20. Oktober 2023, 14:42 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Am 19. Oktober 2023 wurde zum 19. Mal der Deutsche Tierschutzpreis in Berlin verliehen. PETBOOK war vor Ort und stellt die Preisträger näher vor.
Tierschützer leisten ihre Arbeit meist weit abseits des Rampenlichts. Egal, ob in Wildtierauffangstationen, in Hundehospizen oder in Tierheimen, häufig gibt es wenig Aufmerksamkeit und noch weniger Lob für den Einsatz von Tierschützern. Die meiste Arbeit findet im Verborgenen statt. Alljährlich jedoch ehrt der Deutsche Tierschutzbund seit dem Jahr 2002 nunmehr besonders engagierte Tierschützer mit dem jährlich vergebenen Tierschutzpreis – auch im Jahr 2023. PETBOOK war vor Ort und stellt die Preisträger und ihre Arbeit näher vor.
Der Deutsche Tierschutzpreis wurde in diesem Jahr von Sonya Kraus moderiert, die Laudatoren waren unter anderem Maren Gilzer und Tierschutzbotschafterin Stefanie Hertel, die auch Mitglied der Jury war. Unter über 500 Einsendungen mussten sie und die anderen Jurymitglieder sich für den herausragendsten Einsatz im Tierschutz entscheiden. Auch Schauspieler Falk-Willy Wild ehrte als Laudator die Preisträger. Für das musikalische Rahmenprogramm sorgten die Band Jonah und Sänger Enkelson.
Tierschutzpreis 2023 geht an Hundesenioren-Hospiz in Brandenburg
Über den Deutschen Tierschutzpreis 2023 und ein Preisgeld von 4000 Euro konnte sich Stephanie Badura mit ihrem Verein „Stevie’s Hundesenioren-Hospiz“ freuen. Gemeinsam mit ihrem Partner Frank lebt sie im brandenburgischen Örtchen Heideblick auf einem 110 Jahre alten Bauernhof, den beide in Eigenregie hundegerecht umgebaut haben.
Derzeit betreuen sie 15 Hunde und kümmern sich rund um die Uhr um die besonderen Bedürfnisse der alten und kranken Vierbeiner. In einem eingespielten Video erhielt man während der Veranstaltung einen kleinen Einblick in Stevies tägliches Leben. Mehrere Male müssen viele ihrer Sorgenhunde mit Medikamenten versorgt werden, manche haben so starke Allergien, dass sie selbst Spezialfutter nicht vertragen und jeden Tag bekocht werden müssen.
Zehn weitere Hunde, die auf Pflegestellen des Vereins leben, unterstützt und versorgt die Tierschützerin engmaschig. „Stephanie Badura hat ihr Leben ihren Hunden gewidmet. All ihr Herzblut und Geld fließt in das Projekt. Sie gibt alles dafür, den Hunden noch eine gute Restlebenszeit zu bieten“, betonte Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder in seiner Laudatio für die Hauptkategorie des Deutschen Tierschutzpreises 2023. Der gesamte Saal spendete der Preisträgerin minutenlangen Beifall und Standing Ovations, als sie ihren Preis in Empfang nahm.
Preis für das Lebenswerk geht an Taubenschützerin
Die jährlich vergebene Kategorie für das Lebenswerk von Tierschützern ging in diesem Jahr an Gudrun Stürmer, die sich seit über 40 Jahren mit ihrem „Stadttaubenprojekt Frankfurt“ dem Schutz der Vögel widmet. Seit Langem setzt sie sich für ein besseres Image der Tauben ein.
Stellen Sie sich einmal vor, Sie würden auf einem öffentlichen Platz hunderte verkrüppelte, abgemagerte und kranke Hunde und Katzen sehen. Würden Sie nach Ihnen treten, sie beschimpfen, aufscheuchen oder abschießen? Warum sollte man dasselbe denn bei Tauben tun? Eindrücklich schilderte die Preisträgerin, dass Tauben „im Dreck geboren werden, im Dreck leben und im Dreck sterben“. Und doch sind sie genauso domestizierte Haustiere wie Hund und Katze. Nur kümmern sich die meisten einfach nicht darum.
Deswegen betreut Gudrun Stürmer tagtäglich Taubenschläge und sichere Rückzugsorte, in denen die Tiere Futter und Wasser erhalten. Gleichzeitig können dort Taubeneier gegen Attrappen ausgetauscht und so ein weiteres Anwachsen der Population verhindert werden. Auf einem Lebenshof kümmert sich Stürmer zudem um verletzte und in Not geratene Vögel. Als Ansprechpartnerin zum Taubenschutz wird sie auch überregional geschätzt. „Stürmer ist unerlässlich für den Schutz der Tauben im Rhein-Main-Gebiet: eine hartnäckige Fürsprecherin, die die Öffentlichkeit sensibilisiert und für die Tiere eintritt“, betonte Schauspieler Falk-Willy Wild in seiner Laudatio.
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Sonderkategorie für die Wildtierhilfe
Nachdem im letzten Jahr in der Sonderkategorie Tierschützer, die sich in der Ukraine engagierten, gewürdigt wurden (PETBOOK berichtete), ging diese Auszeichnung des Deutschen Tierschutzpreises 2023 an die Wildtierhilfe.
„Wildtiere sind vielen menschengemachten Gefahren ausgesetzt. Straßenverkehr, Stacheldrähte, Gift, Bejagung, Futterknappheit und Lebensraumzerstörung durch zunehmende Besiedlung sind ernsthafte Bedrohungen. Dennoch fühlt sich kaum jemand für verletzte oder verwaiste Wildtiere zuständig. Es sind die ehrenamtlich geführten Auffangstationen und Pflegestellen, die sich dieser Tiere annehmen, sie aufpäppeln und auf die Wiederauswilderung vorbereiten. Ihr selbstloser Einsatz ist wertvoll und unverzichtbar“, lobte Jurymitglied Stefanie Hertel in ihrer Laudatio.
Stellvertretend für die vielen im Wildtierschutz engagierten Tierschützer ging der Preis in der Sonderkategorie 2023 an vier Preisträger. Dirk Sindhu leitet ehrenamtlich die Bergische Greifvogelhilfe – eine Auffangstation für verletzte Greifvögel und Eulen in Rösrath. Stefanie Kruse aus dem hessischen Idstein kümmert sich privat um die Aufzucht und Pflege kleiner Wildtiere, insbesondere von Bilchen wie Sieben- und Gartenschläfern. Tierärztin Dr. Mathilde Laininger vom Verein „Hauptsache Waschbär“ aus Berlin setzt sich mit persönlichem und finanziellem Engagement für die Waschbären ein und versorgt notleidende und kranke Tiere. Das „Wildtierzentrum – Pflege und Artenschutz“ im rheinland-pfälzischen Saarburg nimmt jedes Jahr über 2000 kranke, verletzte oder verwaiste Wildtiere aus rund 60 verschiedenen Arten auf, um sie wieder fit zu machen für ein Leben in Freiheit. Zur Unterstützung ihrer Arbeit erhielten die Preisträger ein Preisgeld von je 500 Euro.
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Leserpreisträgerin „Ich krieg noch jede Katze vermittelt“
Den mit 1000 Euro ausgelobten Leserpreis der Zeitschriften „Funk Uhr“ und „Super TV“ erhielt Rosita Schumacher, die sich im Tierheim Andernach fürsorglich um verlassene Tiere kümmert.
Die Tierschützerin setzt sich seit Jahren ehrenamtlich für das Wohlbefinden der Katzen und anderer Tierheimbewohner ein. Durch ihre häufige Anwesenheit und unendliche Geduld schafft sie es, sogar das Vertrauen besonders ängstlicher Katzen zu gewinnen. „Ich krieg noch jede Katze vermittelt“, sagte sie sichtlich berührt, aber auch stolz, in ihrem Einspieler.
Die Leserschaft der Zeitschriften wählte Schumacher aus insgesamt fünf für den Leserpreis nominierten Projekten mit großer Mehrheit als Gewinnerin aus. „Der Tierschutz braucht Menschen wie Rosita Schumacher. Menschen, die sich Zeit nehmen und den Tieren Zeit lassen. Menschen, die aufgegebenen Tieren die Chance geben, wieder Vertrauen fassen zu dürfen“, sagte Maren Gilzer in ihrer Laudatio.
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Preisträger nur „stellvertretend“ für alle Tierschützer
Durch den ganzen Abend zog sich jedoch auch der „stellvertretende“ Charakter der Preise. „Ohne diese Persönlichkeiten, die oft mit eigenem Verzicht für die da sind, die selbst keine Stimme haben, wäre unsere Republik ärmer. Unsere diesjährigen Preisträger stehen dabei auch stellvertretend für viele Menschen und Projekte in Deutschland, die für den praktischen Tierschutz unentbehrlich sind“, sagte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Allerdings mahnte Schröder auch an, dass die Tierheime nach wie vor am Limit seien.
Auch die Bundestierschutzbeauftragte Ariane Kari bedankte sich bei allen Tierschützern und insbesondere bei den Preisträgern für ihre „aufopferungsvolle und wichtige Arbeit“ und betonte in ihrem Grußwort: „Der praktische Tierschutz lebt vom Engagement der Ehrenamtlichen, die sich mit größter Leidenschaft für das Wohl unserer Mitgeschöpfe einsetzen. Lassen Sie uns gemeinsam im Schulterschluss unsere Stimme erheben, denn wir sind Tieren Gerechtigkeit schuldig.“ Weiterhin betonte die Veterinärin, sie wolle allen Tieren eine Stimme geben und wolle sich weiter für mehr Sachkunde und eine Positivliste von Haustieren einsetzen.
Herausragendes Engagement Die Gewinner des Deutschen Tierschutzpreises 2022
Heimische Singvogelart 9 Fakten über Spatzen, die Sie noch nicht wussten
PETBOOK-Redakteurin Warum Tierschützer jetzt massive Unterstützung der Politik benötigen
Die Preisträger im Überblick
Deutscher Tierschutzpreis: Stephanie Badura (Stevie’s Hundesenioren-Hospiz e. V.) aus Heideblick/ Brandenburg
Lebenswerk: Gudrun Stürmer, Stadttaubenprojekt Frankfurt e.V.
Sonderkategorie „Wildtierhilfe“: Dirk Sindhu (Bergische Greifvogelhilfe) aus Rösrath/ NRW, das Wildtierzentrum Pflege & Artenschutz e. V. in Saarburg/ Rheinland-Pfalz, Stefanie Kruse (für ihr Engagement für Bilche) aus Idstein in Hessen, sowie Dr. Mathilde Laininger (für ihr Engagement für Waschbären) aus Berlin.
Leserpreis der Zeitschriften „Funk Uhr“ und „Super TV“: Rosita Schumacher (für ihr Engagement für Tierheimkatzen) aus Andernach/Rheinland-Pfalz