19. August 2023, 16:51 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Im Urlaub den Dschungel auf dem Rücken von Elefanten erkunden oder mit Kamelen romantisch am Strand reiten. Für viele ein verlockendes Angebot. Aber wie geht es den Tieren dabei? Diese Frage sollte sich jeder Urlauber stellen!
Zum Reisen fasziniert neben der Kultur, dem Essen und der Sprache auch die Tier- und Pflanzenwelt des jeweiligen Landes. Am liebsten wollen wir alles aus nächster Nähe erleben – auch die Tiere. Da sind Angebote wie Reiten auf Kamelen oder Elefanten, Selfies mit Affen in Tempeln oder Safari, auf denen man Tigerbabys streicheln für Touristen sehr verlockend. Doch wie sieht es mit dem Tierschutz bei solchen Events auf Reisen aus?
Im besten Fall können tierische touristische Aktivitäten auch zur Aufklärung über den Arten- sowie Umweltschutz im Urlaubsland beitragen. „Gute Angebote sorgen dafür, dass das Wohlergehen der Tiere gewährleistet ist. Und man sich als Besucherin und Besucher im Reiseland umweltbewusster bewegt“, sagt Yvonne Würz von der Tierrechtsorganisation Peta. Doch oft geht es den Tieren eben nicht so gut. Noch schlimmer: Wir als Reisende tragen meist auch selbst dazu bei.
Im Folgenden geben wir einen Überblick, was Sie im Urlaub mit Blick auf den Tierschutz beachten sollten. Für alle, denen das am Herzen liegt.
Reit-Angebote meiden!
Vor allem in Ägypten gehört das Kamelreiten für viele Touristen einfach dazu. Doch die Tierrechtsorganisation Peta warnt eindringlich vor solchen Angeboten. Oft leiden die Tiere unter der enormen Hitze und hätten weder Zugang zu Nahrung noch Wasser oder Schatten. So deckte PETA Asien auf, dass viele Kamele in Urlaubsländern wie Ägypten oder Jordanien misshandelt werden: „Während die Tiere an Tourismus-Hotspots warten müssen, stehen sie in der sengenden Sonne. […] Die Tiere dürfen keine Pausen machen und werden geschlagen und mit Peitschen traktiert. Nur so kann man sie zwingen, unermüdlich durch die unerträgliche Hitze zu laufen, selbst wenn sie einknicken oder zusammenbrechen“, heißt es auf der Web-Seite der Organisation.
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Auch das Reiten auf Elefanten sehen viele Tierschützer kritisch. Vor allem in Ländern wie Thailand, Indien, Nepal, Sri Lanka, Laos und auch in Afrika wird dies gern als „Tourismusattraktion“ angeboten. Doch um Elefanten als Reittiere zu „trainieren“, werden die Elefantenkinder früh von ihren Müttern getrennt. Oft verbringen sie das vier- bis sechsmonatige Training fixiert an Ketten. Oft setzen die Trainer bei Reiten sogenannte Elefantenhaken ein – einen Stock, an dessen Ende sich ein spitzer Metallhaken befindet. Mit diesem Werkzeug stechen sie die Tiere in empfindlichste Körperstellen, wie Peta auf seiner Web-Seite informiert. Zudem käme es immer wieder zu Unfällen beim Reiten. So führten die Misshandlung der Tiere führten oftmals dazu, dass diese sich wehren und aggressiv werden.
Auch Pferdereiten kann tierschutzrelevant sein
Nicht ganz so exotisch aber ebenso beliebt sind Reitangebote in europäischen Urlaubsländern wir Spanien oder Griechenland. Auch hier sollte man die Angebote sorgfältig unter die Lupe nehmen. Viele Pferde sind unterernährt, der Hitze ausgesetzt und durch die ständig wechselnden (mal mehr oder weniger erfahrenen) Reiter extrem gestresst. Vor allem Ausritte am Strand, bei denen die Tiere im Galopp dahinsausen, sind beliebte Angebote. Leider wird dabei selten nach den Reiterfahrungen oder Sattelfestigkeit der Touristen gefragt – oft auf Kosten der Pferde.
An manchen Touristen-Hotspots hat schon ein Umdenken hin zu mehr Tierschutz eingesetzt: In Palma de Mallorca sollen Pferdekutschen ab 2024 verboten sein. Auslöser dafür war ein Vorfall im August 2022: Ein Tourist filmte, wie ein Kutscher ziemlich grob und unbeholfen versuchte, ein Pferd, das bei Temperaturen um die 40 Grad völlig entkräftet auf der Straße zusammengebrochen war, aufzurichten. Das Video ging viral und sorgte für Empörung.
Auch Kamele und Pferde, die in Ägypten etwa an den Pyramiden Touristen transportieren, könnten bald ersetzt werden – zumindest laut den Aussagen des Ägyptischen Tourismusministeriums gegenüber der Tierschutzorganisation Peta. Dort solle baldmöglichst mit der Einführung von E-Wagen als Transportalternative begonnen werden.
Fehlende Kontrollen sind ein großes Problem
Für die Esel und Maultiere auf Griechenlands Sehnsuchtsinsel Santorin hat die Regierung laut Peta bereits 2018 ein Verbot des Transports von Menschen mit einem Gewicht von über 100 Kilo zugesagt.
Das Problem: Es fänden kaum Kontrollen statt. Die Tiere würden weiterhin unter den zu schweren Lasten, die sie die steilen Berge der Insel hochtragen müssten, und allgemein schlechter Versorgung leiden.
Auf Santorin gibt es mittlerweile auch eine tierleidfreie Alternative, die Seilbahn zwischen dem Hafen und der berühmten Altstadt von Firá mit ihrem Postkarten-Panorama. Reisende haben es hier also, wie in Palma oder an den Pyramiden und auch sonst, selbst in der Hand, auf Reisen zumindest nicht zu möglichem Tierleid beizutragen.
Auf Fotoshootings mit Wildtieren verzichten
Immer wieder sieht man im Netz Fotos von Reisenden, die mit putzigen Affenbabys auf der Schulter vor Tempeln in Asien posieren oder mit Schildkröten im Meer schwimmen.
Die zunehmende Selbstdarstellung mit Selfies in sozialen Netzwerken habe dazu geführt, dass Touristinnen und Touristen vermehrt die Nähe zu Tieren suchen. Sowohl zu jenen in menschlicher Obhut als auch zu denen in freier Wildbahn. Das schreibt der britische Reisefachverband ABTA in seinen Tierschutzleitlinien für die Tourismusbranche, die auch der Deutsche Reiseverband seinen Mitgliedern empfiehlt.
Vielen Schnappschuss-Jägern sei gar nicht bewusst, dass die Tiere oft darunter leiden würden, sagt Peta-Sprecherin Yvonne Würz. Gerade Tiger- und Affenbabys müssten besonders oft als Touristenmagnet für Fotos herhalten. Dabei seien gerade Wildtiere nicht an die Gefangenschaft und ein Leben mit Menschen gewöhnt. Damit sie sich von Besuchenden streicheln ließen, würden die Tiere oft schon von klein an mit Gewalt gefügig gemacht und mit Medikamenten ruhiggestellt.
Das ständige Herumreichen bedeute puren Stress für die Tiere. Außerhalb der Besuchszeiten fristeten sie nicht selten ein tristes Dasein. Eingesperrt in Käfige oder angekettet, ohne Artgenossen. Würz als Tierschützerin appelliert deshalb an Touristinnen und Touristen, keine Zoos oder Shows mit Wildtieren zu besuchen sowie auf Foto-Shootings mit Tieren generell zu verzichten.
Sanctuaries als Alternative zum Zoo
Eine tiergerechtere Alternative können Wildtierauffang- und -schutzstationen sein: Dort werden verletzte oder verwaiste Tiere medizinisch versorgt, so Würz. Unseriöse Anbieter, deren Einrichtung nur vermeintlich dem Tier- und Artenschutz diene, gebe es aber auch hier. „Sanctuary“ oder „Auffangstation“ seien keine geschützten Begriffe – das heißt: Jeder kann sich so nennen.
Die studierte Biologin rät Urlauberinnen und Urlaubern deshalb generell, sich vor dem Besuch auf unabhängigen Internetseiten oder in Bewertungsforen sowie in den sozialen Netzwerken über die Einrichtungen zu informieren.
„Echte Auffangstationen unterbinden Nachzuchten, weil das begrenzte Platzangebot für Tiere in Not benötigt wird“, so Würz. Und sie würden die Tiere in ihrer Obhut auch nicht für Fotoshootings, Shows oder Trekkingtouren zur Verfügung stellen.
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So helfen Sie Tieren im Urlaub
Und was ist, wenn ich im Urlaub sehe, dass ein Tier unter menschlicher Obhut offensichtlich leidet oder verletzt ist? „Zuerst immer das Gespräch mit den Verantwortlichen suchen“, rät Robert Kless vom Internationalen Tierschutz-Fonds (IFAW). „Zum Beispiel bei einem Tierpark direkt die Leitung auf die Missstände aufmerksam machen.“
Bei möglichen Verstößen gegen Tierschutzgesetze, die von Land zu Land variieren können, sei auch die Polizei zuständig. In vielen beliebten Reiseländern deutscher Urlauberinnen und Urlauber findet man übers Netz deutschsprachige Tierärzte und Tierschutzorganisationen, die womöglich in solchen Fällen weiterhelfen können.
Bei Pauschalreiseangeboten, die zweifelhafte Tieraktivitäten beinhalteten, sollten Reisende unbedingt den Reiseveranstalter kontaktieren und darauf aufmerksam machen, sagt Kless.
Meiden sollte man Aktivitäten, bei denen Tiere offensichtlich leiden: Trophäenjagden mit seltenen Wildtieren etwa und Besuche von blutigen Spektakeln wie Stier- oder Hahnenkämpfe.
Mit Material der dpa