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Naturschutz

Fischotter zur Erholung der Fischbestände erschießen? Laut Studie wirkungslos!

Ein Fischotter streckt die Zunge heraus
Tier- und Naturschützer dürfte es freuen: Studien zeigen, dass der Abschuss von Fischottern in keinem Zusammenhang mit der Erholung der Fischbestände steht Foto: Getty Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

6. März 2024, 17:35 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Der Entschluss Bayerns, Fischotter abschießen zu lassen, sorgte 2023 für großes Entsetzen unter Naturschützern. Nicht nur sind die Tiere noch immer streng geschützt, laut neuen Studien aus Österreich trägt der Abschuss auch nicht zum Erhalt der Fischbestände bei. Eher im Gegenteil.

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2023 wurde während der Landtagswahlen in Bayern der Beschluss gefasst, bestimmte Fischotter im Freistaat zu erschießen. Als Begründung wurde angegeben, dass die – eigentlich streng geschützten Tiere – Umsatzeinbußen für die Teichwirtschaft bedeuteten. Dieser umstrittene Beschluss wurde jedoch vom Bayerischen Verwaltungsgericht gekippt (PETBOOK berichtete). Nun zeigen Studien aus vergleichbaren Biotopen in Oberösterreich, dass der Abschuss der Fischotter nicht nur keine Auswirkung auf die Fischbestände hat, sondern sogar völlig wirkungslos ist.

»Die Fischbestände haben sogar noch weiter abgenommen

Nicht nur in Bayern, sondern auch in unserem Nachbarland Österreich gibt es die Sorge, dass insbesondere Fischotter für die Rückgänge der Fischbestände verantwortlich seien. Studien, die dem WWF Österreich vorliegen, zeigen jedoch ein ganz anderes Bild.

Demnach wurden von 2018 bis 2021 Fischotter dort kontrolliert geschossen. „Mehrere Jahre lang konnten Jägerinnen und Jäger an bestimmten Flussabschnitten unbegrenzt Fischotter abschießen“, erklärt WWF-Artenschutzexpertin Christina Wolf-Petre in einer Pressemitteilung.

„Trotzdem haben die Fischbestände an einigen Strecken sogar noch weiter abgenommen“, schätzt die Expertin die Ergebnisse der Erhebungen weiter ein. Diese Daten bestätigten zudem frühere Untersuchungen aus den österreichischen Bundesländern Kärnten und dem Burgenland. 

WWF sieht Klimawandel und Veränderungen der Flusslandschaften als Gründe

Die Untersuchungen gelten als gesichert, denn sie wurden von der oberösterreichischen Landesregierung durchgeführt. Zudem heißt es vom WWF Österreich, dass die Naturschutzorganisation zunächst Probleme hatte, Einsicht in die Studien zu erhalten. Das Landesverwaltungsgericht habe dem WWF jedoch im Dezember 2023 recht gegeben und die Aushändigung der Ergebnisse beschlossen.

„Die Verantwortlichen müssen endlich erkennen, dass der Fischotter nicht für die massive Abnahme der Fischbestände verantwortlich ist, sondern dass es dafür viele verschiedene Gründe gibt – allen voran die tausenden Wasserkraftwerke, Flussbegradigungen, Uferverbauungen und Querbauwerke, die den natürlichen Lebensraum der Fische dramatisch verändern und zerstören”, sagt Christina Wolf-Petre. 

Hinzu kämen die Folgen der Klimakrise: Höhere Wassertemperaturen beförderten die Ausbreitung von Krankheiten, verursachten Sauerstoffmangel und beeinträchtigten den Bruterfolg. Auch der viel zu hohe Eintrag von Schad- und Nährstoffen – Hormone, Antibiotika, Pestizide, Reifenabrieb, Straßenabwässer – führe zum Rückgang der Fischbestände. Daher fordere der WWF ein Ende der „eindimensionalen Abschuss-Politik“ der Bundesländer und eine Renaturierungs-Offensive.

Verschwanden die Fischotter, nahmen die Fischbestände teils sogar ab

Für die Untersuchung in Oberösterreich wurden von 2018 bis 2021 insgesamt 52 Fischotter an vier verschiedenen Flussabschnitten getötet. Allerdings konnten weder an diesen Fließstrecken noch an zwei Kontrollabschnitten Verbesserungen der Fischbestände gemessen werden. In zwei untersuchten Gebieten wurden sogar Abnahmen festgestellt. „Seit seiner Wiederausbreitung in den 2000er-Jahren wird der Fischotter für die sinkenden Fischbestände verantwortlich gemacht – und das ohne jede wissenschaftliche Basis”, kritisiert Christina Wolf-Petre vom WWF weiter. 

Aktuell setze bereits die Hälfte der Landesregierungen in Österreich auf Tötungs-Verordnungen, ebenso wie es nun auch in Bayern im Gespräch ist. Die Politik müsse jedoch endlich aufhören, einseitige Klientelpolitik zu betreiben und den Artenschutz auszuhebeln, sondern stattdessen die Wiederherstellung zerstörter Ökosysteme vorantreiben.

„Insgesamt dürfen nach den aktuell gültigen Verordnungen mehr als 200 Fischotter pro Jahr abgeschossen werden. Wie sich das auf die Fisch- und die Fischotterpopulation auswirkt, wird jedoch weder systematisch, noch flächendeckend untersucht“, kritisiert die Artenschutzexpertin. 

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Fischotter sind essenziell für Ökosysteme und regulieren Fischbestände

Fischotter sind sogenannte Spitzenprädatoren. Sie haben keine natürlichen Feinde im Ökosystem und können es so wesentlich mitgestalten. Die Tiere fangen vor allem leicht zu erbeutende Fische, die entweder nicht heimisch, krank oder einfach nicht so fit sind wie andere Exemplare.

So regulieren Fischotter die Fischbestände tatsächlich selbstständig. Allerdings werden sie, gerade wenn es um die Bewirtschaftung von Flüssen und Teichen geht, als Störenfried empfunden. In der Vergangenheit wurden die Ökosysteme nicht nachhaltig genutzt und teils komplett überfischt.

Zuvor hatte eben dies zur fast völligen Ausrottung der Art in Deutschland geführt. Seit den 2000er-Jahren erholen sich die Bestände jedoch. Naturschützer befürchten, dass die wieder entbrannte Diskussion um den Abschuss der Tiere die sich gerade erholende Population jedoch wieder verdrängen könnte.

Themen Heimische Wildtiere
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