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Missbrauchen Petfluencer ihre Tiere für Klicks und Werbeverträge? Expertin gibt Einschätzung

Ein Zwergspitz in Ballerina-Kostüm schaut in die Kamera.
Häufig sieht man in den sozialen Medien verkleidete Tiere von Petfluencern. Doch ist das noch im Sinne des Tierschutzes? Foto: Getty Images

10. Juli 2024, 6:35 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Für Klicks und Werbeverträge stecken Petfluencer ihre Haustiere in Kostüme und lassen sie mit Produkten posieren. Doch wo endet die Tierliebe und beginnt der Missbrauch? PETBOOK-Autorin und Hundetrainerin Katharina Marioth hat die Petfluencer-Welt einmal genauer unter die Lupe genommen und sprach mit der Berliner Landestierschutzbeauftragte Dr. Kathrin Herrmann darüber.

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Als „Petfluencer“ bezeichnet man Influencer mit Haustieren, die in den sozialen Medien aktiv sind. In den letzten Jahren gewinnen sie immer mehr an Bedeutung für die Industrie. Sei es, um das neueste Nahrungsergänzungsmittel für das geliebte Haustier zu bewerben, den neuesten Katzenkorb anzupreisen oder die neue Outdoorkleidung mit passendem Halsband und Leine auf den Markt zu bringen. Influencermarketing funktioniert deshalb besonders gut, weil die Menschen bzw. Follower den Eindruck haben, dass eine vertraute Person ihnen ein Produkt empfiehlt. Quasi wie der gute Freund oder die beste Freundin.  

Doch wo hört die Liebe zum eigenen Tier auf und fängt der Missbrauch an, wenn es darum geht, Produkte zu bewerben oder Katze und Hund für möglichst viele Klicks in bestimmte Posen oder Kostüme zu zwängen? Das Deutsche Tierschutzgesetz ist hier recht eindeutig.

Hunde werden für Klicks und Geld erschreckt oder in Kostüme gesteckt

Letztes Jahr rief die Tierrechtsorganisation Peta dazu auf, Accounts mit vermeintlich „niedlichen“ Inhalten zu melden und kritisierte unter anderem den Gewinneraccount des „German Petfluencer Awards“. Dieser wurde von einer Agentur vergeben, die ausschließlich Petfluencer an Marken und Hersteller vermittelt.

Die Gewinnerin betreibt auf verschiedenen Social-Media-Plattformen einen Account mit ihrem Husky. Mal taucht er im Weihnachts- oder Geburtstagskostüm auf, mal in sogenannten Challenges, in denen man ihm erst das Maul zuhält, dann die Hände öffnet und das Fell von rechts nach links streift: Dies soll an eine Blume erinnern.1

Dann gibt es den Zwergspitz Jiffpom, mit über neun Millionen Followern, der in Pyjamas mit Kaffeetasse drapiert zwischen den Pfoten in einer unnatürlichen Pose Werbung für eine Coffeehouse Kette macht. Es heißt für einen Werbe-Post kassiert die Besitzerin des Zwergspitzes zigtausend Euro.  

Für möglichst viele Klicks werden Tiere erschreckt und in Kostüme gesteckt. Oder sie bekommen etwas artfremdes zu essen, weil die Grimassen so witzig sind. Denn je mehr Klicks, umso mehr Reichweite und die ist bares Geld wert. 

Auch interessant: TV-Hundetrainer Andreas Ohligschläger: »Ich plädiere für Tierschutz als Schulfach

Was sagt das Tierschutzgesetz?

Handelt es sich bei dem, was Petfluencern ihren Haustieren antun schon um Tierquälerei? Werfen wir einen Blick ins Deutsche Tierschutzgesetz. Dort steht unter § 11, Abs. 8: „Wer […] Tiere gewerbsmäßig zur Schau stellen oder für solche Zwecke zur Verfügung stellen will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde [ff.].“ 

Braucht man als Petfluencer also eine behördlichen Genehmigung, wenn man mit seinem Haustier Produkte bewirbt? Das hänge vor allem davon ab, ob sie tatsächlich gewerbsmäßig handeln, sagt die Berliner Landestierschutzbeauftragte Dr. Kathrin Herrmann auf Anfrage von PETBOOK. Dabei bedeute laut Ziffer 12.2.1.5 AVV Tierschutzgesetz „selbstständig, planmäßig, fortgesetzt und mit der Absicht der Gewinnerzielung“.

„Entscheidend wird es hier darauf ankommen, ob die Personen mit der Zurschaustellung Gewinne erzielen“, führt Dr. Herrmann aus. Das sei etwa bei Werbeeinnahmen oder dem Verkauf eigener Produkte, die mit den Tieren beworben werden, denkbar. „Es muss aber in jedem Einzelfall geprüft werden.“ 

Brauchen wir mehr Kontrollen?

Eine behördliche Genehmigung würde auch eine gewisse Sachkunde voraussetzen. Es wäre zudem eine Möglichkeit, Petfluencer und die Haltung ihrer Haustiere zu kontrollieren, was in manchen Fällen sicherlich seine Berechtigung hätte.

So verriet mir eine Influencerin, die vier Hunde hält auf einem Promievent hinter vorgehaltener Hand eine Influencerin, dass das dritte und vierte Tier deswegen einzogen, weil die zwei anderen „medial abgenutzt“ wären. Doch das ist gar nicht das Hauptproblem.

Erst kürzlich berichtete das ZDF in einem Beitrag über Tierleid in den sozialen Medien. Dabei geht es nicht nur um Tiere, die in Kleidung oder Kostüme gesteckt werden, sondern um die, die gestresst sind und manipuliert werden. Die man seelischer Grausamkeit aussetzt und die man nicht artgerecht hält.

Die Bevölkerung muss stärker sensibilisiert werden

Wie etwa der bissige Chihuahuas, der von seiner Besitzerin immer wieder geärgert wurde, oder die Bulldogge, die nicht vernünftig fressen konnte. Aber auch die Katze, die mit Spielzeugen erschreckt wird oder die Schildkröte, die als Fußball genutzt wurde. Diese Liste lässt sich derzeit leider noch endlos fortsetzen.  

All diese Dinge verstoßen klar gegen das Deutsche Tierschutzgesetz. Warum tauchen trotzdem immer wieder so viele dieser Videos in den sozialen Medien auf? „Defizite bestehen hier sicherlich aufgrund der unüberschaubaren Anzahl an Fällen“, sagt Dr. Herrmann. Hilfreich wäre zum einen eine verstärkte Sensibilität der Bevölkerung, sodass Verstöße auffallen und gezielt beim zuständigen Veterinäramt zur Anzeige gebracht werden. Zum anderen wäre ein Datenaustausch mit den Gewerbe- und Finanzämtern sinnvoll, um erlaubnispflichtige Petfluencer herauszufiltern, so Dr. Kathrin Herrmann. 

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Was kann man bei Verstößen unternehmen?

Was kann man als Nutzer tun, wenn man vermutet, dass ein Petfluencer mit seinen Haustieren gegen das Tierschutzgesetz verstößt? „Kontrollmöglichkeiten gibt es seitens der zuständigen Veterinärämter am Sitz der Petfluencer, die wie in anderen Tierschutzfällen auch die Sachverhalte ermitteln und bei Verstößen eingreifen können“, sagt Dr. Herrmann. Zudem seien Social-Media-Plattformen verpflichtet, gegen tierschutzrechtswidrige Inhalte vorzugehen, sobald sie davon Kenntnis erlangen.

Ansonsten sollten Sie als Nutzer folgende Dinge beherzigen:

  • Kommentieren Sie diese Beiträge nicht – das sorgt nur für mehr Reichweite 
  • Verteilen Sie keine Likes
  • Speichern die Beiträge nicht ab, verteilen Sie sie nicht weiter! 
  • Schalten Sie solche Kanäle stumm oder blockieren sie.   
  • Melden Sie die Accounts an z.B. Peta oder andere Tierschutzorganisationen und soweit möglich an die zuständigen Veterinärbehörden. 
  • Bitte übernehmen Sie nicht jeden Trend, der auf den sozialen Medien viral geht. Ihr Tier sollte Vorrang vor Klicks haben.  

Quellen

  1. peta.de, „Petfluencer: Tierliebe oder Tierquälerei?“ (aufgerufen am 10.07.2024) ↩︎
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