20. Februar 2024, 17:17 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Im hessischen Limburg fiel im November 2023 eine Entscheidung über Stadttauben, die sprachlos macht. Bis zu 1000 Tiere sollen per Genickbruch getötet werden. Tierschutzvereine gehen auf die Barrikaden. Nun sollen die Bürger dafür oder dagegen stimmen.
In der hessischen Stadt Limburg an der Lahn fiel am 13. November 2023 ein kontroverses Urteil. In der Stadtverordnetenversammlung wurde die Tötung von Stadttauben beschlossen. Die Tiere sollen in einen Taubenschlag gelockt werden, wo ihnen der Falkner dann eigenhändig das Genick bricht. Tierschützer gehen auf die Barrikaden und der Deutsche Tierschutzbund prüft rechtliche Schritte im Sinne des Tierschutzgesetzes gegen die Tötung der Tauben in Limburg. Am 19. Februar 2024 fiel nun eine erste Entscheidung dazu.
Tierschutzbund kritisiert die Entscheidung als „unsagbar schwach“
Die Wahlberechtigten im hessischen Limburg sollen demnächst bei einem Bürgerentscheid darüber abstimmen, ob Tauben in ihrer Stadt gezielt getötet werden sollen oder nicht. Die Stadtverordnetenversammlung war einstimmig für dieses Vorgehen, wie ein Stadtsprecher der dpa mitteilte. Der Bürgerentscheid ist für den Tag der Europa- und der Landratswahl am 9. Juni vorgesehen.
„Dass das Stadtparlament den Ball nun einfach an die Bürger weiterspielt, statt für eine klare Linie im Sinne unserer Verfassung einzustehen, ist unsagbar schwach“, kritisiert Katrin Pichl, Fachreferentin für Stadttauben beim Deutschen Tierschutzbund. „Hier zieht man sich unter dem Deckmantel der Demokratie perfide aus der eigenen Verantwortung. Wir haben uns als Gesellschaft längst darauf geeinigt, dass Tiere nicht einfach getötet werden, sondern mit allen Mitteln geschützt gehören. Es kann nicht sein, dass dieser Grundsatz zur Abstimmung steht, den die Limburger nun erst verteidigen müssen.“
Pichl appelliert an die Limburger Bürger: „Wenn der Beschluss nicht noch abgewandt wird, wollen wir alle Limburger dazu aufrufen, im Juni für die Werte des Tierschutzgesetzes einzustehen und das Leben der Tauben zu schützen! Es gibt längst erfolgreiche tierfreundliche Methoden, die Anzahl an Stadttauben zu verringern. Das Töten der Tiere lässt sich weder ethisch rechtfertigen noch entspricht eine solche Maßnahme dem Tierschutzgesetz.“
Befugte Person soll Tiere zwei Jahre lang mit bloßer Hand töten
Laut Informationen, die der „Hessenschau“ vorliegen, soll die Tötungsaktion erstmal auf zwei Jahre beschränkt sein. Diese Maßnahme soll der Populationskontrolle dienen. Konkret handele es sich um 700 bis 1000 Tiere. Diese „Maßnahme“ soll mithilfe eines Fangschlages geschehen, in den die Tiere einfliegen, aber nicht mehr herausfinden. Dort sollen sie dann von einer behördlich genehmigten Person mit der bloßen Hand durch einen Genickbruch sterben.
Tötungsaktionen dieser Art führen laut Informationen des Deutschen Tierschutzbundes jedoch höchstens temporär zu einem reduzierten Bestand. Dies belegten Studien und Beispiele aus anderen Städten. Zudem habe im Landkreis Limburg-Weilburg solch eine Aktion vor über zehn Jahren bereits stattgefunden. Damals wurden Tauben – durch denselben Falkner – getötet. Ohne dass man das „Taubenproblem“ letztlich lösen konnte.
Entstandene Lücken in der Population werden aufgrund des angezüchteten Brutzwangs der Tauben schnell wieder von Jungvögeln oder auch zufliegenden Tauben gefüllt. „Es ist inakzeptabel, dass Limburg mit Steuergeldern die Tötung von Tieren finanziert, ohne dass der gewünschte Effekt nachhaltig überhaupt erzielt werden kann“, kritisieren die Tierschutzverbände.
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Tierschutzbund: „Das ist nicht nur ethisch verwerflich, sondern stellt auch einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar“
„Anstatt Taubenschläge einzurichten und so tierfreundlich die Zahl der Stadttauben zu verringern, hat sich Limburg für die Tötung der Tiere entschieden“, erklärte Katrin Pichl bereits im November. Das sei nicht nur ethisch verwerflich, sondern stelle auch einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar.
Ute Heberer, 1. Vorsitzende des Landestierschutzverbands Hessen (abgekürzt LTVH) meldete sich ebenfalls zu Wort. „Wir sind entsetzt, dass sich die Stadtverordnetenversammlung trotz des immensen Protests und mit dem Wissen, dass es mildere, tierschutzkonformere und nachhaltigere Möglichkeiten des Stadttaubenmanagements gibt, die Tötung beschlossen hat. Wir werden das so nicht hinnehmen!“
Tierschutzvereine in Limburg stehen für die Tauben bereit
Auch mahnt der Tierschutzbund an, dass Behörden keine Erlaubnis zur Tötung von Tauben erteilen dürfen, wenn mildere Alternativen zur Verfügung stehen. Für Stadttauben konnte man mittlerweile ausreichend belegen, dass kein erhöhtes Gesundheitsrisiko von den Tieren ausgeht. Dies ist in Stellungnahmen des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin von 1998 und 2001 hinterlegt.
Auch verschiedene Fachtierärzte für Vogelmedizin sprechen sich seit Jahren dafür aus, das Stigma der Tauben als vermeintliche Schädlinge ad acta zu legen. Zudem gebe es tierfreundliche und nachhaltige Alternative für die Populationskontrollen bei Stadttauben. Wie die Errichtung von Taubenschlägen bei regelmäßigem Austausch von Eiern gegen Attrappen. Für eine etwaige Pflege eines Schlags hatten sich bereits Tierschutzvereine und ehrenamtliche Helfer bei der Stadt Limburg gemeldet.
Bürgerentscheid Limburg beschließt, Tauben töten zu lassen – Tierschützer entsetzt
Nach Bürgerentscheid für Tötung Neue Hoffnung für Tauben in Limburg? Gnadenhof will 200 Tiere aufnehmen
Verkannte Tiere Vom tierfreundlichen Umgang mit Stadttauben
Quellen
- Spiegel.de, „Limburger sollen per Bürgerentscheid über Taubentötung abstimmen“ (aufgerufen am 20.02.2024)