9. Oktober 2024, 6:09 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Jedes Jahr findet im Spätsommer bis Ende Herbst ein faszinierendes Naturschauspiel statt: Millionen von Vögeln machen sich auf den langen Weg in wärmere Regionen, wo sie die kalten Wintermonate weit weg verbringen können. Welche Zugvögel dabei die weitesten Strecken zurücklegen, hat PETBOOK erkundet.
Wenn die Tage kürzer werden, können wir am Himmel riesige Schwärme in unterschiedlichen Formationen beobachten. Während Gänse und Kraniche eine Art Keilform bilden, bei der sich die Leitvögel von Zeit zu Zeit abwechseln, formieren sich Enten in einer Linie. Andere Zugvögel wiederum machen sich mutig allein auf die lange Reise, wie der Kuckuck, die Singdrossel oder die Nachtigall. Man geht davon aus, dass zwischen Europa und Afrika rund fünf Milliarden Zugvögel zwischen ihren Brutgebieten im Frühjahr und den Winterquartieren unterwegs sind. Meist verfolgen sie dieselbe Route wie im Vorjahr und legen dabei pro Tag ca. 300 km zurück. 40 bis 60 Tage dauert der Zug ins südliche Afrika, auf dem sie eine Strecke von bis zu 20.000 km zurücklegen. Manche Vögel bleiben aufgrund des Klimawandels in Europa.
Warum Zugvögel die beschwerliche Reise antreten
Insektenfresser wie der Mauersegler oder die Feldlerche müssen sich aufgrund des mangelnden Nahrungsangebotes im Winter notgedrungen auf die Reise machen, da sie sonst schlichtweg verhungern würden. In den südlichen Winterquartieren ist für sie das Büfett hingegen reich gedeckt, was am wärmeren Klima liegt, und sie können wegen der längeren Taghelligkeit auch länger auf Nahrungssuche gehen. Bei manchen Vogelarten gibt es die sogenannten Teilzieher. So entscheiden z.B. Rotkehlchen individuell je nach Wetterlage und Nahrungsangebot, ob sie ziehen oder nicht.
Bei den Buchfinken bleibt das Männchen häufig in den Brutgebieten zurück, aber das Weibchen packt auf jeden Fall die Koffer, um sich in wärmere Gefilde zu begeben. Vielleicht ist es auch die angeborene „Zugunruhe“, die genetisch in ihr verankert ist. Ornithologen konnten beobachten, dass Zugvögel eine erhöhte motorische Aktivität Tage vor dem Abflug zeigten. Selbst Tiere, die in Gefangenschaft lebten und nie Kontakt zu freilebenden Artgenossen hatten, zeigten im Frühjahr und Herbst die typischen Anzeichen für Zugunruhe.
Samen- und Fleischfresser hingegen können auch im Winter bei uns überleben. Zu den sogenannten Standvögeln gehören u.a.: Spatz, Blaumeise, Amsel, Zaunkönig, Specht, Uhu, Mäusebussard, Elster, Habicht, Waldkauz, Grünfink und Kohlmeise.
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Welche Zugvögel fliegen am weitesten?
Je nach Länge der Strecke unterteilt man Zugvögel in drei Gruppen:
Kurzstreckenzieher (Rotkehlchen, Feldlerche, Star, Singdrossel, Mönchsgrasmücke, Hausrotschwanz): Sie fliegen ca. 2000 km in die wärmeren Gebiete in Südeuropa und Nordafrika.
Mittelstreckenzieher (Kranich, Kiebitz, Buchfink, Kormoran, Feldlerche, Großer Brachvogel, Graugans): Sie fliegen zwischen 2000 und 4000 km und überwintert in Zentralafrika.
Langstreckenzieher (Feldlerche, Mauersegler, Weißstorch, Küstenseeschwalbe, Gartenrotschwanz, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Zilpzalp, Kuckuck, Nachtigall): Sie fliegen über 4000 km bis nach Südafrika.
Absoluter Rekordhalter ist die Küstenseeschwalbe. Sie fliegt von ihren Brutplätzen in der Arktis bis in ihr Winterquartier in die Antarktis und überwindet dabei eine Distanz, die in direkter Linie ca. 15.000 km beträgt. Bei Vögeln, die mit Peilsendern ausgestattet waren, konnten Forscher feststellen, dass durch weitere Wanderungen insgesamt über 90.000 km in einem Jahr zurücklegt wurden.
Auch der nordamerikanische Steinschmätzer fliegt auf seiner Route bis nach Südwestafrika über 15.000 km.
Bemerkenswert ist auch die Pfuhlschnepfe, die ohne zu rasten 11.600 km in neun Tagen macht. Forscher hatten die Vögel besendert und konnten so ihre Route von Alaska über den Pazifischen Ozean nach Neuseeland nachverfolgen.1
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Wie wirkt sich der Klimawandel auf Zugvögel aus?
Forscher konnten beobachten, dass viele Zugvögel ca. drei Wochen früher aus ihren Winterquartieren zurückkehren als vor 40 Jahren. Das hängt mit den steigenden Temperaturen in Afrika zusammen. Die Brutzeit beginnt nicht nur immer früher, viele Vögel fliegen auch erst später aus ihrem Brutgebiet weg. Zudem fand die Royal Society for the Protection of Birds heraus, dass die Routen der europäischen Langstreckenzieher immer länger werden, die Forscher errechneten, dass die Nachtigall im Jahr 2070 knapp 800 km weiter fliegen wird. Selbst mit einem maximalen Fettpolster wird sie einen Stopp in den Wüsten der Sahara einlegen müssen, ohne dort Nahrung zu finden. Generell wird sich der Klimawandel vermutlich negativ auf die Vogelpopulationen auswirken.2