27. August 2024, 17:46 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Wegen Missständen in der Tierhaltung fordert die Tierrechtsorganisation Peta, dass Zoo Zajac seinen Tierverkauf einstellt. Videos sollen zeigen, dass viele der Tiere in dem weltweit größten Zoofachgeschäft nicht artgerecht gehalten werden. PETBOOK-Redakteurin und Verhaltensbiologin Saskia Schneider erhielt Einsicht in das Videomaterial und ordnet die Inhalte ein.
Die Tierrechtsorganisation Peta erhebt wegen Missständen in der Tierhaltung Vorwürfe gegen Zoo Zajac in Duisburg. Das größte Zoofachgeschäft Deutschlands führt neben Tierbedarf auch exotische Tiere wie Reptilien, Papageien und sogar ein Faultier. Viele werden nicht artgerecht gehalten. Das sollen Videos zeigen, die Peta vorliegen, wie die Organisation am 26. August in einer Pressemitteilung erklärte. Das am 31. Juli 2024 aufgenommene Videomaterial zeige, dass das Zoogeschäft dabei geltende Tierschutzstandards und auch das sogenannte Säugetiergutachten ignoriert, heißt es. Die Tierschützer fordern daher die Einstellung des Tierverkaufs.
PETBOOK erhielt Einsicht in das Videomaterial. Es zeigt unter anderem Aufnahmen der Haltungsbedingungen von Frettchen, einem Rochen und einem der Faultiere. Oft handelt es sich dabei nur um wenige Minuten Film. In diesen sind aber bereits einige Dinge beim Verhalten und der Unterbringung der Tiere zu erkennen.
Frettchen-Gehege nicht artgerecht
Die Vorwürfe seitens Peta gegen Zoo Zajac beziehen sich vor allem auf die Haltungsbedingungen bzw. Unterbringung der Tiere. So hätten diese oft viel zu wenig Platz, seien vermutlich krank, hätten keine ausreichenden Rückzugsmöglichkeiten und zeigten Verhaltensstörungen.
Ein Teil dieser Vorwürfe lässt sich anhand des vorliegenden Videomaterials tatsächlich nachvollziehen. So zeigt eine mehr als einminütige Sequenz mindestens sechs Frettchen in einem Gehege. Drei der Wände bestehen aus Glasscheiben – fast alles ist einsehbar und gut ausgeleuchtet.
Laut Peta sei das Gehege der Frettchen in Zoo Zajac zu klein. Nach Vorgaben der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e. V. (TVT) muss die Grundfläche für sechs Tiere mindestens zehn Quadratmeter betragen – also etwa fünf Meter lang und zwei Meter breit sein. Die Tierrechtsorganisation bezieht sich auf die Haltungsanforderungen gemäß des Säugetiergutachtens, wie Peter Höffken, Fachleitung Kampagnenteam, auf Anfrage von PETBOOK mitteilt. Dabei handelt es sich um das „Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren“, herausgegeben vom Bundeslandwirtschaftsministerium.
Danach seien für sechs offenbar ausgewachsene Tiere, die mindestens in dem Zajac-Gehege gehalten wurden, zwölf Quadratmeter Gehegefläche vorgesehen. „Wir schätzen das Gehege anhand der Videoaufnahmen deutlich kleiner ein“, sagt Höffken. Bereits im vergangenen Jahr sei die von Peta angezeigte Erdmännchenhaltung im Zoo Zajac schon nicht ausreichend gewesen.
Frettchen frisst Kot
Auch was die Einrichtung angeht, ist die Unterbringung alles andere als artgerecht. Ausgestattet ist der Raum mit ein paar Kuschelbetten, Plastikrohren, Wasserschalen, einer Futterschale mit Trockenfutter sowie mindestens zwei Toiletten. Alles ist ebenerdig. Doch nach den Empfehlungen der TVT sollte die Haltungseinrichtung für Frettchen „über mehrere Ebenen verfügen, die z. B. über Rohre und Rampen miteinander verbunden sind. Daneben sollten den Tieren weitere Einrichtungsgegenstände, z. B. Steine, Wurzeln, Äste, Röhren und Hängematten zur Beschäftigung angeboten werden.“ All dies fehlt. 1
Was zudem Grund zur Besorgnis gibt, ist, dass ein Tier Kot aus der Toilette holt und frisst. Dies ist für Frettchen kein normales Verhalten und kann auf gesundheitliche Probleme oder auch Verhaltensstörungen hindeuten – ausgelöst etwa durch Stress oder Langeweile. Zudem nimmt das Tier beim Kotfressen auch Streu mit auf, die im schlimmsten Fall einen Darmverschluss verursachen kann. Was genau die Ursache für das Verhalten ist oder ob dieses häufiger auftritt, lässt sich anhand der kurzen Videosequenz aber nicht feststellen.
Faultier am helllichten Tag aktiv
Unter den vielen Exoten leben auch drei Faultiere im Zoofachgeschäft: die beiden Adulten Frieda und Lennox sowie ein Jungtier, dass die Mitarbeiter aufzogen, da es von einer Mutter verstoßen wurde. Eine Aufnahme zeigt eines der Tiere dabei, wie es sich fast eine Minute lang kratzt. „Das Kratzen zog sich laut Beobachter über mehrere Minuten hin“, teilt Peter Höffken PETBOOK mit. Ob hier eine Hauterkrankung oder Verhaltensstörung oder Ähnliches vorliegt, sei amtstierärztlich zu prüfen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass sich das Tier auf den Aufnahmen bei helllichtem Tag über den Köpfen der Besucher an der Decke entlanghangelt. Für Faultiere ein eher unnatürliches Verhalten, denn die Tiere sind von Natur aus nachtaktiv.
Ein Faultier verbringt in der Regel bis zu 16 Stunden am Tag mit Schlaf. Die restliche Zeit sind die Tiere mit der Nahrungssuche beschäftigt. Dabei bewegen sie sich vor allem bei Dunkelheit fort. Daher kann man sie in vielen Zoos nur selten in Aktion beobachten. 2
Faultierhaltung ist nicht tierschutzkonform
Peta wirft Zoo Zajac vor, dass die Faultiere durch die Besucherströme am Tag kaum Möglichkeiten hätten, zur Ruhe zu kommen. Zudem gebe es augenscheinlich kein Außengehege und keine Möglichkeit, in Ruhe am Boden zu koten. „Insgesamt erachten wir die Faultierhaltung als nicht tierschutzkonform“, so Höffken.
Im Vergleich zu einem Zoo stelle sich die Haltung unter der Decke eines Verkaufsraumes mangelhaft dar. Das juvenile Faultier wurde nach Angaben des Personals „von der Mutter verstoßen“ und von Mitarbeitern aufgezogen. Da aus der Natur nicht bekannt sei, dass Faultiermütter ihre Babys verstoßen, sei dies als Indikator für eine nicht artgerechte Haltung zu sehen.
Rochen kann sich nicht eingraben
Eines der Videos zeigt einen Rochen gemeinsam mit anderen Fischen in einem großen Aquarium. Der Rochen hält sich darin in einer Ecke am Boden auf. Ohne die Maße des Aquariums einschätzen zu können, wirkt das Becken recht voll. Das eigentliche Problem – und das, was auch Peta kritisiert – ist jedoch der fehlende Bodengrund.
Rochen vergraben sich in der Natur durch schnelle Flossenbewegungen im Sand, sodass nur noch die Augen herausschauen. Nach dem, was man in dem Video beurteilen kann, befindet sich im Aquarium aber eher recht grobkörniger Sand bzw. Kies und davon so wenig, dass Teile des Bodens im Becken frei liegen.
Veterinäramt über Zustände informiert
Bei den Videos, die der Tierrechtsorganisation vorliegen, handelt es sich um Momentaufnahmen. Anhand der kurzen Sequenzen ist es schwer zu beurteilen, ob es sich bei Verhaltensweisen wie Kotfressen oder langem Kratzen tatsächlich um gestörtes Verhalten handelt. Allerdings zeigen die Aufnahmen deutlich, dass es sich bei der Unterbringung der Tiere in Zoo Zajac nicht um eine artgerechte Haltung handelt und somit gegen geltende Tierschutzstandards verstößt, wie Peta anmerkt.
In der Pressemitteilung kommentiert Jana Hoger, Fachreferentin für tierische Mitbewohner bei Peta, diese mit den Worten: „Wieder einmal beweist Zoo Zajac, dass Tierwohl für das Unternehmen keine Priorität hat.“ Die Tierhaltung solle offenbar in erster Linie Kunden anlocken, schlussfolgert die Tierrechtsorganisation. „Wir haben das Duisburger Veterinäramt am 14. August über die Missstände informiert und um Prüfung gebeten“, teilt Höffken mit. Eine Anzeige wurde bisher nicht erstattet.
Auch PETBOOK fragte beim zuständigen Veterinäramt nach. Denn in der Regel unterliegen Einrichtungen, die exotische Tiere halten, regelmäßigen Kontrollen. Bis Redaktionsschluss haben wir jedoch keine Rückmeldung erhalten. Auch eine Anfrage seitens PETBOOK an Zoo Zajac mit Bitte um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen wurde bis zum Redaktionsschluss nicht beantwortet.
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Zoo Zajac ist nach eigenen Angaben das weltweit größte Zoofachgeschäft. Auf den über 1300 Quadratmetern Ladenfläche werden rund 12.000 Tiere, die zu 3000 verschiedenen Arten gehören, präsentiert. Das Zoofachgeschäft zeichnete sich vor allem durch seinen Verkauf von exotischen Tieren aus, die der 2022 verstorbene Gründer und Inhaber Norbert Zajac gerne auf seinem YouTube-Kanal präsentierte (PETBOOK berichtete).
Tierschützer kritisierten das Zoofachgeschäft schon länger. So forderte Peta bereits im Oktober 2022 einen Verkaufsstopp für Zoo Zajac. Auslöser war die Überlastung der Tierheime durch eine Rückgabewelle der in der Coronazeit angeschafften Tiere. Auch der Handel mit Hundewelpen sorgte seit 2012 immer wieder für Demonstrationen von Tierschutzaktivisten. Zumindest letzteren stellte das Zoogeschäft ein – allerdings nicht aus Tierschutz-, sondern Kostengründen.