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Tollwut-Ausbruch

Wie Tierschützer mit Hunde-Impfungen in Südafrika Leben retten 

Tierärztin mit Hundebesitzer bei der Impfung eines Welpen gegen Tollwut in Südafrika
Die südafrikanische Organisation Community and Veterinary Services for Southern Africa impft regelmäßig Hunde in der Ostkap-Provinz gegen die Tollwut Foto: George Oosthuizen/Welttierschutzgesellschaft e. V.
Porträt Saskia Schneider auf dem PETBOOK Relaunch
Redaktionsleiterin

29. November 2023, 15:48 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

In der südafrikanischen Provinz Ostkap kam es im letzten Jahr zu einem Ausbruch von Tollwut mit vielen Toten. Weil die medizinische Versorgung dort schlecht ist, sind Impfungen von Hunden oft der einzige Weg, weitere Ausbrüche zu verhindern. PETBOOK sprach mit der Welttierschutzgesellschaft, die als einzige Projekten vor Ort fördert, um Tiere zu behandeln und so nicht nur Tier-, sondern auch Menschenleben zu retten.

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In vielen Regionen der Welt sterben noch immer Menschen an der Tollwut. Die Krankheit wird in erster Linie durch Tiere übertragen. Sie befällt das Zentrale Nervensystem und verläuft ohne einen Impfschutz in der Regel tödlich. Eine heilende Therapie gibt es bisher nicht. Laut dem Robert-Koch-Institut gehen die meisten Todesfälle beim Menschen auf Bisse durch infizierte Hunde zurück. So auch in der Ostkap-Provinz. Sie zählt zu den ärmsten Regionen in Südafrika. Hier kam es in den letzten Jahren zu mehreren Tollwut-Ausbrüchen.

„Wir haben den vergangenen Jahren einen nicht dagewesenen Tollwutausbruch erlebt.“

Ein Projekt, das die Welttierschutzgesellschaft fördert, kämpft seit Jahren gegen die Tollwut in Südafrika an. Mit mobilen tiermedizinischen Kliniken besuchen Tierärzte der südafrikanischen Organisation Community and Veterinary Services for Southern Africa (CVS-SA) die Kommunen, bieten Impfungen an und betreiben Aufklärung. Ein aktueller Einsatz führte das Team in eine Siedlung namens Moeggesukkel nahe der Stadt Uitenhage in der Ostkap-Prvoninz. Seit rund zwei Jahren gibt es in einigen dieser Siedlungen immer wieder neue Tollwutfälle bei Hunden.

„Wir haben in der Ostkap-Provinz in den vergangenen Jahren einen nicht dagewesenen Tollwutausbruch erlebt. Gerade östlich und westlich der Region Amathole gab es sehr hohe Fallzahlen“, erzählt Renee van Rheede van Oudtshoorn. Zusammen mit ihrem Team sorgt die Tierärztin der CVS-SA für eine medizinische Grundversorgung für Hunde und Katzen. Sie kastriert die Tiere und impft sie auch gegen Tollwut.

Auch interessant: Welche Impfungen für Welpen empfohlen werden

Vor allem Kinder sterben an der Tollwut

Moeggesukkel gehört zu den sogenannten informellen Siedlungen. Sie besteht überwiegend aus provisorisch errichteten Unterkünften. Hier sind die Nöte der Menschen und entsprechend das Leiden der Tiere besonders groß. Kinder pflegen hier einen engen Kontakt zu den Tieren. In der Folge sind auch sie am ehesten von Tollwutinfektionen durch Bisse infizierter Tiere betroffen.

„Wie wir wissen, sind es weltweit vor allem Kinder unter 14 Jahren, die an Tollwut sterben“, sagt Renee van Rheede van Oudtshoorn. „Sie sind ausgelassen, ungestüm und in Gemeinden wie dieser mit vielen Streunern dann oft die Ersten, die gebissen werden.“ Häufig wüssten sie nicht, dass sie – auch wenn sie im Kontakt mit einem Streuner nur einen leichten Kratzer davongetragen haben – das unbedingt melden müssen, damit ihnen noch rechtzeitig geholfen werden kann.

Menschen haben kaum Möglichkeiten, ihr Tiere medizinisch zu versorgen

In vielen informellen Siedlungen Moeggesukkel seien die mobilen Kliniken der Organisation CVS-SA die einzige tiermedizinische Versorgung, erklärt Christoph May, Pressesprecher der Welttierschutzgesellschaft gegenüber PETBOOK. Renee van Rheede van Oudtshoorn bestätigt: „Ein Großteil der Menschen hier hat keine Arbeit. Sie haben so gut wie keine Möglichkeit, eine reguläre tiermedizinische Versorgung zu erhalten.“

Tiere würden im öffentlichen Nahverkehr nicht befördert. Außerdem fehle den Menschen das Geld, um eine Behandlung zu bezahlen. Für sie sei es oft schon schwierig, sich selbst und ihre Kinder zu ernähren.

Menschen sind arm, teilen aber den letzten Krümel mit ihren Tieren

Trotzdem tun viele Menschen alles ihnen Mögliche, um das Wohlsein ihrer Hunde und Katzen zu gewährleisten, berichten die Tierschützer. „Es gibt ganz viele wunderbare Tierhalter und Tierhalterinnen, die ihre Tiere als Teil der Familie begreifen und sich liebevoll um ihre Tiere kümmern“, sagt van Oudtshoorn.

„Wir müssen verstehen, dass inmitten von Armut und wirtschaftlicher Nöte schnell von außen geurteilt wird, dass die Menschen hier keine Tiere haben sollten. Dabei wird aber vergessen, dass die Tiere ganz wichtige emotionale Stützen für die Menschen sind. Sie teilen den letzten Krümel mit ihren Tieren.“  

Mehr als nur Tollwut-Impfungen

Auch der Einsatz in Moeggesukkel wurde von den Leuten vor Ort gut angenommen. 130 Impfungen gegen Tollwut verabreicht das Team am Einsatz-Tag. Aber es geht um so viel mehr als nur Impfungen, betont Pressesprecher Christoph May. „Das Projekt beinhaltet nicht nur Tollwut-Impfungen, sondern auch die Eindämmung der Hunde- und Katzenpopulationen durch Kastrationen und die Bildungsarbeit. Ganz wichtig auch die Weiterbildung von jungen Tiermedizinern und Tiermedizinerinnen, die auf diesem Wege oft auch langfristig für die Arbeit in den benachteiligten Gebieten des Landes gewonnen werden können.“

So verabreichen Renee van Rheede van Oudtshoorn und ihr Team nicht nur Tollwut-Impfungen in Südafrika. Ein Hund benötigte im Einsatz Hilfe, weil er mit Öl verschmiert ist. Sein Halter hatte sich nicht anders zu helfen gewusst, um dem unter Räude leidenden Tier zu „helfen“. „So viele Tiere hier leiden unter Räude, so viele haben Knochenbrüche durch den Straßenverkehr, der hier ungebremst direkt durch die Siedlung geht“, erzählt die Tierärztin. „Indem wir regelmäßig unsere mobile Klinik hier stattfinden lassen, können wir für die Tiere da sein und ihnen in ihrer Not helfen.“ Manchmal beinhaltet das auch Kleinigkeiten, wie ein besser sitzendes Halsband.

Projekt zeigt Erfolge

Welchen Erfolg der Einsatz in Moeggesukkel erzielt, wird die Zeit zeigen. Denn die Tollwut-Impfungen müssen regelmäßig aufgefrischt werden. Man könne jedoch bereits beobachten, dass die Menschen der Siedlungen in Südafrika, wo die mobilen Kliniken regelmäßig Halt machen, sehr viel besser über das Thema Tollwut Bescheid wissen, sagt Pressesprecher Christoph May.

„Das betrifft zum einen die Bereitschaft, die Tollwut-Impfung von Hunden und Katzen im Rahmen der Kliniken regelmäßig auffrischen zu lassen. Zum anderen sind bereits den Kindern und Jugendlichen in diesen Gebieten wichtige Verhaltensweisen bekannt, die sie im Kontakt mit fremden Streunerhunden vor einer Ansteckung mit der Tollwut schützen.“

So zeigt sich bei den vielen Tollwutfällen in der Stadt Port Elizabeth im Jahr 2022, dass sich das Virus vor allem in den Gegenden verbreitete, in denen die mobilen Kliniken bisher keinen regelmäßigen Stopp machten, so May.

„Wo das Angebot hingegen häufig präsent war und daher ein hoher Impfschutz in der Hundepopulation besteht und die Bevölkerung über Gefahren und Verhaltensweisen gut informiert ist, kam es nur ganz vereinzelt zu Tollwutfällen.“

Vertrauen ist wichtig

In der Region Ostkap konnten allein seit Mitte 2021 bereits fast 20.000 Hunde und Katzen gegen Tollwut geimpft und noch mehr Menschen über die Gefahren und den Schutz vor Ansteckung informiert werden. Das gewachsene Vertrauen der Menschen sei ein wichtiger Faktor für die große Zahl an Tollwut-Impfungen, sagt Christoph May. Mittlerweile würde das Angebot sehr gut angenommen. „Wenn der Einsatz in den Siedlungen ansteht, ist das für viele Menschen ein fester Termin, ihr Tier zu bringen.“

Deshalb sei es wichtig, den Gemeinden auch weiterhin zu signalisieren, dass die Tierärzte und Tierschützer an ihrer Seite stehen und sich kümmern, findet van Oudtshoorn. „Denn wenn wir ihnen das zeigen, dann sorgen wir für Empathie und Mitgefühl – nicht nur für die Tiere, sondern für die gesamte Welt um sie herum.“

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Quellen:

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