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„Fang des Lebens“ für Angler

Nach Fotos mit Riesen-Wels! Peta: »Trophäenjagd auf große Fische ist ein armseliges Machtspiel

Angler hält einen großen Fisch in den Händen
Bei der Trophäenjagd auf Fische geht es darum, mit besonders großen Fischen auf Fotos oder in Videos zu posieren. Foto: Getty Images
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

4. Juli 2024, 18:10 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Bei der Trophäenjagd auf Fische geht es darum, möglichst große Exemplare zu fangen und zu präsentieren. Zwar werden die Tiere im Anschluss wieder freigelassen, doch sie erleiden Schmerzen und Schäden. Daher ist das sogenannte „Catch & Release“ in Deutschland verboten. Trotzdem berichten Medien immer wieder unkritisch über die „Heldentaten“ von Anglern, die riesige Welse an Land ziehen. PETBOOK sprach mit zwei Expertinnen über die Trophäenjagd.

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Als TV-Star und Profi-Angler Jakub Vágner den größten Wels seiner Karriere fing, gingen die Bilder mit ihm und dem riesigen Fisch durch sämtliche Medien. Unter anderem berichtete die „Bild“-Zeitung über den „Kampf“ den sich Vágner mit dem Tier lieferte. Mit einer Länge von 2,61 Meter war es der größte Wels, der jemals in Tschechien gefangen wurde. Für den aus der „National Geographic“-Serie „Fish Warrior“ bekannten Star ein Rekord. Für den Wels hingegen Schmerz und Leid, wie Tierschützer die Trophäenjagd auf die riesigen Fische kritisieren.

PETBOOK sprach mit Lea Schmitz, Pressesprecherin des Deutschen Tierschutzbundes e. V., und Dr. Tanja Breining, Fachreferentin für Wassertiere der Tierrechtsorganisation Peta, über die beliebte Fangmethode „Catch und Release“.

Was ist „Catch und Release“?

Eigentlich geht man Angeln, um Fische zu fangen und sie im Anschluss zu verspeisen. Beim sogenannten „Catch & Release“ sei der Zweck des Angelns aber nicht der Nahrungserwerb, erklärt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund auf PETBOOK-Anfrage. „Es geht lediglich um den reinen Fangerfolg und darum, mit besonders großen Fischen auf Fotos oder in Videos zu posieren und die Bilder in einschlägigen Zeitschriften oder im Internet zu veröffentlichen.“

Meist würde der Fisch gewogen und vermessen. Das „Erfolgs“-Gefühl scheine dabei bei vielen Anglern mit der Größe und dem Gewicht des gefangenen Fisches proportional anzusteigen, so Schmitz. Die Tiere würden zwar anschließend wieder in das Gewässer zurückgesetzt, doch der Fisch – ein leidensfähiges Tier – würde als Trophäe missbraucht.

So leiden die Fische bei der Trophäenjagd

Bei der Trophäenjagd haben es Angler auf möglichst große Fische wie Welse oder Karpfen abgesehen. Besonders große Exemplare werden auch als „Kapital“ bezeichnet. Um sie zu fangen, kommen spezielle Köder zum Einsatz. Diese verschlingt der Fisch dann samt Haken, der sich dann ins Maul der Fische bohrt. Das ist mit Schmerzen für die Tiere verbunden.

„Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass auch bei Fischen von einem Schmerzempfinden ausgegangen werden kann“, führt Schmitz aus. So besäßen Fische die anatomischen und chemischen Voraussetzungen für Schmerzempfinden und für die Weiterleitung von Schmerz. „Sie versuchen negative Reize in ähnlicher Weise zu vermeiden, wie das bei Schmerzempfindung der Fall ist. Einige Arten zeigen nach Verletzungen im Maulbereich ein den Säugetieren ähnliches Schmerzverhalten.“

Auch der energiezehrende „Drill“ – also der Kampf mit dem Fisch, der für viele Angler das eigentliche Erlebnis ausmacht – führe für die Fische bei der Trophäenjagd zu erheblichem Stress und Belastungen. Die Tiere werden aus dem Wasser an Land gezogen, um sie zu wiegen, zu vermessen und natürlich Fotos mit ihnen zu machen. All dies könne mitunter bis zu einer Stunde und länger andauern, erläutert die Pressesprecherin. Dies verursache auf Stoffwechselebene häufig tödlich verlaufende Schäden.

„Catch und Release“ ist in Deutschland verboten

In Deutschland sei die Trophäenjagd daher gesetzlich verboten, wie Dr. Tanja Breining von Peta gegenüber PETBOOK mitteilt. Denn laut Tierschutzgesetz müsse ein vernünftiger Grund für das Töten eines Wirbeltieres vorliegen. „Und ‚Spaß‘ ist kein vernünftiger Grund“, wie die Fachreferentin klarstellt.

Das bedeutet aber nicht, dass Angler generell keine gefangenen Fische zurück ins Wasser werfen dürfen. „Das Zurücksetzen massiger oder der Zielart nicht entsprechender Fische, kann je nach Landesfischereirecht zur Erfüllung des gesetzlichen Hegeziels erlaubt sein“, erklärt Schmitz. Dafür müssten jedoch weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Etwa, dass der Fisch lebens- und überlebensfähig ist und durch den Angelvorgang nicht so nachhaltig verletzt wurde, dass er infolgedessen verenden wird.

Die Praxis, einen entnahmefähigen Fisch nur zu Unterhaltungszwecken zu fangen und ihm dadurch länger anhaltende Schmerzen, Leiden und Schäden zuzufügen, sei jedoch in Deutschland verboten, betont Schmitz.

Auch interessant: Ist eine Fußbehandlung im Fisch-Spa Tierquälerei?

Trophäenjagd auf Fische findet in Deutschland heimlich statt

Zwar beobachte man bei Peta zumindest in Deutschland einen Rückgang der Trophäenjagd auf große Fische, wie Dr. Breiniger erklärt. Diese Fangmethode würde der Tierrechtsorganisation aber von Tierfreunden noch oft gemeldet. „Die Trophäenjagd auf große Fische findet in Deutschland daher entweder heimlich statt, oder im Ausland, wo es derzeit noch nicht untersagt ist.“

Auch Lea Schmitz berichtet, dass in Deutschland aufgrund von Strafanzeigen des Deutschen Tierschutzbundes bislang mehrere Karpfenangler wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz verurteilt wurden (Urteil des Amtsgerichts Bad Oyenhausen, 5 Cs 16 Js 567/00).

Erst im letzten Jahr ging ein Fall mit einem Wels durch die Medien. Dort drehte ein Angler ein Video des Fangvorgangs und veröffentlichte es auf seinem YouTube-Kanal, wie unter anderem die regionale Tageszeitung „Allgemeine Zeitung“ berichtete. „Auf dem Video sieht man ab Minute zwölf, wie der Angler den Wels ans Ufer zieht und minutenlang der Kamera präsentiert“, beschreibt Schmitz den Inhalt des Clips.

„Anschließend werden noch weitere Filmaufnahmen im Wasser gemacht, für die das Tier von den Anglern fixiert wird. Vermutlich wurde das Tier danach wieder freigelassen, weshalb wir davon ausgehen, dass es sich hierbei um eine ‚Catch und Release‘-Praktik handelte, die gegen das Tierschutzgesetz verstößt.“

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„Die Trophäenjagd auf große Fische, ist ein armseliges Machtspiel“

Jakub Vágner hat seinen „Fang des Lebens“ in Tschechien gemacht und somit nicht gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Trotzdem handele es sich in diesem Fall „um schlimme Tierquälerei“, wie Dr. Breiniger deutlich macht: „Dem Wels wurde ein Haken in den Mund oder Rachen gebohrt, er geriet in Panik und kämpfte mit all seinen Kräften um sein Leben und um seine Freiheit – doch leider vergeblich.“

„Mit seinem ganzen stattlichen Gewicht an einer Schnur hängend, wurde er an Land gezogen, wo er nicht mehr atmen kann“, führt die Fachreferentin weiter aus. „Die Trophäenjagd auf große Fische, ist ein armseliges Machtspiel, wie bei der Großwildjagd auch, bei dem das Tier erstens nicht freiwillig mitspielt und zweitens kaum eine Chance hat.“

Argumente für die Fangmethode

In anderen Ländern ist das Fangen und Zurücksetzen von Fischen nicht nur erlaubt – in den USA wird diese Methode sogar ausdrücklich beworben, wie es in einem Artikel dazu im Angel-Blog „Angel-Wissen“ heißt.

So würden Angler durch das Zurücksetzen in verschiedenen National Parks helfen, die Populationen stabil zu halten und gleichzeitig invasive Spezies früh zu entdecken. Dadurch würden zudem mehr Menschen fischen. Das bedeute auch mehr Kontrolle und einen besseren Überblick über die Ökosysteme an und in den Gewässern.

Irland gebe Anglern sogar Tipps, wie man einen Fisch besonders schonend fange. Hierzu gehören etwa spezielle Haken, die sich besonders schonend aus dem Maul entfernen lassen. Zudem bekomme man eine Anleitung, wie man den Fisch bei beinahe allen Tätigkeiten im Wasser hält. Es würde auch erklärt, wie man das Tier vernünftig anfasst, ohne wichtige Organe zu quetschen. Sogar wie man sich für ein Foto oder Messungen verhalten soll, heißt es auf dem Blog weiter.  

Viele Fische sterben nach dem Zurücksetzen

Doch die Realität sieht leider meist anders aus. „Selbst wenn man die Tiere anschließend wieder zurücksetzt, so sind sie doch oftmals verletzt“, erklärt Dr. Breiniger. Im Mundbereich oder an der Haut könne es zu Infektionen kommen. „Manche Fische stehen unter Schock und werden zu einer leichten Beute für andere Wasserbewohner und manche sterben auch aufgrund des Temperatur- oder Druckunterschieds zwischen Wasser und Land.“

Auch Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund weist darauf hin, dass Untersuchungen belegen, dass Fische häufig erst einige Zeit nach dem Zurücksetzen ins Wasser sterben.

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Unkritische Berichterstattung

Von all dem Leid, das den Fischen während der Trophäenjagd widerfährt, liest man in der Berichterstattung erstaunlich wenig. Es finden sich auch kaum Hinweise, dass diese Fangmethode in Deutschland verboten ist, weil sie gegen das Tierschutzgesetz verstößt.

„Wir beobachten zwar einen Rückgang der unkritischen Berichterstattung“, merkt Dr. Breiniger an. „Aber bedauerlicherweise gibt es immer noch einzelne Artikel, die das Leid der Tiere nicht hinterfragen. Wir vermuten aus Unwissenheit über das Schmerzempfinden.“

Hier würden nach Meinung der Fachreferentin Leserbriefe an die entsprechenden Redaktionen helfen. So könnte das Bewusstsein dafür geweckt werden, dass Welse Angst und Schmerz spüren und ebenso um ihr Leben kämpfen, wie ein Säugetier es tun würde. 

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