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In der Not helfen

Was kann man tun, wenn man Tierquälerei vermutet?

Katze mit Verletzung im Gesicht
Wer bei vermutet, dass ein Tier gequält wird, sollte diese auch melden, um Tierleid zu verringern Foto: Getty Images
Sonja Jordans

25. Februar 2023, 7:39 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Obwohl Tierquälerei in Deutschland per Gesetz verboten ist, werden immer wieder Fälle aufgedeckt. Um Tiere zu schützen, sollte bei der Vermutung von Tierleid gehandelt werden. Was dabei zu beachten ist und an wen man sich wenden kann, wenn man helfen will.

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Das Pferd auf der Weide sieht abgemagert und ungepflegt aus. Die Rinder auf dem umzäunten Grundstück haben keinen Unterstand, um sich vor praller Sonne schützen zu können. Jemand schlägt seinen Hund auf offener Straße oder zerrt an der Leine. Jugendliche nutzen einen Igel als Ball. Wer Tierquälerei beobachtet oder auch nur glaubt, einem Tier gehe es schlecht, sollte unbedingt etwas dagegen unternehmen. Doch wie geht man am besten vor, an wen kann man sich wenden und was sollte beachtet werden, wenn man Tierquälerei melden möchte? PETBOOK hat bei Experten nachgefragt.

Was ist Tierquälerei? 

In Deutschland verbietet das Gesetz Tierquälerei. Niemand darf einem Tier „ohne vernünftigen Grund“ Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen oder es töten, heißt es unter anderem im Tierschutzgesetz. Das gilt grundsätzlich für alle Tiere. Nicht nur Hunde, Hamster, Katzen und andere Haustiere sollen so geschützt werden, sondern auch Nutz- und Wildtiere, wie etwa Igel und Rehe sowie Wirbellose, wie Schnecken oder Insekten.

Allerdings unterscheidet der Gesetzgeber verschiedene Kategorien von Tieren. Dabei gehe es auch darum, wofür die Tiere „benutzt“ werden, wie die Tierschutzorganisation Peta auf Anfrage von PETBOOK mitteilt. Danach richten sich die Vorgaben, die im Umgang mit den jeweiligen Tieren eingehalten werden müssen. Tierhalter müssen etwa dafür sorgen, dass ihr Tier entsprechend seinen Bedürfnissen gehalten, artgerecht ernährt und gepflegt wird. Wer Tiere quält oder tötet, kann sogar mit einer Freiheitsstrafe bestraft werden. Wenn man sich nicht sicher ist, ob etwas verboten oder erlaubt ist, kann sich im Internet informieren, das Tierschutzgesetz aufrufen oder bei Tierschutzorganisationen nachfragen, rät der Deutsche Tierschutzbund in einer online verfügbaren Informationsbroschüre.

Wie erkennt man Tierquälerei? 

Offensichtlich ist es Tierquälerei, wenn Tiere geschlagen, verletzt oder gar getötet werden. Bei einem Stachel- oder Elektrohalsband für den Hund ist die Sachlage nicht immer so klar. „Manchmal lässt sich auch am Verhalten des Tieres oder seiner körperlichen Verfassung erkennen, ob es Opfer von Tierquälerei wurde“, teilt Hester Pommerening vom Deutschen Tierschutzbund auf Anfrage von PETBOOK mit.

Ist es abgemagert, verletzt, sieht sein Fell ungesund oder struppig aus oder macht es einen verängstigten, verwirrten oder auch aggressiven Eindruck, könnten das Anzeichen sein, erläutert auch die Tierschutzorganisation Peta auf Nachfrage. Weidetiere, wie Pferde, Rinder oder Schafe müssen Zugang zu ausreichend Wasser und Futter haben. Zudem sollten die Tiere eine Möglichkeit haben, sich vor Witterungseinflüssen, wie praller Sonne, Hitze oder Regen schützen zu können. Aber auch aus industrieller Tierhaltung, Versuchslaboren, Zoos und Zirkussen kommen Meldungen über Tiermissstände, wie etwa Lisa Bechtloff von Peta Deutschland mitteilt. Solche Mitteilungen stammen oft von Internen, sogenannten Whistleblowern, die berichten, was sie bei ihrer Arbeit erleben.  

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Was kann man gegen Tierquälerei tun? 

Tierschutzorganisationen raten, auf jeden Verdacht von Tierquälerei zu reagieren und diese zu melden. Wie, das könne je nach Situation unterschiedlich sein, so Hester Pommerening vom Deutschen Tierschutzbund auf Anfrage von PETBOOK. Wer etwa sieht, dass ein Hund an der Leine gerissen, geschubst oder angebrüllt wird, sollte zunächst den Halter darauf ansprechen.

Dazu rät auch Helga Müller, Rechtsanwältin aus Frankfurt/Main. Sie ist unter anderem Expertin für Tierrecht. Allerdings sollte man sich dabei niemals selbst in Gefahr bringen. Und: Man sollte nicht handgreiflich werden, Tierhalter bedrohen und Tiere niemals mitnehmen. „Sonst macht man sich schnell selbst strafbar“, warnt Müller. Zeigt sich der Halter uneinsichtig, aggressiv oder ist er unbekannt, sollte man sich an das zuständige Veterinäramt wenden.

Tierheime, Tierschutzvereine oder Organisationen wie Peta und der Deutsche Tierschutzbund nehmen ebenfalls Hinweise entgegen – auch anonym. Auf der Homepage von Peta ist neben Informationen zu Tierquälerei auch ein Meldeformular zu finden. Der Deutsche Tierschutzbund informiert in einer Online-Broschüre darüber, was man bei Tierquälerei unternehmen sollte. Bei akuter Lebensgefahr für das Tier oder wenn eine Misshandlung beobachtet wird, sollte man dagegen sofort die Polizei verständigen. 

Wie meldet man Tierquälerei? 

Beim Melden von Tierquälerei gibt es einiges zu beachten. Wichtig ist, Zeit, Ort und Datum der Beobachtung festzuhalten. Machen Sie, wenn möglich, Fotos oder sogar ein Handy-Video von der Situation und dem Tier. Betreten Sie dazu jedoch keine fremden Grundstücke, filmen Sie nicht in fremden, geschlossenen Räumen und bringen Sie sich nicht selbst in Gefahr. Notieren Sie gegebenenfalls Autokennzeichen oder andere, auffällige Details. Bitten Sie weitere Zeugen, sich ebenfalls bei den entsprechenden Stellen zu melden, tauschen Sie eventuell Kontaktdaten oder bitten Sie die Personen, bis zum Eintreffen der Polizei zu warten. Aber halten Sie niemanden fest, nötigen Sie keine Zeugen. Erfinden Sie bei Ihren Schilderungen gegenüber den zuständigen Stellen nichts hinzu, spekulieren und dramatisieren Sie nicht, halten Sie sich allein an die Fakten und schildern das, was Sie gesehen haben.  

Was passiert, wenn man Tierquälerei meldet? 

„Auf Grundlage unserer Erfahrungen und mithilfe unserer Fachreferenten prüfen wir jede Meldung, die bei uns eingeht, auf Plausibilität und reagieren entsprechend“, teilt etwa Lisa Bechtloff von Peta auf Anfrage von PETBOOK mit. Liegt der Verdacht auf eine Straftat vor, erstattet die Organisation Anzeige oder setzt Belohnungen aus, „um bei der Suche nach den Tätern zu helfen“. Zugespielte Aufnahmen könnten genutzt werden, um auf Missstände aufmerksam zu machen.

Tierquälerei zu melden, hat prinzipiell keine Konsequenzen, betont Rechtsanwältin Helga Müller aus Frankfurt/Main. Auch dann nicht, wenn sich ein Verdacht auf Tierquälerei oder Misshandlung später als unbegründet herausstellen sollte.

Kosten entstehen nicht für Meldende. Ämter und Behörden sind verpflichtet, den Meldungen nachzugehen. Das Veterinäramt etwa überprüft eine beanstandete Tierhaltung und unternimmt die gegebenenfalls notwendigen Schritte. Dennoch sei es ratsam, „dranzubleiben“, teilt der„Deutsche Tierschutzbund“ mit. So könne man sich etwa nach dem Stand der Ermittlungen erkundigen. Sollte sich trotz gravierender Missstände etwa in einem Betrieb oder in einer Einrichtung nichts ändern, rät „Peta“ dazu, sich an die nächsthöhere Dienststelle zu wenden – das können Landräte, Oberbürgermeister oder Regierungspräsidien sein.  

Bringt es überhaupt etwas, wenn man Tierquälerei meldet? 

Abgesehen davon, dass einem Tier unter Umständen das Leben gerettet und Leid erspart wird, hat das Melden von Tierquälerei in der Regel auch Folgen für die Halter. Sie können Auflagen erhalten, zu Geld- oder Freiheitsstrafen verurteilt werden und müssen damit rechnen, nie wieder Tiere halten oder Umgang mit ihnen haben zu dürfen. Wer Tierquälerei meldet, hilft dabei, dass Missstände behoben werden. So wurde im Juli vergangenen Jahres etwa ein „Ponykarussell“ in Ludwigshafen untersagt, bei dem die kleinen Pferde auf einem Jahrmarkt stundenlang im Kreis laufen mussten, wie Peta mitteilt. Einem Lübecker Restaurantbetreiber wurde untersagt, Fische in einem viel zu kleinen Aquarium zu halten. Ein Rinderhalter aus Norddeutschland musste seine Anbindehaltung aufgeben, Tiere abgeben und Ställe so herrichten, dass sie den Ansprüchen an die Rinderhaltung genügen. Allein bei Peta gehen jährlich rund 4000 Meldungen ein, die Tierquälerei betreffen.  

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Immer wieder gibt es Hundehalter, die ihr Tier trotz hoher oder niedriger Temperaturen im Auto zurücklassen. Auch das kann Tierquälerei und sogar lebensbedrohlich sein. Deswegen sollte jeder, der einen Hund im Auto bemerkt, hinsehen, rät Peta.

Dennoch: „Sofort eine Scheibe einschlagen ist nicht erlaubt“, warnt Helga Müller, Rechtsanwältin für Tierrechte aus Frankfurt/Main. Ansonsten müsste der Handelnde damit rechnen, die Folgen der Sachbeschädigung zu tragen. „Steht das Auto auf einem Supermarktparkplatz, sollten im Markt zunächst die Halter ausgerufen werden“, so Müller. Wenn daraufhin nichts passiert oder nicht ersichtlich ist, wo sich die Halter befinden, ist die Polizei der richtige Ansprechpartner. In diesem Fall müsse die Polizei tätig werden, betont Peta.

Nur, wenn der Hund bereits krampft, apathisch ist, sich erbricht oder anderweitig der Anschein entsteht, dass sich das Tier in akuter Lebensgefahr befindet, kann eine Scheibe eingeschlagen werden, um den Hund zu retten. Bei niedrigen Temperaturen sollte man darauf achten, ob der Hund zittert, sein Maul bläulich ist und das Tier eine verkrampfte Haltung einnimmt. Auch dann sollte man die Polizei informieren. Damit das Einschlagen der Scheibe folgenlos bleibt, muss es jedoch wirklich die einzige Möglichkeit sein, um das Tier aus der Lebensgefahr befreien zu können. Peta rät auf der Homepage, nach Möglichkeit Zeugen hinzuzuziehen, damit sich die Situation im Nachhinein beweisen lässt.  

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