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Trend mit Tierleid

Warum Sie niemals ein Capybara-Café besuchen sollten

Capybara Café
In Japan, Südkorea, Thailand und auch in Florida erfreuen sich Capybara Cafés großer Beliebtheit. Foto: picture alliance/dpa/AP | Mike Schneider
Porträtbild Mareike Schmidt
Werkstudentin

16. April 2025, 11:14 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

In der Welt der Tiercafés zeichnen sich immer neue Trends ab – von Katzen über Eulen bis hin zu exotischeren Gästen. Der neueste Hype: Capybara-Cafés.

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Wer auf Social Media nach Entspannung sucht, stößt unter anderem schnell auf Videos von Capybaras, die scheinbar zufrieden in kleinen Pools sitzen, sich kraulen lassen oder mit Menschen interagieren. Capybara-Cafés, in denen Besucher Kaffee trinken können, während sie mit den südamerikanischen Nagetieren Selfies machen, liegen im Trend – vor allem in Japan, Südkorea oder Thailand. Was auf Social Media als Wohlfühlort erscheint, wirft bei näherem Hinsehen ernsthafte Fragen hinsichtlich des Tierschutzes auf. Denn hinter dieser niedlichen Kulisse verbirgt sich ein Alltag, der für die Tiere oft alles andere als idyllisch ist. Denn Capybaras – auch Wasserschweine genannt – sind keine Stubentiere, sondern Wildtiere mit komplexen Bedürfnissen.

Was sind Capybara-Cafés?

Capybara-Cafés bieten Besuchern die Möglichkeit, bei einem Kaffee mit diesen ungewöhnlichen Nagetieren Zeit zu verbringen. In entspannter Atmosphäre – zumindest für die Menschen – können Gäste Capybaras streicheln, füttern oder mit ihnen Fotos machen. Das Konzept verspricht Ruhe, Nähe zur Natur und eine Extraportion Niedlichkeit – zumindest auf den ersten Blick.

Die natürliche Lebensweise der Capybaras

Capybaras stammen ursprünglich aus Südamerika und sind die größten Nagetiere der Welt. Sie leben in Gruppen, sind äußerst soziale Tiere und verbringen einen Großteil ihres Tages mit Essen, Dösen und Baden. Denn Capybaras sind semiaquatisch: Sie brauchen regelmäßig Zugang zu Wasser. Nicht nur zum Trinken, sondern auch zur Thermoregulation und zum Stressabbau. Schwimmen ist für sie nicht nur Vergnügen, sondern eine Notwendigkeit.

Auch interessant: Darf man in Deutschland ein Capybara als Haustier halten?

Der Alltag in einem Capybara-Café

In vielen Capybara-Cafés sind die Bedingungen für die Tiere weit von ihrer natürlichen Umgebung entfernt. So leben die Wasserschweine beispielsweise in freier Wildbahn in festen Gruppenverbänden. In den Cafés werden sie aber häufig künstlich in Kleingruppen zusammengestellten, nur zu zweit oder sogar isoliert. Eine echte soziale Struktur, wie sie in der Natur essenziell ist, kann sich unter solchen Bedingungen kaum entwickeln.

Eigentlich sind Capybaras tag- und nachtaktiv, mit einem natürlichen Wechseln zwischen Essen, Ruhen und ausgedehnten Badeeinheiten. Im Café aber bestimmt der Mensch ihren Rhythmus. Ein Capybara Café in Tokio beispielsweise gibt auf seiner Webseite einen Einblick in den Tagesrhythmus der dort lebenden Tiere.

Ihr Tag startet um 8.30 Uhr, um 9 Uhr wird gefrühstückt, gefolgt von einem Bad. Auf der Webseite ist auf Fotos zu erkennen, dass dies in einem Wasserbecken erfolgt. Wie groß dieses ist, ist nicht zu erkennen. Um 11 Uhr öffnet das Café und die erste „Session“ startet. Nun können Gäste mit den Tieren Zeit verbringen, zusammen mit ihnen auf den Sofas sitzen, sie streicheln oder nach Bezahlung füttern. Um 13 Uhr haben die Tiere eine einstündige Pause, in der sie sich auf den Sofas im Café oder auf dem Boden ausruhen können. In dieser Zeit haben sie auch wieder Zugang zu ihrem Bad. Um 14 Uhr startet erneut eine eineinhalbstündige Session. Nach dieser haben die Tiere wieder eine Stunde Pause, in der sie essen, mit den Mitarbeitern spielen oder baden können. Um 16.30 Uhr beginnt die letzte Session bevor das Café um 18 Uhr schließt. Wildtiere mit stündlich getaktetem Tagesablauf? Das passt nicht wirklich zusammen.

Zu wenig Wasser, zu viel Stress

Besonders gravierend in den Capybara-Cafés ist, dass die semiaquatische Natur der Tiere häufig auf der Strecke bleibt. In freier Wildbahn verbringen Capybaras einen erheblichen Teil ihrer Zeit im Wasser – nicht nur zur Abkühlung, sondern als elementarer Teil ihres Lebens. Bei Gefahr flüchten sie ins Wasser, schlafen teils halb untergetaucht darin und nutzen es zur Kommunikation und zum Sozialverhalten. Viele Cafés bieten jedoch nur kleine Becken an, die nicht zum Schwimmen geeignet sind und zu denen die Tiere nur zu bestimmten Uhrzeiten begrenzten Zugang haben.

Als wäre das nicht alles schon problematisch genug, kommt noch hinzu, dass die ständige Interaktion mit fremden Menschen, Lärm und Blitzlichter zusätzlich permanenten Stress für die Tiere darstellen.

Wildtiere im Café – ein gefährlicher Trend?

Aus tierschutzrechtlicher Sicht sind Capybara-Cafés problematisch. Die Haltung exotischer Tiere in solchen Kontexten bewegt sich häufig in einer rechtlichen Grauzone. In vielen Ländern existieren kaum spezifische Richtlinien zur artgerechten Haltung von Capybaras in derartigen Einrichtungen. Auch wenn Betreiber gute Absichten haben und für Hygiene und Fütterung der Tiere sorgen, ist ihr Wohl kaum mit dem Wunsch nach Unterhaltung vereinbar.

Capybaras sind Wildtiere, keine Schmusetiere. Ihre hohe Sensibilität, ihre Bedürfnisse nach Wasser, Raum und sozialer Interaktion mit Artgenossen lassen sich in Cafés nicht angemessen abbilden. Die Folge: Verhaltensstörungen, chronischer Stress und Erkrankungen.

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Fazit

Ein Capybara-Café mag auf den ersten Blick charmant wirken, doch ist es ein Paradebeispiel dafür, wie der Wunsch nach tierischer Nähe leicht zum Verstoß gegen Tierschutzprinzipien führen kann. Wer Tiere liebt, sollte sie nicht nur bewundern, sondern auch respektieren und schützen – und das bedeutet in vielen Fällen, ihnen Ruhe und die Umgebung zu lassen, die sie wirklich brauchen.

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