11. Juli 2024, 6:54 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Otter sind sehr soziale Tiere und sehen mit ihren Knopfaugen und dem runden Kopf auch noch unglaublich niedlich aus. Kein Wunder, dass Fotos und Videos der kleinen Raubtiere in den sozialen Netzwerken für einen wahren Otter-Hype sorgen. Doch kann und darf man sie als Haustiere halten?
Niedliche Pfoten, die an kleine Händchen erinnern, Knopfaugen und Stupsnäschen – Zwergotter sind, man kann es nicht anders sagen, unglaublich süß. Vermutlich fluten deshalb immer wieder Fotos der kleinen Raubtiere das Internet, begeistern in sozialen Netzwerken Hunderttausende und sorgen für einen wahren Otter-Hype. Doch ihr niedliches Aussehen wird den Tieren zum Verhängnis: Immer mehr Menschen wollen ein Otter als Haustier halten. Warum das unbedingt zu unterlassen ist, wie die Tiere stattdessen leben sollten und was man für Otter tun kann, erklärt Diplom-Biologin Eva Baumgärtner, Sprecherin des Otter-Zentrums im niedersächsischen Hankensbüttel.
Um welche Otter handelt es sich bei den Internet-Stars?
Die Tiere, die in den sozialen Netzwerken zur Schau gestellt werden, sind meist Zwergotter. Nach Angaben der Welttierschutzgesellschaft WTG gehören 98 Prozent der in der Regel illegal als Haustiere gehandelten Otter dieser Art an. In Europa sind die Tiere nicht heimisch. Sie stammen aus Süd- und Südostasien, etwa Indien, Philippinen und Taiwan. Dort leben sie wild an Küsten und Flussmündungen, in Mangroven und Reisfeldern. Überall dort, wo Wasser und bewachsene Uferregionen vorkommen.
Die kleinen Otter benutzen beim Fressen ihre Vorderpfötchen, was ihnen ein beinahe menschlich anmutendes Verhalten verleiht. Zudem gelten sie als neugierig und gesellig. Meist leben sie in größeren Gruppen mit bis zu einem Dutzend Artgenossen und besiedeln Reviere, die zwischen 25 und 45 Quadratmeter umfassen können. Die Tiere können zwischen 10 und 15 Jahre alt werden. Sie messen zwischen 40 und 60 Zentimeter und wiegen zwischen drei und knapp sechs Kilogramm. In ihrer Heimat sind sie gefährdet, weil ihr Lebensraum zusehends zerstört wird.1
Marder mit strengem Eigengeruch
In vielen asiatischen Ländern, etwa Japan und Vietnam, werden sie wegen ihres niedlichen Aussehens unter nicht artgerechten Bedingungen als Haustiere gehalten. Dies erläutert Diplom-Biologin Eva Baumgärtner, Sprecherin des Otter-Zentrums im niedersächsischen Hankensbüttel. „Sie bedienen voll das Kindchenschema, ihrem putzigen Äußeren kann man sich nur schwer entziehen.“ Zudem sind die Tiere verspielt, klein und tagaktiv. Das mache sie leider so begehrt, dass sie illegal verkauft oder sogar in andere Länder geschmuggelt würden.
Dennoch gilt auf für Zwergotter: „Das sind Wildtiere, Räuber mit spitzen Zähnen, die nicht wirklich zahm werden und das auch nicht wollen“, so Baumgärtner. Zudem gehören sie zur Familie der Marder und wiesen daher auch einen eher strengen Geruch auf. „Den möchte man ohnehin nicht im Hause haben.“
Darf man Otter privat halten?
„Otter sind Wildtiere und gehören – nirgendwo auf der Welt – in Menschenhand“, appelliert nicht nur die Welttierschutzgesellschaft an potenzielle Otter-Halter. Inzwischen sind sich neben zahlreichen Tierschutzorganisationen und Otter-Experten auch die Regierungen vieler Länder darin einig, dass die weltweit bedrohten Tiere nicht in private Hände gehören.
Vertreter von Staaten, die das Washingtoner Artenschutzabkommen unterzeichnet haben (Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen), unter anderem die Länder der Europäischen Union und Japan, haben entschieden, dass Zwergotter international nicht mehr kommerziell gehandelt werden dürfen. Demnach sind nur unter sehr strengen Voraussetzungen Ausnahmen etwa für Wissenschaftler und Zoos möglich.2
Otter sind in Deutschland streng geschützt
Wer in Deutschland Otter halten möchte, benötigt dazu offizielle, behördliche Genehmigungen. Außerdem müssen entsprechende Papiere für die Tiere nachgewiesen werden und die nötige Sachkunde darüber, wie die Tiere zu halten sind. Die Voraussetzungen sind streng und werden genau überprüft.
Otter, die im Internet oder auf anderen Wegen angepriesen werden, sind meist unter schrecklichen Bedingungen illegal gefangen worden. Sie wurden geschmuggelt und nicht artgerecht gehalten.
In Europa unterliegen Otter zusätzlich der Berner Konvention und in Deutschland dem Bundesnaturschutzgesetz. Auch der hierzulande wild lebende Eurasische Fischotter ist streng geschützt und darf nicht gefangen oder gar getötet werden. Die Deutschen Umwelthilfe (DUH) und der Bund Naturschutz Bayern hatte vor wenigen Monaten daher erreicht, dass eine zuvor genehmigte Ausnahmeverordnung zum Abschuss der Tiere in Ostbayern ausgesetzt werden musste.3
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Was benötigen Otter?
Otter sind privat schon allein wegen ihres enormen Platzbedarfs und ihres Bewegungsdrangs kaum artgerecht zu halten. Zudem müssen grundsätzlich mehrere Tiere zusammenleben. Tipps aus dem Internet, wonach Ottern ein gelegentliches Bad in der Wanne oder einem größeren Plastikbassin ausreichen würde, kommen Tierquälerei gleich, wie Tierschutzorganisationen betonen.
Otter benötigen stets ein Gewässer zum Schwimmen, das konstant bestimmte Werte einhalten muss. Als Futter benötigen sie Fisch, Krebstierchen, Frösche und andere Wasserbewohner. In freier Wildbahn erbeuten sie diese blitzschnell und töten sie mit ihren spitzen Zähnchen. Das kann man den Tieren privat nicht bieten.
Zudem reicht es nicht, ihnen für die Sommermonate ein Heim im eigenen Garten einzurichten. Die Tiere stammen, wie Eva Baumgärtner vom Otterzentrum erläutert, aus feuchtwarmen Gefilden. Diese lassen sich im eigenen Garten nicht nachbilden, im Haus schon gar nicht.
Wie kann man sich für Otter einsetzen?
Kurz und knapp: Indem man die Umwelt schützt, wie verschiedene Tierschutzorganisationen betonen. In Deutschland gilt die einzige wild lebende Otterart, der Eurasische Fischotter, als gefährdet. Obgleich er allmählich wieder in Regionen zurückkehrt, aus denen er einst verschwunden war. Er benötigt flache Gewässer mit naturnahen Uferbereichen, wo er sich in Höhlen, Totholz und Gebüschen verstecken kann. Dort, wo Seen und Moore trockengelegt und Flüsse begradigt werden, findet das Tier jedoch keinen Lebensraum mehr und muss sich neue Reviere suchen.
Übrigens ist die größte Gefahr für Otter der Straßenverkehr. Wie die Welttierschutzgesellschaft (WTG) mitteilt, sterben hierzulande viele Otter in diesem, unter anderem, weil sie auf der Suche nach Lebensraum über vielbefahrene Straßen laufen müssen. Die Deutsche Umwelthilfe etwa fordert daher, dass „Brücken, die neu gebaut oder ersetzt werden, den Fluss möglichst weit überspannen und ein naturnahes Ufer aufweisen“ sollten.4
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Keine Likes für Otter-Bilder
Die Welttierschutzgesellschaft WTG hat noch einen Tipp für alle parat, mit dem sich Otter sogar vom heimischen Sofa aus unterstützen lassen: Wer das Leid gefangener Otter nicht fördern und deren Kommerzialisierung nicht unterstützen möchte, sollte keine Bilder und Videos der Tierchen in sozialen Netzwerken liken oder teilen.
„Auch die Verbreitung von Videos und Fotos, die einen engen menschlichen Kontakt mit Ottern zeigen, ist entschieden abzulehnen“, teilt die WTG mit. „Dies steigert die Nachfrage nach der nicht tiergerechten Haltung und befördert den Wildtierhandel.“ Die Otter werden für Social-Media-Fotos oftmals verkleidet und an der Leine herumgeführt. Dies ist keine artgerechte Behandlung. Daher sollte man solche Posts unmittelbar melden. Am besten unter dem Hinweis, dass es sich bei den Bildern um eine Darstellung von Tierleid handelt.5