
24. Februar 2025, 14:08 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Pferde, die an Volksfesten teilnehmen, sind Tierschützern schon lange ein Dorn im Auge. Zum fulminanten Ende der Karnevalszeit 2025 erneuert auch der Deutsche Tierschutzbund seine Forderung nach einem Ende von Pferden auf Rosenmontagsumzügen. Doch die Karnevalisten halten mit einer erst 2023 überarbeiteten Leitlinie dagegen.
Schon lange gibt es Bestrebungen, keine lebenden Tiere mehr auf Festumzügen einzusetzen. Denn insbesondere das Pferd als Fluchttier ist zu Karneval teilweise erheblichem Stress ausgesetzt, sagt der Deutsche Tierschutzbund. Doch die Gemeinnützige Gesellschaft des Kölner Karnevals e. V. vertritt eine andere Sicht und bezieht sich auf eine strenge Leitlinie für den Einsatz von Tieren.
Tierschutzbund: „Karnevalsumzüge sind Extremsituationen für die sensiblen Tiere“
In vielen Regionen Deutschlands ist der Karneval eine nicht wegzudenkende Tradition und ein Kulturgut. Nicht wegzudenken sind für viele auch die Rosenmontagsumzüge, an denen häufig Pferde teilnehmen, obwohl Tierschützer schon lange ein Ende dieser Einsätze fordern.
„Pferde reagieren bei Gefahr instinktiv mit Flucht und Karnevalsumzüge sind Extremsituationen für die sensiblen Tiere“, sagt Andrea Mihali, Expertin für Pferde beim Deutschen Tierschutzbund. „Bei dem Gedränge, lauten Musikkapellen, betrunkenen und lärmenden Menschen ist es nicht verwunderlich, wenn Pferde scheuen oder durchgehen. In den letzten Jahren kam es immer wieder zu Unfällen.“
Diese wären laut dem Tierschutzbund vermeidbar, wenn ganz auf den Einsatz von Pferden im Karneval verzichtet würde. „Hinzu kommt, dass sich in den meisten Fällen Reiter und Pferd nicht kennen, sie bilden also kein vertrauensvolles Pferd-Reiter-Gespann.“ Aus Gründen des Tierschutzes und der Sicherheit aller Beteiligten, appelliert der Verband an alle Verantwortlichen, Städte und Festkomitees, zukünftig keine Pferde im Karneval einzusetzen.
Gemeinnützige Gesellschaft des Kölner Karnevals bezieht sich auf Tradition und Leitlinie
Tanja Holthaus, Beauftragte für Kommunikation von der gemeinnützigen Gesellschaft des Kölner Karnevals e. V. hält jedoch dagegen. „Die 2023 eingeführte NRW-Leitlinie zur Mitnahme von Pferden bei Brauchtumsveranstaltungen beruht auf unseren eigenen über Jahre entwickelten Richtlinien, die wir gemeinsam mit dem Kölner Veterinäramt, der Tiermedizinischen Hochschule Hannover und der Reiterlichen Vereinigung (FN) erarbeitet haben.“
Die eigenen Richtlinien seien strenger als der Gesetzgeber vorgibt, Verstöße entsprechend sanktioniert. „Unter anderem müssen Reiter, Pferd und Pferdebegleiter regelmäßig trainieren und Qualifikationsprüfungen ablegen. Auch ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Reiter und Tier ist nachzuweisen.“
Das Training beinhaltet zum Beispiel, dass man die Tiere an bestimmte Reize wie Wurfgeschosse, Lärm oder Flatterbänder gewöhnt, wie der Tierschutzbund berichtet. Die Tierschützer mahnen, die Befürworter von Karnevalsumzügen mit Pferden verließen sich auf diese bestimmten Trainingsmethoden zur Desensibilisierung der Tiere und auf strengere Kontrollen vor und während der Umzüge.
„All diese Bemühungen reichen jedoch nicht aus“, sagt Mihali. Die Pferde könnten noch so routiniert sein und auf strapaziöse Situationen vorbereitet werden. Für die Tiere seien solche Veranstaltungen trotzdem ein großer Stressfaktor und die Menschenmengen am Straßenrand blieben unkontrollierbar.
Auch interessant: Meinung: „Haustiere in Kostüme zu stecken sollte verboten werden!“
Pferde im Karneval eine Gefahr für Jecken?
„Zudem werden sie nur zur Unterhaltung eingesetzt. Es gibt also überhaupt keinen vernünftigen Grund, die Tiere diesem Stress auszusetzen“, sagt Mihali. Die im Jahr 2023 eingeführten Leitlinien änderten nichts an der Tierschutzproblematik.
Auch für die Jecken am Straßenrand stellten Pferde in Karnevalsumzügen laut dem Tierschutzbund ein unkalkulierbares Risiko dar. So habe etwa der Bonner Umzug bereits Konsequenzen aus einem Unfall gezogen. Seit 2023 sehe man dort von dem Einsatz von Pferden ab.
Tanja Holthaus meint jedoch: „Wir verstehen, dass viele, gerade kleinere Züge nicht in der Lage sind, die strikten Auflagen zu erfüllen und deshalb ganz auf die Mitnahme von Pferden verzichten.“

Halbes Jahr nach Anhebung So wirken sich die höheren Tierarztgebühren aus

Auffallend viele Todesfälle So viel Tierquälerei steckt in Pferderennen

„Löwin“ in Berlin unterwegs? So einfach ist es (leider) in Deutschland, Großkatzen zu halten
Auch 2025 wieder 230 Pferde beim Kölner Karneval dabei
Das Kölner Festkomitee habe aber derzeit etwa 230 Pferde für die Teilnahme am Rosenmontagszug bewilligt. Auch 2024 waren es 234 Pferde. „Die Einhaltung der Richtlinien und der Zustand der Pferde werden kontinuierlich vor, während und nach dem Zug überprüft. Den Leitlinien nach muss es unter anderem möglich sein, Pferde an mehreren Punkten der Zugstrecke herauszunehmen. Zudem sind der zumutbare Lärmpegel, das Höchstgewicht von Reiter und Kamelle, sowie die maximale Einsatzzeit streng geregelt“, berichtet Tanja Holthaus.
An der gesamten Strecke stünden Tierärzte der Stadt, Mitglieder der FN sowie Mitarbeitende des Festkomitees. „Sollten die Einsatzzeiten deutlich überschritten werden oder eins der Pferde zu unruhig erscheinen, werden die betreffenden Tiere bei der nächsten Möglichkeit aus dem Zug ausgeschleust.“