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Katzenschutzreport

Tierschutzbund fordert bundesweite Kastrationspflicht für Katzen: »Sie leiden im Verborgenen

Eine streunende Katze sitzt würgend auf der Straße in einer Großstadt
Der große Katzenschutzreport des Deutschen Tierschutzbundes zeigt das Leid der Tiere hierzulande auf Foto: Getty Images
Louisa Stoeffler
Redakteurin

1. August 2023, 16:28 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Der Deutsche Tierschutzbund deckt mit dem ersten großen Katzenschutzreport alarmierende Zahlen über das Leid der Tiere hierzulande auf. Die erschreckenden Daten über Tierquälerei und Streunerleid im Überblick.

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Viele, die von Leid der Straßenkatzen hören, verorten dies in Ländern, die traurige Berühmtheit für das Elend der Tiere erlangt haben. Dazu zählen unter anderen Griechenland, die Türkei, Rumänien und Bulgarien, aber auch Spanien. Doch was sich viele nicht bewusst machen ist, dass es in Deutschland ebenfalls ein Problem mit Straßenkatzen gibt, das höchstwahrscheinlich sogar noch größer werden wird. Dies deckt nun der Katzenschutzreport des Deutschen Tierschutzbundes mit alarmierenden Zahlen zu Straßenkatzen und Tierquälerei auf.

46 Prozent der von Animal Hoarding betroffen Tiere sind Katzen

Der große Katzenschutzreport deckt alle Formen der Tierquälerei auf. Dazu hat der Tierschutzbund bei Tierheimen und angeschlossenen Vereinen nachgefragt. Fast ein Drittel der Tierschutzvereine sei sich sicher, dass Katzen mehr als andere Tierarten Opfer von Tierquälerei und/oder Tötungen werden. So gaben auch 18 Prozent an, dass die Fälle von Tierquälerei und/oder vorsätzlicher Tötung von Katzen in ihrem Einzugsgebiet in den letzten drei Jahren zugenommen haben.

Zudem seien Katzen laut der aktuellen Auswertung des Tierschutzbundes von 2012 bis 2021 mit 45,99 Prozent die am häufigsten vom sogenannten Animal Hoarding betroffenen Tiere. Insgesamt seien während des Untersuchungszeitraums 5686 Katzen von der Tiersammelsucht betroffen gewesen. Die Katzen seien oftmals schwer krank, viele würden nur noch tot gefunden.

Auch interessant: 4500 Tiere waren 2022 von Animal Hoarding betroffen! Was hinter der Tiersammelsucht steckt 

15 Prozent der Tiere laut Katzenschutzreport ertränkt, weitere 10 Prozent erschlagen

Die häufigsten Formen von Tierquälerei bei Katzen, die den Tierheimen und Vereinen auffiel, hat der Tierschutzbund für den großen Katzenschutzreport aufgeschlüsselt. Mehrfachnennungen waren möglich, denn es kam vor, dass ein Tier unter mehreren Formen von Misshandlung litt. Hierbei wurden alle Fälle aufgenommen, auch solche, in denen jede Hilfe für die Katzen zu spät kam. Die Ergebnisse verteilen sich wie folgt:

  • 86 Prozent aller Tiere waren ausgesetzt
  • 77 Prozent nicht artgerecht gehalten, sprich aus Animal Hoarding, Käfighaltung oder Vernachlässigung übernommen
  • 48 Prozent der Katzen wurden zusätzlich geschlagen oder getreten
  • 43 Prozent waren von Vergiftungen betroffen
  • 27 Prozent wurden ab- oder angeschossen
  • 26 Prozent der aufgenommenen Katzen hatten nicht selbst zugefügte Verletzungen
  • 16 Prozent der Katzen wurden in einer Tüte, Kiste o. ä. zum Sterben zurückgelassen
  • 15 Prozent wurden von den Tierschützern ertränkt aufgefunden
  • 10 Prozent wurden drangsaliert oder terrorisiert
  • weitere 10 Prozent der Katzen wurden erschlagen aufgefunden

Zudem landeten immer mehr Katzen im Tierheim. Mehr als zwei Drittel der Tierschutzvereine (69 Prozent) gaben an, sie hätten in den letzten zwölf Monaten mehr Katzen aufnehmen müssen. Diese Tierheimtiere warteten nun auf ihr neues Zuhause – einige viel länger als andere. Oft spielten Alter, Größe und sogar die Fellfarbe eine Rolle. So gaben 47 Prozent der Tierheime an, dass schwarze Katzen schwerer vermittelt werden können als andersfarbige Artgenossen.

Auch interessant: Warum schwarze Tiere nicht so häufig adoptiert werden wie andere

Straßenkatzen in Deutschland – laut Katzenschutzreport eine Population in Millionengröße

In Deutschland lebten 2022 15,2 Millionen Katzen in 24 Prozent der Haushalte laut Daten des IVH & ZZF (PETBOOK berichtete). Dort werden sie versorgt und gestreichelt. Das Leben der Millionen Straßenkatzen sieht jedoch laut dem Katzenschutzreport anders aus: Sie leben versteckt und zurückgezogen und müssen um ihr Überleben kämpfen. Sie hungern, frieren, leiden oft unter Infektionskrankheiten. Keiner kümmere sich um ihre Verletzungen. Zudem mieden die meisten Straßenkatzen den menschlichen Kontakt und so gestalte es sich schwierig, mehr über das Leben und Leid der Tiere zu erfahren. Darum hat der Deutscher Tierschutzbund in der groß angelegten Umfrage die angeschlossenen Tierschutzvereine zur Situation vor Ort befragt.

In 99 Prozent der Fälle seien die Straßenkatzen krank, wenn sie von Tierschutzvereinen das erste Mal einem Tierarzt vorgestellt würden. Die Mehrheit (53 Prozent) gab an, dass die Tiere sogar ernsthaft krank seien, aber gute Aussichten auf Heilung bestünden. 41 Prozent berichten von kleineren Verletzungen und geringfügigen Krankheiten. Doch wurden auch 5 Prozent der Tiere todkrank aufgefunden, wohingegen nur ein Prozent gesund waren.

„Das ungeschützte Leben im Freien macht die Tiere anfällig für Krankheiten“, heißt es im Katzenschutzreport weiter. Diese Umfrageergebnisse zeigten, dass Straßenkatzen ohne die Fürsorge der Menschen litten. „Je weniger Zeit Katzen also auf sich alleine gestellt auf der Straße verbringen müssen, desto erfolgversprechender ist die medizinische Behandlung.“

Die medizinischen Untersuchungen, die Streuner benötigten, verteilen sich wie folgt (Mehrfachnennungen möglich):

  • 95 Prozent der Katzen wurden auf Parasitenbefall behandelt
  • 71 Prozent litten an einer Infektionskrankheit
  • 61 hatten eine Augenentzündung
  • Bei 26 Prozent der Tiere wurden Wunden versorgt
  • 20 Prozent mussten eingeschläfert werden
  • 6 Prozent benötigten Operation, darunter waren Augenentfernungen, Amputationen und Behandlungen von Brüchen

Warum sich das Leid der Straßenkatzen noch verschlimmern könnte

Nach Schätzungen des Deutschen Tierschutzbundes habe die Population der Straßenkatzen mittlerweile eine Größe von zwei Millionen Tieren erreicht. Dazu gebe es jedoch bislang keine genauen wissenschaftlichen Berechnungen. Denn die meist nur wenige Monate alt werdenden Tiere seien meist sehr scheu und mieden Menschen. Im Rahmen der Umfrage zum Katzenschutzreport konnte der Deutsche Tierschutzbund jedoch einige Daten erheben, die Handlungsbedarf unterstrichen.

Tierschützer zählten zwar die Populationen in den einzelnen Regionen, aber nicht bundesweit. Zudem wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen, da viele Tiere verborgen lebten. Im Rahmen einer Katzenhalterbefragung konnte der Tierschutzbund zudem ermitteln, dass von den 15,2 Millionen in Deutschland gehaltenen Katzen circa zehn Prozent nicht kastriert sind. Also 1,52 Millionen Tiere, die im Freigang mit Streunern Nachwuchs produzieren könnten.

93 Prozent der befragten Tierschützer sehen dies in einem Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Viele hätten sich in dieser Zeit eine oder mehrere Katzen angeschafft, aber jedoch versäumt, sich um eine Kastration zu kümmern. Auch hätten 20 Prozent der Befragten im Jahre 2022 im Rahmen einer YouGov-Umfrage gesagt, die Anschaffung ihres Haustieres zu bereuen. Zudem ist die Zahl der gehaltenen Tiere aus dem Jahr 2021 mit 16,4 Millionen beziffert worden, 2022 nur noch mit 15,2 Millionen. Wohin sind also 1,2 Millionen Katzen binnen eines Jahres verschwunden?

Katzen mit einem guten Zuhause leben bis zu 20 Jahre, Straßenkatzen im Durchschnitt 6 Monate

Die Situation ist durch die 20 bis 30 Prozent höheren Kosten für eine Kastration nach der Anhebung der Gebühren für Tierärzte im November 2022 noch brisanter. Da Katzen zwei bis drei Mal im Jahr Junge bekommen, kann sich das Problem exponentiell verschärfen, wenn diese Katzen weiter unkastriert auf der Straße leben. Schon jetzt gaben 78 Prozent der Tierheime an, Katzenschwemmen zu bestimmten Zeiten des Jahres zu erleben. Verwaiste Kitten fielen knapp der Hälfte verstärkt saisonal auf. Besonders schlimm sei die Zeit im Frühjahr, vor allem im Mai.

Ferner sehen sich die Tierschützer vor einer weiteren Herausforderung. Sie können nur die Tiere zählen, die überleben. Bei vielen Straßenkatzen sei dies jedoch nicht der Fall. Eine Hauskatze könne bis zu 20 Jahre alt werden. Werde sie hingegen auf der Straße geboren, liege die Lebenserwartung oft bei nur wenigen Monaten. „Bis zu 75 Prozent erreichen nicht den sechsten Lebensmonat, davon sterben 48 Prozent bevor sie 100 Tage alt sind“, heißt es im Katzenschutzreport unter Berufung auf einen 2015 in einem tierärztlichen Fachmagazin erschienen Artikel.

Viele der Tiere lebten auf Bauernhöfen, in Schrebergärten oder Industriegebieten. Zudem seien alle Nachfahren von Haustieren, um die man sich kümmern müsse. „In der öffentlichen Wahrnehmung und bei politischen Entscheidungsträgern ist die Brisanz des Themas noch immer nicht angekommen“, ordnet der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, die Ergebnisse ein. Straßenkatzen litten im Verborgenen; ihr Leben sei qualvoll und vor allem kurz.

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„Um den Teufelskreis der unkontrollierten Fortpflanzung zu durchbrechen und das Leid zu stoppen, braucht es dringend eine bundesweite Regelung für mehr Katzenschutz, die eine Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht beinhaltet“, fordert Thomas Schröder weiter. Bislang schultern Tierschutzvereine die Verantwortung meist alleine; sie kämpfen täglich dafür, das Leid der Tiere zu mindern. „Ein Unding“, so Schröder – angesichts des Staatsziels Tierschutz. „Die Tierschutzvereine und Tierschützer müssen endlich die ihnen zustehende Unterstützung erhalten.“

Der Katzenschutzreport enthält aktuelle Ergebnisse aus zwei Online-Umfragen, die der Deutsche Tierschutzbund zusammen mit Goldwind und YouGov umgesetzt hat. So wurden sowohl die dem Verband angeschlossenen Mitgliedsvereine (Goldwind) als auch Katzenbesitzer (YouGov) befragt. Dadurch möchte der Verband ein möglichst genaues Bild über die Situation der Straßenkatzen in Deutschland zeichnen. Eine Tierheim-Trendumfrage von 2020 ergänzt die Umfrageergebnisse.

Louisa Stoeffler, PETBOOK-Redakteurin

Meine Meinung

„Der Katzenschutzreport des Deutschen Tierschutzbundes zeigt eindrücklich, dass wir alle mehr gegen das Leid von streunenden Katzen tun müssen. Die Forderung nach einer bundesweiten Kastrationspflicht finde ich, wenn es um Katzen mit Freigang handelt, definitiv sinnvoll. Insbesondere für Kätzinnen ist die ständige Rolligkeit und bis zu drei Schwangerschaften im Jahr extrem kräftezehrend. Die Rolligkeit ist für Katzen mit Schmerzen und dem ständigen Trieb sich zu paaren verbunden. Tun sie dies nicht, leiden die Tiere starke Schmerzen. Auch finden diese Tiere meist nicht genug Nahrung, um die ständigen Trächtigkeiten zu überleben. Kitten, die von sterbenden Streunern geboren werden, verwildern ohne Mutterkatze und werden schlecht sozialisiert. Diese Tiere sind meist so scheu und ängstlich, dass kein Mensch sie aus dem Tierschutz adoptieren möchte. Denn man will Kuschel- und Schoßkätzchen. Diese Katzen haben meist lange Zeiten in Tierheimen vor sich, wenn sie überhaupt vermittelbar werden. Auch über Tierquälerei wird zu wenig gesprochen. Dass es Menschen gibt, die Katzen aussetzen, ertränken oder totschlagen, erschüttert mich tief. “Louisa Stoeffler, PETBOOK-Redakteurin
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