15. August 2023, 15:10 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wer einen Garten hat, kann auch Wildtiere wie Eichhörnchen, Vögel und manchmal sogar Waschbären oder Füchse beobachten. Aber was, wenn ein Tier offensichtlich verletzt ist? Sollte man es dann einfangen und zum Tierarzt bringen? Oder muss man gar die Polizei rufen? PETBOOK hat bei Experten nachgefragt.
Fast jeder hat schon einmal einen Vogel gefunden, der aus dem Nest gefallen ist. Was aber, wenn man ein größeres Wildtier im Garten findet, das offensichtlich verletzt ist? Solange es sich dabei um ein Eichhörnchen oder Igel handelt, sind die meisten bestimmt versucht, das Tier einzufangen und zum Tierarzt zu bringen. Aber darf man das? Und was, wenn es sich um einen Fuchs oder gar ein Wildschwein handelt? Sollte man dann Feuerwehr oder Polizei rufen? PETBOOK ist dieser Frage einmal nachgegangen und fragte auch die Experten der Deutschen Wildtierstiftung um Rat.
Das Wichtigste: erst einmal beobachten!
Wer ein verletztes Wildtier im Garten sieht, sollte auf keinen Fall darauf zugehen. Als Tierfreund möchte man natürlich schnell helfen, vor allem, wenn das Tier sichtbar leidet oder vermeintlich in Lebensgefahr schwebt. Trotzdem heißt es erst einmal abzuwarten und das Tier aus sicherer Entfernung zu beobachten, wie der Deutsche Tierschutzbund auf seiner Website rät.
Auch Dr. Andreas Kinser, Leiter Natur- und Artenschutz der Deutschen Wildtierstiftung, empfiehlt auf Nachfrage von PETBOOK, abzuschätzen, wie stark das Tier verletzt ist. „Bei leichten Verletzungen, die das Tier vermutlich überleben kann, wäre es ratsam gar nichts zu unternehmen. Denn klar ist, dass es für ein wild lebendes Tier immer enormen Stress bedeutet, wenn es in die Obhut des Menschen genommen wird.“ Das Tierleid, das dadurch entsteht, sei unter Umständen deutlich größer als die eigentliche Verletzung, gibt Dr. Kinser zu bedenken.
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Nur bei akuter Gefahr ist Hilfe nötig
Daher sollte man wirklich nur aktiv werden, wenn man sich sicher ist, dass für das Tier akute Gefahr besteht. Laut der Tierrechtsorganisation Peta ist das etwa der Fall, wenn:
- das Wildtier eindeutig verletzt ist (z. B. einen gebrochenen Flügel oder offene Wunden hat oder bewusstlos ist)
- das Tier von einer Katze, einem Hund oder einem anderen Beutegreifer angegriffen oder gefangen wurde
- das Tier schwach oder ausgemergelt ist und/oder zittert
- es sich eindeutig um ein Jungtier handelt, das neben einem toten Elterntier liegt und wenn kein anderes Tier derselben Spezies sich darum kümmert (oft übernehmen Tanten, Väter oder andere erwachsene Wildtiere die Aufzucht von verwaisten Jungtieren)
Wer ist zuständig bei einem verletzten Wildtier?
Sind Sie sich sicher, dass das Wildtier in Ihrem Garten verletzt ist und Hilfe benötigt, sollten Sie beim örtlichen Tierschutzverein, einer Wildtierstation oder der örtlichen Naturschutzbehörde anrufen, rät der Deutsche Tierschutzbund. Im Endeffekt gebe es aber im Fall eines verletzten Tieres im Garten keine pauschale Vorgehensweise, wir Dr. Kinser PETBOOK gegenüber mitteilt.
„Am Ende ist das Vorgehen immer eine Einzelfallentscheidung. Einigermaßen klar ist, dass ein Jäger in diesem sogenannten befriedeten Bezirk nicht zuständig ist. Ausnahmen könnten aber wiederum die sogenannten Stadtjäger sein, die in manchen Städten offiziell berufen sind.“
Bei offensichtlich starken Verletzungen wie offenen Brüchen oder ähnlichem wäre es laut Dr. Kinser ratsam, die Polizei zu verständigen. Diese könne dann gegebenenfalls unter dem Aspekt „Gefahr im Verzug“ weitere Maßnahmen veranlassen oder auch einen Jäger beauftragen, das Tier zu erlösen.
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Verletzte Wildtiere niemals selbst versorgen
Auch wenn es noch so verführerisch scheint, dass kleine Eichhörnchen oder den verletzten Igel bei sich aufzunehmen und gesundzupflegen, sollte man dies ohne Rücksprache mit Experten niemals machen. Zum einen könnte es sich um eine streng geschützte Wildtierart handeln, die meldepflichtig ist, wie der Deutsche Tierschutzbund mahnt.
Zum anderen können erwachsene Wildtiere sich selbst in verletztem Zustand heftig gegen den Menschen wehren, warnt Peta. Daher sei Vorsicht geboten, denn Menschen können in den meisten erwachsenen Wildtieren Angst und Panik auslösen. Kontaktieren Sie daher immer zuerst schnellstmöglich eine fachkundige Wildtierstation oder das Tierheim und befolgen Sie deren Anweisungen.