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Gesetzliche Lage

Wann Jäger in Deutschland Hunde und Katzen schießen dürfen

Hand eines Jägers, der ein Gewehr zum Nachladen öffnet
Unter gewissen Umständen dürfen Jäger wildernde Hunde oder Katzen erschießen. Aber was bedeutet das konkret? Foto: Getty Images
Sonja Jordans

4. August 2023, 14:17 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Immer wieder gibt es in den Medien Berichte, dass Jäger Hunde erschießen, die im Wald wildern. Aber auch Katzen werden erschossen. Unter welchen Umständen dürfen Jäger auf Hund und Katze schießen? PETBOOK-Autorin Sonja Jordans ist dieser Frage mal genauer nachgegangen.

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Wer seinen Hund, mitunter auch seine Katze, unkontrolliert herumstreunen oder gar wildern lässt, muss in Deutschland nicht nur mit empfindlichen Geldstrafen rechnen, die sich je nach Bundesland auf mehrere tausend Euro belaufen können. Auch, so ist zumindest immer wieder zu hören, dürften Jäger wildernde Hunde und auch Katzen kurzerhand erschießen. Doch stimmt das wirklich, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen dürfen Hund oder Katze hierzulande geschossen werden? Wir sind der Frage für Sie einmal auf den Grund gegangen.

Haben Haushunde überhaupt noch einen Jagdtrieb?

„Unser Hund jagt nicht, der bekommt Dosenfutter“ – dieser Annahme sind zahlreiche Hundehalter, weshalb sie ihren Liebling unabhängig von Rasse und Größe auch in Wald und Feld stets freilaufen lassen.

Dabei gelten vor allem während der Brut- und Setzzeit zwischen 1. April bis 15. Juli – in Bremen bereits ab 15. März – besondere Aufsichtspflichten über Hunde (PETBOOK berichtete). In manchen Regionen herrscht sogar ganzjährig Leinenpflicht. Dennoch berichten Jäger und Forstwirte regelmäßig über zu Tode gehetzte Rehe und gerissene Kitze. Nicht selten haben Hunde dabei ihrem Jagdtrieb freien Lauf gelassen.

Jagen ist ein natürlicher Trieb jedes Hundes. Bei manchen ist er stärker, bei anderen schwächer ausgeprägt. Mitunter genügt es jedoch, dass ein Hund den Geruch eines Wildtiers wahrnimmt und sein Jagdtrieb durchbricht. Für viele Halter ist es dann unmöglich, das Tier noch abzurufen. Und auch Katzen gelten mitunter als wildernde Tiere. Im baden-württembergischen Walldorf etwa müssen sie während der Brutzeit der Haubenlerche im Südteil der Stadt zwischen 1. April und 31. August im Haus gehalten werden (PETBOOK berichtete). Übrigens: Wer sich nicht an diese Regeln hält, riskiert empfindliche Geldbußen, die je nach Bundesland mehrere tausend Euro betragen können.

Jagende Tiere sind Gefahr für heimische Wildtiere

Auch außerhalb der Brut- und Setzzeit dürfen Hunde nicht wildern und auch nicht aus Spaß jagen. Ein gehetztes Reh weiß nicht, dass der sie verfolgende Hund vielleicht bloß spielen möchte. Zudem haben etwa Rehe einen komplizierten Verdauungstrakt, müssen rund sechsmal pro Tag fressen und benötigen anschließend Ruhe, um wiederkäuen zu können. Auch wenn sie dabei nur aufgeschreckt werden, kann das zu Erkrankungen, Gewichtsverlust und mitunter sogar zum Tod des Tiers führen.

Jagende Hunde sind also nicht nur bloß ärgerlich, sondern stellen eine Gefahr für Wildtiere dar. Aber dürfen sie deswegen erschossen werden? Und gilt das auch für Katzen? Pauschal mit Ja oder Nein lässt sich diese Frage nicht beantworten. Zunächst einmal darf ohnehin nicht jeder hierzulande jagen und somit auf Tiere schießen.

Wer darf in Deutschland jagen?

In Deutschland muss man das Jagdausübungsrecht besitzen. Das Jagdrecht ist zwar untrennbar an Grund und Boden gebunden, wie aus den Bundesjagdgesetzen (BJagdG) hervorgeht. Dennoch: Wer etwa ein Wald- oder Feldgrundstück sein Eigen nennt, aber kein Jagdausübungsrecht besitzt, darf auf diesem Grundstück weder auf Hunde, Katzen noch auf Wild schießen, obwohl das immer wieder in Filmen und sozialen Netzwerken suggeriert wird. Denn es gilt zwischen dem Jagdrecht, das einem Grundstückseigentümer zwar zusteht, und dem Recht, die Jagd auch ausüben zu dürfen, einen feinen Unterschied.

Wer hierzulande jagen will, braucht dazu unter anderem einen Jagdschein. Den gibt es nur nach einer staatlich anerkannten Prüfung, die an enge Voraussetzungen geknüpft ist. Und auch dann gelten unter anderem Schutzzeiten für Wildtiere, der Elterntierschutz sowie die Rücksicht auf Rechte Dritter, wie Unbeteiligte genannt werden. Da das Jagdausübungsrecht auch die Hege und den Schutz des Wildes umfasst, müssen Jagdausübungsberechtigte und Jagdaufseher jedoch auch darauf achten, dass diese Dritten sich an die geltenden Regeln halten. Dazu gehört, Hundehalter an einen eventuell geltenden Leinenzwang zu erinnern.

Wann dürfen Jäger einen Hund oder eine Katze tatsächlich erschießen?

Nicht regelmäßig, aber immer wieder wird publik, dass Hunde von Jägern erschossen wurden. Laut Statistiken der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutz etwa starben in den Jahren 2019 und 2020 in Nordrhein-Westfalen zehn Hunde durch Jäger, in Hessen ein Hund und in Hamburg kein Hund. Die Zahlen für getötete Katzen dagegen sehen im selben Zeitraum anders aus: Für Hamburg wurden 15, für Hessen 143 und für Schleswig-Holstein mehr als 3000 getötete Katzen ausgewiesen. Tierschutzorganisationen wie Peta und der Deutsche Tierschutzbund gehen wegen fehlender Meldepflichten auf Bundesebene sogar von tausenden Tieren jährlich aus.

Doch Jäger dürfen nur unter bestimmten Umständen auf Hund und Katze schießen. Dazu müssen strenge Voraussetzungen erfüllt sein, die unter anderem in den Jagdgesetzen des jeweiligen Bundeslandes zu finden sind. Auch Tierschutzgesetze und anderen Normen spielen eine Rolle. Die Jagdgesetze der Bundesländer unterscheiden sich in einigen Punkten allerdings deutlich. So dürfen etwa in Nordrhein-Westfalen und im Saarland keine Katzen geschossen werden. Im Saarland dürfen auch Hunde nicht geschossen werden, es sei denn, die Polizei erlaubt es, etwa nachdem die Hunde mehrfach beim Jagen erwischt wurden.

Jagd auf Hund und Katze mit Genehmigung der Polizei oder in Schutzgebieten

In anderen Bundesländern dagegen ist das Schießen wildernder Katzen und Hunde nicht verboten. In Baden-Württemberg etwa heißt es, dass jagdausübungsberechtigte Personen und Wildschützer wildernde Hunde, die „erkennbar Wildtieren nachstellen und diese gefährden“ mit Genehmigung der Polizeibehörden im Einzelfall töten dürfen. Dies sei der Fall, wenn das Einwirken auf die Halter erfolglos war und andere, mildere und zumutbare Mittel, etwa das Einfangen des Hundes, nicht erfolgversprechend sind. Ausnahmen gelten unter anderem für Blinden- und Rettungshunde, die als solche erkenntlich sind.

Für streunende Hauskatzen gelten noch strengere Voraussetzungen. Sie dürfen, wenn überhaupt, nur nach spezieller Erlaubnis der Naturschutzbehörde geschossen werden, wenn sie in Wildruhe- oder Schutzgebieten angetroffen werden und ebenfalls mildere Mittel nicht zum Erfolg führen. In Hessen dagegen gelten Katzen als wildernd, wenn sie zwischen März und August 300 Meter entfernt von einer Ansiedlung jagend angetroffen werden. Doch auch dann darf der Schuss nur letztes Mittel sein.

Kann ein unangeleinter Hund neben dem Menschen geschossen werden?

Nein. Zunächst muss ein Hund ohne Einwirkungsmöglichkeit, also ohne Halter oder Begleitperson unterwegs sein, die ihn rufen oder anleinen kann. Zudem muss der Hund überhaupt die Fähigkeit haben, ein Wildtier reißen zu können. Bei einem Toypudel, der einem ausgewachsenen Wildschwein nachsetzt, trifft das kaum zu.

Auch muss der Hund auf frischer Tat beim Wildern erwischt werden – und nicht danach oder weil er vielleicht irgendwann mal wieder wildern könnte. Allerdings muss ein Jäger gemäß den meisten Jagdgesetzen nicht abwarten, bis der Hund ein Wildtier tatsächlich reißt. In Bayern etwa reicht „zielgerichtetes Verfolgen“ aus, wenn dadurch das Wild gefährdet werden kann. Aber: 2018 wurde ein Jäger in Augsburg zu einer hohen Geldstrafe verurteilt, weil er zwei Hunde erschoss, die wiederholt gewildert hatten. Als er die Tiere tötete, hatten sie seinen Angaben zufolge kurz zuvor einen Hasen gewildert. Das Amtsgericht jedoch betonte, dass der Jäger die Hunde nicht hätte erschießen dürften, nachdem sie gewildert haben oder weil der Jäger befürchtet hatte, die Hunde könnten in Zukunft wieder wildern. Vielmehr hätten die Tiere gemäß Jagdrecht im Moment des Schusses „erkennbar den Tieren nachstellen“ und es gefährden müssen.

Jäger müssen zunächst den Halter ausfindig machen

Zudem muss ein Jäger zunächst versuchen, die Halter des wildernden Tieres ausfindig zu machen und meist noch Ordnungsamt oder Polizeibehörden informieren. Doch selbst wenn das alles keinen Erfolg zeigt und ein Hund erneut wildert: „Kein Jäger schießt einfach so auf einen Hund“, sagt Walter Jäcker, Rechtsanwalt, Kreisjagdberater, Wolfsberater und juristischer Sprecher des Landesjagdverbands Nordrhein-Westfalen. „Jäger haben schließlich auch Hunde und wissen um die Bedeutung der Tiere als geliebtes Familienmitglied.“

Einem Jäger stünden andere Mittel und Wege zur Verfügung. Notfall kann er laut rufen, in die Hände klatschen, auf den Hund zurennen oder ähnliches unternehmen, um das Tier vom Jagen abzuhalten. Auch das Erstatten einer Anzeige sei meist wirksam, sagt Jäcker, denn sie endet oft mit einer empfindlichen Geldstrafe für den Halter. Wer einmal tief in die Tasche greifen musste, werde sich überlegen, ob er seinen Hund nochmals jagen lässt. „Man kann also alles machen, aber nicht auf einen Hund schießen.“ Das betone Jäcker auch immer als Dozent in Jäger-Seminaren. Denn jedes Tier habe seine Familie, der durch einen Abschuss, auch wenn er juristisch gerechtfertigt gewesen sein mag, Leid zugefügt wird.

Drohen Jägern Strafen, wenn sie einen Hund oder eine Katze erschossen haben?

Wie bereits der erwähnte Fall aus Augsburg zeigt, drohen Jägern Strafen, wenn sie ungerechtfertigt einen Hund oder eine Katze erschossen haben. Hier können unter anderem straf- und tierschutzrechtliche Gesetze und verwaltungsrechtliche Vorschriften greifen. Ein Jäger, der etwa angibt, versehentlich einen Hund beim Gassigehen mit dessen Haltern erschossen zu haben, weil er ihn für ein Wildtier hielt, muss nicht nur straf- und tierschutzrechtliche Konsequenzen fürchten. Er muss auch damit rechnen, als nicht zuverlässig zu gelten, was den Verlust des Jagdscheins mit sich bringt. Allerdings ist das für Halter, die ihr Tier vermissen, nur ein schwacher Trost.

Fazit

Einfach einen frei laufenden Hund oder eine Katze zu erschießen, ist Jägern nicht erlaubt. Das Erschießen eines Haustiers gilt als Ultima Ratio, die letzte Lösung, und ist nur unter sehr strengen Voraussetzungen erlaubt. Und selbst dann wird die überwiegende Zahl der mehr als 400.000 Jäger in Deutschland eher nicht zu diesem Mittel greifen. Sie haben selbst Haustiere, die sie lieben und wissen deshalb um den Schmerz, den ein getötetes Tier bei seiner Familie auslöst.

Dennoch werden immer wieder Hunde und Katzen erschossen. Die Kritik daran, dass dies unter Umständen erlaubt ist, ist groß, besonders, weil etwa Magenuntersuchungen von Katzen gezeigt haben, dass sie kaum „Wild“ im jagdrechtlichen Sinn fressen, sondern eher Nagern und Vögeln nachstellen. Hundehalter befolgen am besten die Regeln in Wald und Feld, halten ihren Hund zu bestimmten Zeiten angeleint, haben ihn so ausgebildet, dass er auf Abruf folgt und lassen ihn auch nicht „bloß zum Spaß“ jagen. Katzenhalter lassen ihre Tiere kastrierten Tiere am besten registrieren, damit sie rasch zugeordnet werden können.

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Quellen

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