21. August 2024, 10:56 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Kopi Luwak – auch Katzenkaffee genannt – gilt als Delikatesse und teuerster Kaffee der Welt. Warum wild lebende Tiere für seine Gewinnung gequält werden, woher der Kaffee seinen Ruf hat und warum man auf den Genuss besser verzichten sollte, erläutert PETBOOK.
Er gilt als Delikatesse und teuerster Kaffee der Welt: Kopi Luwak, salopp auch „Katzenkaffee“ genannt. Gourmets schätzen seinen angeblich einzigartigen Geschmack und sind bereit, viel Geld für ein paar hundert Gramm zahlen. Seinen Namen erhielt das Getränk, da sein Rohstoff, die Kaffeebohne, einen besonderen Weg durch eine kleines, katzenartiges Tier nimmt. Der Fleckenmusang, eine Schleichkatzenart, frisst reife Kaffeekirschen, scheidet die darin enthaltenen Bohnen aber unverdaut wieder aus. Geschäftemacher haben das Potenzial der Bohnen erkannt – zum Leidwesen der Fleckenmusangs.
Was ist Katzenkaffee?
Die Bohnen, aus denen der Kopi Luwak genannte Kaffee gebraut wird, stammen aus dem Kot der Schleichkatzenart Fleckenmusang. Kopi ist indonesisch für Kaffee, Luwak heißt Schleichkatze. Das Tier frisst gerne reife, von den Kaffeesträuchern zu Boden gefallene Kaffeekirschen, verdaut jedoch nur deren saftiges Fruchtfleisch. Die im Fruchtfleisch enthaltenen, rohen Bohnen dagegen überstehen den Weg durch Magen und Darm der Tiere unbeschadet. Anschließend werden sie unversehrt wieder ausgeschieden. Das ist auch der Grund, warum man die Bohnen aus den Hinterlassenschaften der Tiere heraussuchen muss.1
Was eklig klingt, soll aber das Geheimnis des Kopi Luwak ausmachen. Die Reise durch den Darm der Tiere verleiht den Bohnen angeblich einen besonderen, milden Geschmack. Zumindest beteuern das Fans des ungewöhnlichen Gebräus. Kaffeetrinker aus aller Welt schätzen das besondere Aroma, das der Kaffee durch eine angebliche Fermentation im Darm der Schleichkatzen erhält. Dafür sind sie bereit, viel Geld zu bezahlen. So werden einzelne Tassen – frisch gebrüht – in exklusiven Kaffeehäusern für bis zu 50 Euro angeboten. Ein stolzer Preis für ein Luxusprodukt, dessen Anfänge jedoch weitaus weniger glamourös und edel waren.2
Katzenkaffee einst nur für Einheimische
Bereits im 19. Jahrhundert trank die einheimische Bevölkerung Indonesiens ein Heißgetränk, das sie aus den Bohnen gewann, die von den Tieren ausgeschieden worden waren. Der deutsche Zoologe Alfred Brehm (1829 – 1884) beobachte demnach bereits 1883 auf Reisen, wie Einheimische auf Sumatra Kaffeebohnen aus dem am Boden liegenden Kot der in der Region lebenden Fleckenmusangs aufsammelten. Damals allerdings galt das daraus gewonnene Heißgetränk nicht als schick. Er war vielmehr der einzige Kaffee, den indonesische Kaffeebauern trinken durften. Denn nur die ausgeschiedenen, damals als minderwertig geltenden Bohnen wurden den Arbeitern zum Eigengebrauch überlassen.
Die teuren Bohnen, die man auf den Kaffee-Plantagen der Inseln Sumatra und Java aufwendig anbaute, waren ausschließlich für den Export in die Niederlande bestimmt, seinerzeit Kolonialmacht in der Region. Den einheimischen Bauern blieb also nur, die von den Schleichkatzen ausgeschiedenen Bohnen einzusammeln und zu rösten, sodass sich daraus ebenfalls Kaffee brauen ließ: Kopi Luwak.3
Was macht Katzenkaffee angeblich so besonders?
Dem Getränk wird ein besonders milder, gleichzeitig vollmundiger und leicht süßlicher Geschmack nachgesagt. Den erhält es angeblich, weil die von der Katze verzehrten Bohnen auf ihrem Weg durch das Tier rund 24 Stunden in Magen und Darm verbleiben. Dort sollen die Bohnen auf besondere Art und Weise „fermentiert“ werden, wie Kaffeehändler behaupten. Durch die im Verdauungsapparat enthaltenen Enzyme werde demnach einerseits ein Teil des in den Bohnen vorhandenen Koffeins entfernt. Andererseits wird ein Teil der Säuren, die ebenfalls in Kaffee vorkommen, entfernt.
Allerdings widersprechen unter anderem zwei deutsche Forscher dieser Theorie: Sie führen den Geschmack des Kopi Luwak nicht auf eine von ihnen ohnehin nicht angenommene Fermentation im Katzendarm zurück, sondern auf Güte und Sorten der verzehrten Kaffeekirschen. Denn der Fleckenmusang fresse ausschließlich perfekt gereifte, hochwertige Kaffeekirschen, bevorzugt solche der Sorte Liberica. Daher erhalte der daraus gewonnene Kaffee sein vollmundiges Aroma.
Fermentieren würden die Bohnen dagegen nicht, erläuterten die Kaffee-Experten bereits 2021 in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Die Schale der Bohnen schütze sie vor den Verdauungssäften im Katzendarm. Allerdings ist der Katzenkaffee eine Rarität, und was selten ist, ist meist teuer. Die Nachfrage nach Kopi Luwak ist in den vergangenen Jahre vermutlich auch deswegen kontinuierlich gestiegen. Die Preise schwanken, liegen jedoch stets bei mehreren hundert Euro pro Kilogramm.
Schleichkatzen in grausamer Käfighaltung
Weil Katzenkaffee weltweit immer beliebter wird und Produzenten, Exporteuren und Händlern Gewinne verspricht, hat sich in den Herkunftsländern geradezu eine Katzenkaffee-Industrie entwickelt. Professionelle Tierfänger machen Jagd auf Fleckenmusangs und stellen den Tieren mit Fallen nach, wie etwa die Tierschutzorganisation Pro Wildlife berichtet. Auf Märkten werden die Tiere weiterveräußert.
Um wilden Fleckanmusangs nicht hinterherlaufen und die Bohnen aus deren Kot heraussuchen zu müssen, halten Kaffeebauern gefangene Schleichkatzen in Käfigen. Dort füttern sie sie mit Kaffeekirschen. Dazu werden die Tiere in der Regel als Babys der Wildnis und ihren Müttern entrissen und zu einem meist kurzen Leben in Drahtkäfigen gezwungen. Dort leben sie unter erbärmlichen, für die Tiere grausamen Bedingungen, wie zahlreiche Tierschutzorganisationen bereits seit Jahren anprangern. Von einer „Massenproduktion wie in Hühnerfarmen“ spricht Pro Wildlife.4
Die Tierschützer von Peta berichten darüber, dass die Schleichkatzen in engen Gitterboxen „in ihren Fäkalien vegetieren müssen“ und trotz Nachtaktivität tagsüber dem Sonnenlicht schutzlos ausgeliefert seien. „Viele der Tiere weisen entzündete Wunden an Körper und Gliedmassen auf und leiden unter Verhaltensstörungen“, teilt Peta weiter mit. Sie müssten auf dem nackten Drahtgitter der Käfige sitzen, was zu entzündeten, schmerzhaften Verletzungen führe.56
TRAVELBOOK-Redakteurin Gudrun Brandenburg konnte die katastrophalen Haltungen der Schleichkatzen auf der indonesischen Urlaubsinsel Bali beobachten. Mehr dazu lesen Sie hier.
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Mangelerscheinungen und minderwertige Bohnen
Zudem erhielten die Katzen oftmals nur Kaffeekirschen zu fressen, was zu Mangelerscheinungen und Erkrankungen führt. Denn auch in der Natur fressen die etwa hauskatzengroßen Tiere nicht ausschließlich Kaffeekirschen. Sie ernähren sich auch von anderen Früchten, Vogeleiern und kleineren Reptilien. Als Bohnenproduzenten missbraucht, erhalten sie jedoch in der Regel kein artgerechtes Futter und auch keine tierärztliche Betreuung, um Mangelerscheinungen, Erkrankungen und Wunden entgegenwirken zu können, berichtet etwa die Tierschutzorganisation Peta.
Hinzu kommt ein weiteres Problem: Um möglichst viele Bohnen für die Produktion zu erhalten, bekommen die in Gefangenschaft gehaltenen Fleckenmusangs auch unreife und minderwertige Kaffeekirschen zu fressen. Diese Früchte würden sie in freier Wildbahn nie anrühren. Daher jedoch sind auch die Bohnen, die von den gefangen gehaltenen Tieren ausgeschieden und zur Kaffeeproduktion verwendet werden, ebenfalls von minderer Qualität. In freier Wildbahn dagegen wählen Schleichkatzen nur die besten, auf den Punkt gereiften Kaffeekirschen aus. Dies trägt letztlich zu dem viel gerühmten Geschmack des Katzenkaffees Kopie Luwak bei.
Gefahr von Zoonosen durch Tierhaltung?
Spätestens seit der Covid-19-Pandemie ist bekannt: Erreger, die ursprünglich ausschließlich Tiere befallen haben, können unter Umständen auch Menschen infizieren. Bei Covid-19 ist das Virus laut derzeitigem Forschungsstand vermutlich in Fledermäusen mutiert. Jahre zuvor, zwischen 2002 und 2003, spielten Schleichkatzen wahrscheinlich eine Rolle bei der Übertragung des ersten SARS-Coronavirus. Die von Viren ausgelöste Atemwegserkrankung MERS fand ihren Weg zum Menschen vermutlich über Dromedare als Zwischenwirte. Ein aktuelles Beispiel für Erreger, die Tierarten infizieren und unter Umständen auch auf Menschen überspringen können, sind die derzeit vor allem in den USA festgestellten Fälle von H5N1-Vogelgrippe. Die erkrankten Menschen hatten zuvor offenbar engen Kontakt zu Rindern, die sich ihrerseits mit dem Vogelgrippe-Virus infiziert hatten.78
Das Virus war ursprünglich, daher auch sein Name, vor allem bei Wildvögeln und Geflügel festgestellt worden. Die Gefahr, dass Viren bei der Käfighaltung von Fleckenmusangs zumindest auf andere Tiere und womöglich dann doch wieder auf Menschen übertragen werden könnten, sieht daher etwa die Tierschutzorganisation Peta. Sie warnt vor einer möglichen Übertragung von Zoonosen durch die enge Käfighaltung der Fleckenmusangs zur Kaffeebohnen-Produktion. Viele Schleichkatzen, darunter auch solche, die nicht mehr für die Bohnenproduktion geeignet sind, werden auf voll besetzten Lebendtier-Märkten verkauft. Auf diesen herrschten laut Peta „perfekte Bedingungen für die Verbreitung und Mutation von Zoonosen wie COVID-19“, so die Tierschutzorganisation.
Etikettenschwindel bei Bohnen von Wildtieren
Immer wieder ist auf den Seiten von Kaffeehändlern und in Foren der Hinweis zu lesen, Verbraucher sollten ausschließlich Kopie Luwak genießen, der von Tieren aus der Wildnis stammt. Das verhindere die Quälerei gefangener Schleichkatzen und sorge dafür, dass der Kaffee hochwertig sei. Allerdings: Der Hinweis, dass es sich um Wildkaffee handle, stehe laut zahlreicher Tierschutzorganisationen und Kaffee-Experten auf nahezu jeder Packung. Inzwischen würden jährlich mehrere Tonnen Kopi-Luwak-Bohnen in alle Welt exportiert.
Tatsächlich lieferten Schätzungen von Experten zufolge sämtliche frei lebenden Schleichkatzen Indonesiens zusammen jedoch nur etwa 300 Kilogramm jährlich der teuren Bohnen, wie etwa der Deutschlandfunk berichtet. Dennoch zeigen Stichproben: Damit, dass die Bohnen von frei lebenden Tieren stammen, steht auf nahezu allen Packungen, die sich bei verschiedenen Kaffeehändlern im Internet bestellen lassen. Dort kosten 100 Gramm der Luxus-Bohnen derzeit (Stand Juli 2024) im Schnitt zwischen knapp 35 und 43 Euro.9
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Fazit
Wem es nicht schon widerstrebt, Kaffee aus Bohnen zu konsumieren, die von einem Tier gefressen und wieder ausgeschieden wurden, den schreckt vielleicht die Tierquälerei, die dahintersteckt, ab. Denn auch das Label „von wild lebenden Tieren“ garantiert nicht, dass für den Kaffee keine Schleichkatzen gefangen und gequält wurden. Schließlich werden jährlich tonnenweise Bohnen für Kopie Luwak in alle Welt verschifft, wobei lediglich nur wenige hundert Kilogramm tatsächlich von wild lebenden Tieren produziert werden können.
Zudem ist unter Experten umstritten, ob das hochgelobte Aroma des Kaffees wirklich daher stammt, dass die Bohnen auf dem Weg durch den Katzendarm fermentiert werden. Es könne auch damit zusammenhängen, dass die wählerischen Tiere lediglich die besten Kirschen und dazu noch eine ganz besondere Kaffeesorte fressen: Liberica. Diesen aber gibt es ohnehin im Fachhandel zu kaufen – ganz ohne Tierquälerei.