gewesen.
Bei dem Urteil handelt es sich juristisch gesehen um ein Schulbeispiel der sogenannten „Geschäftsführung ohne Auftrag“ (GoA). Laut § 677 BGB ist dies wie folgt definiert: „Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.“ 1
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Behandlung sei Tierhalterin zugutegekommen
Die Geschäftsbesorgung muss im objektiven Interesse und im wirklichen (oder mutmaßlichen) Willen des Geschäftsherrn liegen. Übertragen auf das Beispiel haben die Tierärzte also im mutmaßlichen Willen bzw. Interesse der Besitzerin gehandelt. Zwar hätten die Tierärzte auch aus eigener Verpflichtung gehandelt, letztlich sei die Übernahme der Behandlung jedoch Rockys Frauchen als Tierhalterin zugutegekommen, so die Begründung des Gerichts. 2
Rockys Besitzerin muss demnach für die Tierarztkosten aufkommen. Das Urteil des Amtsgerichtes München ist rechtskräftig. Das bedeutet aber auch einen Präzedenzfall, der für künftige Rechtsprechung angewendet werden kann. Also dass, wenn ein Tier ohne Wissen der Besitzer operiert wird, um ihm das Leben zu retten, diese auch die Kosten für die Behandlung tragen müssen.