Direkt zum Inhalt wechseln
logo Das Magazin für alle Tierbesitzer und -liebhaber
Beliebtes Geflügel

Warum Wachtelfleisch manchmal giftig ist

Wachtel (Coturnix coturnix) auf Wiese mit Kopfverletzung
Die Wachtel ist ein kleiner Hühnervogel, der recht harmlos aussieht. Wer käme auf die Idee, die Tiere könnten giftig sein? Foto: Getty Images
Porträt Manuela Bauer
Freie Autorin

7. Dezember 2024, 8:08 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Der kleine, eher unscheinbare Hühnervogel wirkt auf den ersten Blick harmlos. Doch Vorsicht: der Verzehr von Wachteln kann für Menschen lebensgefährlich werden. PETBOOK hat sich auf Spurensuche nach der mysteriösen Wachtelvergiftung begeben. 

Artikel teilen

Immer wieder haben es Ärzte mit Erkrankungen zu tun, die sie vor geradezu detektivische Herausforderungen stellen und sich lange einer plausiblen Erklärung entziehen. So zum Beispiel in einem Fall von 2019. Ein älterer Herr wird mit Gliederschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert und hat erhöhte Kreatinkinase-Werte. Im Laufe der Nacht entwickelt er zudem ein Lungenödem und Nierenversagen. Der Grund? Offenbar giftige Wachteln. 1

Warum werden Wachteln manchmal giftig?

Wildlebende Wachteln (Coturnix coturnix) sind fast in ganz Europa zu Hause. Hier ist das amselgroße Tier der kleinste Hühnervogel, der im Winter in Afrika und Indien überwintert. Auf ihren langen Flugrouten ernähren sich die Tiere von Samen, Gräsern, Getreidekörnern, Insekten und gelegentlich auch Schnecken. Dabei nehmen sie auf zwei ihrer Flugrouten Giftstoffe auf. Für die Vögel selbst sind diese ungefährlich. Für den Menschen kann es beim Verzehr des Fleisches zu schweren Vergiftungen kommen. Im Falle des oben genannten Patienten ging die Vergiftung jedoch noch einmal glimpflich aus. 2

Mediziner sprechen dabei vom sogenannten Coturnismus. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung, die schon in der Antike bekannt war. Schon in der Bibel wird ein Vorfall erwähnt, bei dem Israeliten nach dem Verzehr von Wachteln krank wurden. Und auch in anderen Quellen aus dem 10. Jahrhundert wird berichtet: „Wachteln können Nieswurz grasen und diejenigen, die sie danach essen, einem Risiko von Krämpfen und Schwindel aussetzen …“. 

Tractive CAT Mini GPS Tracker

GPS-ORTUNG IN ECHTZEIT | VERLAUF UND REVIER-ANALYSE | SUPERLEICHT UND KOMPAKT

Was ist Coturnismus?

Coturnismus ist eine Krankheit, bei der nach dem Verzehr von Fleisch von Wachteln, die sich von giftigen Pflanzen oder Samen ernährt haben. Dabei tritt innerhalb von Stunden eine extreme Muskelempfindlichkeit auf. Diese wird ausgelöst, weil das Gift die Muskelfasern zerfallen lässt, was auch als Rhabdomyolyse bezeichnet wird.

Die Symptome, die dabei auftreten, sind:

  • Muskelschmerzen
  • Schwäche
  • ein rötlich-brauner oder teefarbener Urin.

Die Symptome variieren jedoch zum Teil stark. So haben manche Betroffenen keinerlei Muskelschmerzen, andere klagen über Schmerzen an den Schultern, den Waden, den Oberschenkeln und dem unteren Rücken. In schweren Fällen kann es zu akutem Nierenversagen kommen. Die Diagnose erfolgt mittels eines Blut- und Urintests.  

Auch interessant: Das sind 7 der giftigsten Tiere Deutschlands

Wie wird Coturnismus behandelt?

Entscheidend ist bei dieser eher seltenen Vergiftung eine rasche Diagnose, auch wenn es keine spezifische Therapie dafür gibt. Man kann sie jedoch mit gewöhnlichen medizinischen Mitteln auch gut therapieren und somit andere Erkrankungen und eine Überdiagnostik ausschließen.

Ärzte empfehlen zur Unterstützung meist ein Flüssigkeits- und Elektrolytmanagement. Zudem werden harntreibende Medikamente gegeben, damit die Giftstoffe mit dem Urin ausgeschieden werden können. Bei einer Nierenschädigung ist manchmal temporär sogar eine Dialyse erforderlich. Die Erholung nach dem akuten Nierenversagen erfolgt aber größtenteils rasch und vollständig. 

Wann ist das Risiko groß, durch giftige Wachteln zu erkranken?

Interessanterweise sind wild lebende Wachteln außerhalb der Zugsaison nie giftig. Biologen konnten aber Folgendes beobachten: Das Risiko, dass eine Wachtel giftig ist, wird anscheinend von ihren Zugrouten und der Jahreszeit beeinflusst.

So wandern heimische europäischen Wachteln entlang von drei verschiedenen Flugrouten. Aus Aufzeichnungen aus dem 20. Jahrhundert ist bekannt, dass diese Routen unterschiedliche Vergiftungsrisiken aufweisen. So ist der westliche Flugweg über Algerien nach Frankreich nur beim Frühjahrszug mit Vergiftungen verbunden und nicht beim Herbstrückzug. Bei der östlichen Route über das Niltal hingegen wurden Vergiftungen nur im Herbstzug gemeldet, bevor das Mittelmeer überquert wurde. Bei der am häufigsten genutzten Flugroute der Wachteln durch Italien kam es zu keinen Vergiftungen. 

Zur Entstehung und Entwicklung der Krankheit gibt es bisher nur Spekulationen: Eine Möglichkeit ist die vermehrte Aufnahme von Schierlingssamen, aber auch die Hemlocktanne, Hellebore oder die Samen des einjährigen Wundkrauts wurden als Ursache in Erwägung gezogen.

Mehr zum Thema

Fazit

Je nach Zugroute können Wachteln giftig sein. Das sollte man beachten, wenn man das Fleisch von wild lebenden Tieren verzehren möchte. Das Tückische an einer Wachtelvergiftung ist, dass der Geschmack und Geruch von vergiftetem Wachtelfleisch völlig unauffällig ist und die Giftstoffe auch nicht durch Kochen oder Einfrieren abgetötet werden.

Zudem ist das Toxin offenbar fettlöslich. So sind in Wachtelfett gebratene Kartoffeln ebenfalls giftig. Aber keine Angst: Die Tiere, die hierzulande auf dem Teller landen, werden zum Verzehr gezüchtet und ziehen im Winter nicht gen Süden. Ihr Fleisch kann man also vollkommen bedenkenlos essen. Wer aber komplett auf der sicheren Seite sein möchte, verzichtet (nicht nur an den Feiertagen) gänzlich auf Wachtelfleisch.

Themen Heimische Wildtiere

Quellen

  1. Medical-Tribune.de, „Verspeiste Wachtel führte zur Rhabdomyolyse“ (aufgerufen am 07.12.2024) ↩︎
  2. coliquio.de, „Fallauflösung: Toxischer Geflügelbraten“ (aufgerufen am 07.12.2024) ↩︎

Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung unseres Angebots mit Tracking und Cookies widerrufen. Damit entfallen alle Einwilligungen, die Sie zuvor über den (Cookie-) Einwilligungsbanner bzw. über den Privacy-Manager erteilt haben. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit Tracking und Cookies entscheiden.

Bitte beachten Sie, dass dieser Widerruf aus technischen Gründen keine Wirksamkeit für sonstige Einwilligungen (z.B. in den Empfang von Newslettern) entfalten kann. Bitte wenden Sie sich diesbezüglich an datenschutz@axelspringer.de.